Obgleich allesamt Profis, kann man diese Band getrost als Neuentdeckung bezeichnen: The Hungover, bestehend aus Paul „Pauli D“ Preisendörfer am Schlagzeug, Paul „Pauli B“ Uhlig am Bass, Hans Lindenau an der Gitarre und Matthew Hendershot an der Gitarre und dem Mikrofon. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als Blues-Punk, und das trifft es auch ganz gut.

Im langen Interview mit der Leipziger Zeitung erzählen die vier, wie die Band entstanden ist, wie sie zu einem Bandgarten gekommen sind und was sie zu einigen aktuellen Problemen zu sagen haben. Den ersten Teil lesen Sie hier, das komplette Interview gibt es nächste Woche auf L-IZ.de.

Erzählt mal, wie ist die Band entstanden, Ihr habt euch ja nicht zufällig gefunden, oder? Wer hatte die Idee und wie sind die anderen dazugekommen? Und ist der Name Programm?

Matthew: Ich glaube, es war 2019, als Hans und ich zum ersten Mal zusammenkamen, nachdem ich auf eine Anzeige geantwortet hatte, die er ausgerechnet auf Facebook gepostet hatte, in der er nach Musikern für ein Projekt suchte. In meinem Leben gab es gerade eine massive Lebensveränderung, die mich dazu brachte, meine alteingesessene Band hinter mir zu lassen, ich wollte aber unbedingt wieder mit Musik, lautem Rock und Blues usw. anfangen. Ich glaube, Hans hatte ursprünglich etwas mehr Metal oder Stoner im Sinn, und ich denke, wir haben noch viel davon im Projekt, aber ich schaue, dass sich das mit dem Blues und Funk in Balance hält.

Hans: Es war im Oktober 2019, als ich eine Nacht massiv übertrieben hatte und sich mir am nächsten Morgen die Frage nach dem Sinn des Lebens stellte. Ich dachte mir so: „Alter, du brauchst endlich wieder ‘ne Band“. Ich hatte vorher viele Jahre lang eine Melodic Death Metal Band und hatte gar kein Bock mehr auf den Metalsound. Ich brauchte eine frische Abwechslung.

Daraufhin habe ich mir mein Handy gekrallt, ein Foto von meinem zermatschten Auge gemacht und einen Post in der Facebook-Gruppe „Musiker/Bands Leipzig“ reingehauen. Der Post enthielt das Auge-Foto mit dem Spruch „I´m looking for you“, klare Band-Referenzen (Graveyard, Red Fang, All Them Witches und Bask) und ein Statement zu meiner politischen Haltung.

Daraufhin haben sich 15 Musikmenschen bei mir gemeldet. Matthew war einer davon und meinte sowas wie: „Red Fang? I´m in!“ Ich habe mir dann tatsächlich die Zeit genommen, alle kennenzulernen und bin schließlich bei Matthew und einem anderen Bass-Dude hängengeblieben.

Wir trafen uns anfangs zu dritt bei Matthew im Proberaum/Studio, aber es fehlte ein Drummer. Ich hatte drei (eigentlich) interessierte Drummer am Start und keiner hat es davon geschafft, mal zu einer Session zu kommen. Nach einem Monat sagte Matthew, dass er noch einen anderen Drummer kenne. Nun ja, so kam dann Pauli D zu uns.

Der Basser ist dann irgendwann ausgestiegen. Wir haben zu dritt einfach weitergemacht und an den ersten Songs gearbeitet. Im August 2020 hatten wir unseren ersten Gig im Hinterhof vom BillHart. Es folgten weitere und im letzten im Oktober 2020 im „Neues Schauspiel“ hat uns Pauli B gesehen und Matthew seine Nummer gegeben. So kam das letzte Mitglied zu uns. Unser Bandname hat eine gewisse Mehrdeutigkeit, es ist jedem selbst überlassen, wie er oder sie es deutet. Ich für meinen Teil beziehe es eher weniger auf Leberzirrhose und so.

