Eythra gibt es auf heutigen Landkarten nicht mehr zu sehen. Der Ort wurde für den Braunkohletagebau devastiert. Doch ein Lied bekommt das von der Landkarte verschwundene Städtchen jetzt trotzdem. Das dänische Künstler-Duo Linebug hat Zwenkau und die Spuren von Eythra erkundet und daraus ein Lied geschrieben, eine visuelle Untermalung geschaffen und versucht, seine Eindrücke darin einzufangen. So wie es das zuvor schon für Eisenhüttenstadt, Weißwasser, Zeitz, Deuben und Hoyerswerda getan hat.

Der Song wird am Freitag, dem 18. Oktober, veröffentlicht. Die beiden Dänen leben seit kurzer Zeit in Zeitz und reisen durch zehn Orte in Ostdeutschland, um den Vibe der Orte einzufangen und zu einem audiovisuellen Erleben zu verarbeiten. Das Album dazu kommt im Frühjahr 2025 und heißt „Portraits Of Invisible Places“.

Das 1.000-jährige Eythra

1979 feierte die Stadt Eythra ihr 1.000-jähriges Jubiläum. Doch in den 1980er Jahren wurde die Stadt abgerissen, um Platz für den Braunkohleabbau zu machen, und die meisten ihrer Bewohner wurden in Plattenbauwohnungen bei Leipzig umgesiedelt.

Heute erscheint das Verschwinden von Eythra fast unvorstellbar, doch viele Dörfer und kleine Städte in der DDR erlitten ein ähnliches Schicksal. Wo einst Eythra stand, befindet sich heute der Zwenkauer See, und alles, was von der Stadt geblieben ist, sind die Erinnerungen ihrer ehemaligen Bewohner.

Die Geschichte von Eythra hat nun das dänische Duo Linebug inspiriert, das an ihrem Album „Portraits of Invisible Places“ arbeitet. Normalerweise besucht das Duo Städte, um Informationen zu sammeln und ihre Essenz einzufangen. Als sie jedoch erfuhren, dass Eythra nicht mehr existiert und einige seiner ehemaligen Bewohner sich der Bewahrung der Erinnerung an die Stadt verschrieben haben, waren sie von der emotionalen Tiefe der Geschichte berührt.

Sie beschlossen, sich dieser einzigartigen Herausforderung zu stellen: Wie kann man den Geist einer Stadt einfangen, die physisch nicht mehr existiert?

Linebug am Zwenkauer See

Line Bøgh und Christian Gundtoft begannen ihre Reise mit einem Besuch am Zwenkauer See in der Hoffnung, dort Inspiration zu finden. Bei diesem Besuch stießen sie auf das „Trianon“, eine Gedenkstätte mit einer erhaltenen Steinstruktur aus dem ehemaligen Schlossgarten von Eythra. Diese Entdeckung brachte sie auf die Idee, Eythra auf eine sinnvolle Weise durch ihre Kunst wieder zum Leben zu erwecken.

Um Eythra besser zu verstehen, nahmen Line und Christian Kontakt zu einigen der ehemaligen Bewohner des Dorfes auf. Durch deren persönliche Geschichten gewannen die Künstler einen Eindruck davon, wie es war, in Eythra zu leben und wie es sich anfühlte, die Stadt vor den eigenen Augen zerstören zu sehen. Diese Bewohner teilten auch großzügig einen wahren Schatz an alten Fotos, die zur Inspiration für das fotoalbumartige Video des Songs wurden.

Ihr Lied „When We Find It“ ist eine Ode an ein Dorf, das einst voller Leben und Gemeinschaft war. Es ist auch eine Hommage an das Konzept von „Zuhause“ – etwas, das man in sich tragen kann, selbst wenn es physisch nicht mehr existiert, und etwas, das sich im Laufe des Lebens weiterentwickelt.

Mit diesem Projekt hoffen Line und Christian, den ehemaligen Bewohnern von Eythra ein kleines Stück von dem zurückzugeben, was sie vielleicht seit Jahren nicht mehr gespürt haben – wie das Wiederfinden eines kostbaren Teils der eigenen Vergangenheit.

Die schon veröffentlichten Titel aus dem Album „Portraits of Invisible Places“ findet man auf der Bandseite auf Youtube. Dort wird am 18. Oktober auch der Titel „When We Find It“ über das verschwundene Eythra veröffentlicht.

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