Mit dem 7. Februar 2023 jรคhrt sich alles, was mit Bach in Leipzig zu tun hat, zum 300. Mal โ€“ und das bis zum Jahr 2050. Denn am 7. Februar 1723 stellte sich Johann Sebastian Bach mit zwei von ihm komponierten Kantaten fรผr den Sonntag Estomihi in den Gottesdiensten vor: โ€žJesus rief zu sich die Zwรถlfeโ€œ (BWV 22) und โ€žDu wahrer Gott und Davids Sohnโ€œ (BWV 23). Zwei musikalische Meisterwerke! Bach hatte die feste Absicht, Thomaskantor zu werden.

Doch er hatte einen Mitbewerber: Christoph Graupner aus Darmstadt. Das ganze Wahlverfahren stand unter einem fรผr Bach ungรผnstigen Stern. Denn der Rat der Stadt Leipzig, seit Einfรผhrung der Reformation 1539 zustรคndig fรผr den Thomanerchor und den Thomaskantor, hatte sich schon im Dezember 1722 darauf verstรคndigt, Graupner zum Thomaskantor zu berufen. Schon vor seinem Probeauftritt wurde Graupner die Stelle angetragen.

Hinzu kam, dass Bach keine universitรคre Ausbildung, geschweige denn einen akademischen Abschluss vorweisen konnte. Man traute ihm nicht die Unterrichtstรคtigkeit in der Schule zu. Bach hatte also schlechte Karten, als er Anfang Februar nach Leipzig kam.

Daran konnte auch die Tatsache nichts รคndern, dass Bach fรผr seine Kantaten-Auffรผhrungen beste Kritiken in der Presse erhielt, wรคhrend die Kantoratsproben der anderen Kandidaten in den Zeitungen keine Erwรคhnung fanden. So reiste Bach nach dem 7. Februar 1723 unverrichteter Dinge wieder zurรผck nach Kรถthen.

Doch dann trat ein, was einige Ratsherren schon befรผrchtet hatten: Graupner wurde von seinem Landesherrn nicht freigegeben. Also wandte man sich wieder an Bach, um nicht auf einen โ€žmittlerenโ€œ, d. h. auf eine โ€žzweite Wahlโ€œ zurรผckgreifen zu mรผssen. Damit kann ein Missverstรคndnis ausgerรคumt werden: Nicht Bach war die zweite Wahl, sondern mit seiner Berufung sollte eine solche verhindert werden. Nach einigen Verhandlungen nahm Bach die Wahl zum Thomaskantor an.

Ende Mai zog er mit seiner Familie von Kรถthen nach Leipzig und wirkte รผber 27 Jahre als Thomaskantor und Director musicae โ€“ ein Glรผcksfall fรผr Leipzig, fรผr die Kirche, fรผr die europรคische Musikkultur. Denn die Musik Bachs fasziniert bis zum heutigen Tag Menschen in aller Welt. Sie kommuniziert auf ganz besondere Weise die Grundlagen des christlichen Glaubens โ€“ und das in einer Sprache, die universal zu verstehen ist und die sich jeder religiรถser, konfessioneller, ideologischer Verengung entzieht.

Zum Blog von Christian Wolff: http://wolff-christian.de

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