Pauli D: Ich bin 2018 für einen Bundesfreiwilligendienst nach Leipzig gezogen und habe dann aber nach der Beendigung dessen gemerkt, dass ich neben dem Studium und anderen Hobbys wieder auf die Bühne muss. Über eine Bekannte, deren Bekannter einen Drummer für ein Gig suchte, bin ich dann zu einer kleinen Band gestoßen, die auch noch einen Bassisten suchten und in diesem Fall war das Matthew.

Wir beide hatten sofort eine gute Synergie und nach ein paar Proben mit der anderen Band ist dann erst er und dann ich dort ausgestiegen und Matthew hat mich Hans vorgestellt. Er hat mich quasi abgeworben (haha). Der Name ist schon irgendwie ein bisschen Programm, weil mindestens einer von uns bei der Probe immer verkatert und mega fertig ist. Es gab noch mehrere Ideen für einen Namen, aber irgendwie ist „The Hungover“ steckengeblieben, meistens ist die erste spontane Idee die Beste.

Pauli B: Ich mache schon seit meiner Jugend Musik und habe dann durch meinen Job als Tontechniker leider vergessen, selbst die Zeit zum Musizieren zu finden. Als es dann im Jahr 2020 für uns alle eine Zwangspause gab, habe ich die Not zur Tugend gemacht und erstmal nur für mich wieder damit angefangen.

Im Herbst 2020 habe ich die Band dann bei einem der wenigen möglichen Konzerte live gesehen. Ganz ohne Bassisten. Also habe ich aus einem Moment der Bierlaune und gnadenlosen Selbstüberschätzung heraus einfach Matthew gefragt, ob denn der Posten des Bassisten noch vakant wäre und wenige Wochen später stand ich dann also im Proberaum. Zum Namen kann ich nur sagen, dass Pauli B. Hungover doch ganz gut klingt, oder?

Ihr sagt, Ihr seid schon eine politische Band, auch wenn die Texte nicht politisch sind. Auf Eurer Homepage werdet Ihr da ja sehr deutlich, warum trennt ihr das von den Texten?

Matthew: Ich denke eigentlich, dass es falsch ist zu sagen, dass die Texte nicht politisch sind. Sie sind sehr unterschiedlich, aber ich persönlich finde sie sehr „gesellschaftspolitisch“ und beschäftigen sich mehr mit der Gesellschaft und den Menschen als mit Regierungen und Politikern. Ein Song wie „Bleeding Stone“ zum Beispiel handelt direkt davon, wie die Machthaber das Leben aus uns allen herausgepresst haben und immer noch tun und wie wir anscheinend sehr wenig dagegen tun und es einfach geschehen lassen.

Ich meine, ich benutze eine sehr transparente und direkte Metapher in den Texten: „Still you sat while they tightened their grip. You were smug while they fed you shit. It’s a shame … but who’s to blame?“ Es gibt mehrere Songs darüber, denen mit Macht die Wahrheit zu sagen, und die als Weckrufe an die Zuhörer gedacht sind und sagen: „Hey! Das passiert uns allen und wir müssen etwas dagegen tun! Werdet aktiv!“

Viele der anderen Liedtexte sind Untersuchungen meiner eigenen psychischen Gesundheitsprobleme, hauptsächlich Angst, Depression und Frustration. Aber diese Themen können wie eine Botschaft an alle wirken, die diesen „modernen Welt-Blues“ durchmachen, dass sie nicht allein sind und dass es Dinge gibt, die wir alle tun können, um uns selbst durch all unsere Situationen zu helfen. „Other Side“ zum Beispiel ist zu 100 % eine Geschichte über den Kampf gegen soziale Ängste.

„Jump Ship“ ist eine Art Fallstudie darüber, wie wir einander als Menschen behandeln und wie wir uns anscheinend alle einfach dafür bereiterklären, Dinge hinzunehmen, anstatt aufzustehen und zu denken: „Als dieser Typ bei der Post unhöflich und gemein zu mir war … Das hat mir nicht gefallen, also werde ich mich dazu entschließen, nicht so zu anderen Menschen zu sein.“

Ich bezeichne mich selbst als Blues-Sänger, aber ich denke, viele Leute denken da einfach automatisch, dass ich die alten Legenden kopiere und Dinge singen möchte, über die sie gesungen hätten. Aber ich denke, dass Robert Johnson oder Muddy oder Hooker oder Wolf, James oder ein anderer der Legenden, wenn sie heute leben würden, auch auf der Bühne darüber singen würden, dass sie sich überfordert fühlen oder Regierungen in den Krieg ziehen, oder vielleicht auf Tinder geghostet werden …

Dieser Blues passiert jetzt, aber es ist immer noch der Blues. Am Ende habe ich das Gefühl, dass all dies eine Botschaft hat, und diese Botschaft lautet, dass es an uns liegt, diese Welt zu dem besseren Ort zu machen, den wir alle verdienen, einem Ort voller Liebe füreinander und Liebe für uns selbst. Doch wenn wir nicht alle unseren Teil dazu beitragen, und wenn wir nicht alle zusammenkommen können, um all diese Arbeit zu erledigen, dann werden wir uns alle einfach weiter in unserem eigenen physischen und mentalen Schmutz suhlen.

Pauli D: Der Text ist entstanden, als wir für einen Gig gebucht wurden und vor einer Person spielen sollten, die auf ihrer Facebook-Seite sehr menschenverachtende und diskriminierende Sachen von sich gibt und wir so direkt mit ihr nicht in Verbindung gebracht werden sowie uns klar positionieren wollten. Ansonsten drückt es Matthew sehr gut aus.

Wie empfindet Ihr denn die Situation für Musiker aktuell, es war ja vor Corona schon nicht so leicht.

Matthew: Ich bin zuversichtlich, dass die Menschen, wenn sie aus Lockdowns und Isolation herauskommen, begierig und aufgeregt sind, wieder zu feiern und sich wieder gehen zu lassen. Es fühlt sich an, als müsste etwa alle zehn Jahre jemand den Spruch „Rock ist tot“ auf den Markt bringen, und dann kommt eine Band mit neuem Feuer und die Leute werden daran erinnert, wie wild, frei und lustig Rock sein sollte.

Ich denke also, dass es jetzt gerade eine großartige Gelegenheit gibt, Rock ’n’ Roll auf diese Weise wiederzubeleben. Es ist gerade ein Ansturm von uns Künstlern, die begierig darauf sind, wieder auf der Bühne zu stehen und 100 % Energie zu geben und das zu tun, was wir am liebsten auf der Welt tun möchten, nämlich mit einem Publikum in Kontakt zu treten und ihm einen Raum zu geben, sich zu öffnen und loszulassen. Ihren Druck und Sorgen abzuschütteln, einfach zusammen zu tanzen, schwitzen und feiern.

Und jetzt ist hier ein Publikum, dem das seit mehr als zwei Jahren vorenthalten wurde. Sie haben Hunger darauf, und wir servieren es ihnen heiß, frisch und in ganzen Wagenladungen. Beim Wetter braucht es Kombinationen wie diese, um die schlimmsten Stürme, Hurrikane und Tornados zu erzeugen. Hoffentlich kann diese Art von Rezept in den nächsten Jahren etwas Ähnliches für uns bewirken.

Hans: Kunst generell ist hinten runtergefallen. Für viele Künstler bzw. Berufsmusiker ist es ein komplettes Desaster. Aber auch im Schatten gibt es Licht. Ich habe Berufsmusiker in meinem Freundeskreis, die sich der Situation entsprechend angepasst haben. Online-Unterricht, YouTube-Channel, neues Album oder halt dann eben doch Versandmitarbeiter bei Amazon … (zwinker). Tatsächlich habe ich als Hobbymusiker die Lockdowns als Musik-Bootcamps genutzt und mir mein Homestudio eingerichtet.

Pauli B: Da ich, wie eingangs erwähnt, als Tontechniker arbeite, ist die ganze Situation für mich schon irgendwie bedrohlich. Schließlich sind Beruf und Hobby auf die gleiche Art existenzgefährdet. Aber ich versuche, mir nicht zu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen und darauf zu vertrauen, dass das mit dem Rock ’n’ Roll schon immer weitergeht.

Leben könnt Ihr im Moment ja wahrscheinlich noch nicht von der Musik, habt Ihr das denn mal vor?

Matthew: Können wir!? Ist das in dieser Zeit noch möglich? Ich kenne viele Künstler, die ständig auftreten und ihr Ding machen, und oft scheint das nicht genug zu sein, um über die Runden zu kommen. Oder sie brennen nur langsam aus, bei dem Versuch alles am Laufen zu halten.

Ich denke, es sei denn, Sie sind ein goldenes Windelprojekt mit einem großen Label, das sie vorantreibt, oder haben irgendwie einfach nur dummes Glück, einen Song in einem Marvel-Film oder so zu bekommen. Es ist die meiste Zeit nur eine Plackerei für Künstler, es sei denn, wir können einen anderen Weg finden, das Spiel zu stören. Ich glaube auch, dass ich selbst kein Superstar zu sein brauche, um Musiker zu sein. Ich finde die Idee, ein Held der Arbeiterklasse zu sein, wie ein anderer Musiker es einmal ausdrückte, irgendwie in Ordnung.

Um es ganz offen zu sagen, das ist ein wichtiger Grund, warum ich als US-Amerikaner in Deutschland lebe. Es gibt hier deutlich ein besseres System der Unterstützung für Künstler, und ja, ok, vielleicht schaffen es nur sehr wenige Bands aus Deutschland auf das Cover des Rolling Stone oder auf MTV, aber es scheint sicherlich realistischer zu sein, sich hier einen überlebensfähigen Platz zu schaffen als im super-kompetetiven, super-übersättigten und super-wertenden amerikanischen Markt.

Hans: Man weiß nie. Vielleicht schreiben wir „den einen“ Hit und starten heftigst durch. Aber ich persönlich mach mir da nichts vor. Die Vorstellung von permanent auf Tour zu sein, finde ich eher verstörend. Zwischen den Gigs findet das Leben überwiegend auf Autobahnen und Raststätten statt. Auf Dauer würde mich das mit Sicherheit zermürben.

Pauli D: Puh. Keine Ahnung. Viele Menschen, die ich aus der musikalischen Szene kenne, sind Alleskönner, es ist immer unwahrscheinlicher nur mit einem Projekt den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, es scheint besser zu sein, sich breiter aufzustellen oder die Musik wirklich nur als finanziertes „Vollzeithobby“ zu betreiben.

Pauli B: Es ist ein schöner Traum, von der eigenen Musik leben zu können, aber eben auch ein Traum. Matthew hat das ganz gut zusammengefasst. Und hey, ich sehe den Zirkus ja oft genug vom Mischpult aus, um bestätigen zu können, was Hans über das Tourleben sagt.

Welche Pläne habt Ihr musikalisch für die Zukunft? Ihr habt Euer erstes Album aufgenommen und für die IG Metall gespielt. Könnte schlechter laufen, oder?

Hans: Was unsere musikalische Zukunft angeht, kann ich nur sagen, dass wir wie immer einfach das machen, worauf wir gerade Bock haben.

Pauli D: Jo, wie Hans sagt, einfach weiter Musik machen und Auftritte spielen, aber sich dabei nicht stressen. Wir müssen niemandem etwas beweisen oder einen Vertrag erfüllen oder so.

Pauli B: Wir machen uns da keinen Stress und freuen uns über jede Show die kommen wird.

Ihr habt jetzt einen Bandgarten, bei unserem ersten Treffen habt ihr gerade Wurmkisten gebaut. Ein Kleingarten ist jetzt nicht das Erste, was einem zu Musikern einfällt, zumindest nicht außerhalb der Volksmusik. Wie kam es denn dazu?

Pauli D: Matthew hat sich mit ein paar seiner Freunde einen Garten zugelegt und wie es der Zufall wollte, wurde die Nachbarparzelle frei und wir fanden die Idee ganz witzig, einen eigenen Bandgarten zu haben. Und wir alle mögen grüne Dinge.

Pauli B: Klischees sind uns ziemlich egal. Wir hatten Lust auf einen gemeinsamen Garten, also warum nicht? Vielleicht gibt es ja irgendwann The Hungover Wein aus eigener Produktion …?

Seid Ihr generell eher bodenständig? Wie lebt ihr außerhalb der Musik?

Hans: Wir haben alle Vollzeit-Jobs.

Pauli D: Rockstar-Attitüden kann (sollte) man sich (leider) nur auf der Bühne leisten.

Pauli B: Ja.

Da Ihr mit dem Garten ja quasi direkt miterlebt, wie sich die aktuelle Klimalage auswirkt: wie seht Ihr die Zukunft, macht Ihr euch Sorgen, wie eure Kinder später damit klarkommen?

Matthew: Das Mercator Research Institute in Berlin sagt, dass wir noch etwas mehr als 7 Jahre haben, um etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen, bevor es zu spät ist. Nun, ich weiß nicht, wie es euch allen geht, aber ich plane, in 7 Jahren noch am Leben zu sein! Ich mache mir also nicht unbedingt Sorgen um unsere Kinder, ich mache mir Sorgen um uns alle!

Ihnen müssen mindestens drei Ihrer natürlichen Körpersinne fehlen, um nicht zu verstehen, dass das, was auch immer mit dem Wetter vor sich geht, nicht einmal zu unseren Lebzeiten normal ist. Es ist längst überfällig, dass wir uns denen entgegenstellen, die glauben, es sei in Ordnung, uns ins Gesicht zu lügen und wegen dieser Angelegenheit den Kopf in den Sand zu stecken.

Vielleicht ist es illusorisch zu glauben, dass die Arbeit in unserem kleinen Garten, der Versuch, keine Massenkonsumenten zu sein, und der Versuch, das Richtige zu tun, indem wir unseren Verbrauch reduzieren, recyceln, aufwerten usw., viel erreichen wird, besonders wenn man bedenkt, dass wir nur 4 Personen plus unsere erweiterte Hungover-Crew und Freunde sind.

Aber wenn wir nicht weiter versuchen, besser zu werden und jeden ermutigen, seinen eigenen Weg zu finden, es besser zu machen, dann werden wir alle in absurder Hitze verbrennen oder in Meerwasser ertrinken oder sitzen in einer verschmutzten Umwelt und Scheiße. Und wenn das passiert, dann Rock’n’Roll zu spielen oder es als Musiker zu schaffen, Zukunftspläne oder irgendetwas anderes, worüber wir gesprochen haben – nun, es wird einfach keine Rolle spielen, und wir können uns glücklich schätzen, ob überhaupt alles so wie es ist noch weiter existiert.

Hans: Puh, hartes Thema. Ich bin davon überzeugt, dass Dinge schon sehr viel eher richtig schlecht laufen werden. Mittlerweile kann ich mir auch nicht mehr vorstellen, dass sich die gesamte Menschheit rechtzeitig straffen wird, um die Sache gemeinsam anzugehen. Wir bräuchten einen kompletten Systemwandel in allen Ländern in kürzester Zeit und das sehe ich einfach nicht kommen. Sad but true.

Pauli D: Stand jetzt möchte ich gar keine Kinder bekommen.

Ihr habt vor kurzem ein Benefizkonzert für die Ukraine-Hilfe organisiert, wie kam es dazu? Seid Ihr zufrieden mit dem Ergebnis?

Matthew: Ein Freund von mir kam mit der Bitte um Hilfe zu mir, und am Ende war ich sehr, sehr an der Organisation und Umsetzung beteiligt, und wir als Band waren glücklich, daran teilzunehmen. Ich denke, die Show war den Umständen entsprechend ein phänomenaler Erfolg. Wir hatten großartige Hilfe von den Mitgliedern des Freiwilligenteams, sowie vom Werk 2 als Veranstaltungsort, dem Krystallpalast hier in Leipzig, der Moritzbastei und allen Künstlern, darunter Sebastian Krumbiegel von den Prinzen, Batiar Gang und Sidique, es war eine großartige Gemeinschaftsleistung.

Am Ende haben wir über 1600 € an die Refugee Law Clinic Leipzig e.V. und die Kontaktstelle Wohnen vor Ort und dann auch an die International Lesbian and Gay Association für ein Projekt in Kiew gespendet, um eine Unterkunft für LGBTQ+ Community-Mitglieder zu unterstützen. Es ist vielleicht kein lebensverändernder Geldbetrag, aber ich bin immer noch sehr stolz auf unsere Arbeit und die Ergebnisse, und hoffentlich wird das Geld sinnvoll eingesetzt, um Menschen zu schützen und zu helfen, die es wirklich brauchen.

Pauli D: Ich bin super zufrieden damit und stolz auf uns alle. Matthew hatte Pauli B und mich mit ins Orgateam geholt und für die kurze Zeit der Planung haben wir etwas Tolles und super Wichtiges auf die Beine stellen können.

Was sagt Ihr denn dazu, dass jetzt – zum Glück – plötzlich relativ unbürokratische und vor allem schnelle Hilfe funktioniert, die angeblich vorher nicht möglich war? Was denkt Ihr über die deutsche Asyl- und Flüchtlingspolitik? Gibt es da aus Eurer Sicht Verbesserungsbedarf?

Matthew: Ich sage, öffnet alle Grenzen. Sie sind nichts weiter als imaginäre Linien, die Menschen voneinander trennen, ein Gefühl für das „Andere“ schaffen und Menschen zu Feinden machen. Es gibt Menschen auf der Welt, die Hilfe brauchen, was für eine Person braucht es, um von Mensch zu Mensch zu schauen und zu entscheiden, welche unsere Hilfe verdienen und welche nicht?

Es gibt ein Bob-Marley-Lied namens „War“, in dem er Worte aus einer Rede singt, die der ehemalige äthiopische Präsident Haile Selassie 1965 vor der UN hielt und in der es heißt:

until the philosophy which holds one race superior and another inferior is finally and permanently discredited and abandoned; that until there are no longer first class and second class citizens of any nation; that until the color of a man’s skin is of no more significance than the color of his eyes; that until the basic human rights are equally guaranteed to all without regard to race; that until that day, the dream of lasting peace and world citizenship and the rule of international morality will remain but a fleeting illusion, to be pursued but never attained.“

Ich denke, wir können es alle so lesen, dass es „Mensch“ sagt und damit auch alle Geschlechter und Orientierungen einschließt, aber die nackte Wahrheit ist, dass fast 60 Jahre seit der Rede vergangen sind und jedes dieser Probleme immer noch auf dieser Welt existiert. Und ganz klar, Kriege werden auch noch überall geführt.

Pauli D: Mohammad bleibt.

Gibt es irgendetwas, auf das Ihr schon immer mal antworten wolltet, was aber bisher noch nie jemand gefragt hat? Dann wäre jetzt DIE Gelegenheit.

Pauli D: Wer Bock auf ehrlichen und handgemachten Rock’n’Roll hat, sollte auf eines unserer Konzerte kommen oder besser noch, uns buchen!

Und das Wichtigste zum Schluss: Wann erscheint Euer Album und wo kann man es kaufen?

Pauli D: Gut Ding hat Weile. Es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis das Ding fertig ist, wir sind jetzt in der Mix- und Mastering-Phase, aber erwerbbar wird es über unsere Internetseite oder natürlich live bei einem Konzert sein. Genauso wie unsere T-Shirts, die jetzt in Produktion gegangen sind.

Zu finden ist die Band im Netz unter:

Homepage

Youtube

Instagram

Dieser Blues passiert jetzt, aber es ist immer noch der Blues. – The Hungover im langen LZ-Interview (Teil 1)“ erschien erstmals am 30. September 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 106 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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