Am 19. Juni darf auch die Oper Leipzig wieder ihren Spielbetrieb aufnehmen, geht die vorletzte Spielzeit unter der Intendanz von Ulf Schirmer nicht ganz so sang- und klanglos zu Ende. Und natürlich hoffen alle Opernliebhaber, dass es in seiner letzten Spielzeit in Leipzig keinen weiteren Lockdown gibt. Derweil arbeitet sich sein Nachfolger schon so langsam ein.
Tobias Wolff, der designierte Intendant der Oper Leipzig, hat am 1. Juni 2021 sein offizielles Vorbereitungsjahr für die Spielzeit 2022/23 begonnen. Zum Start begrüßte ihn die Kulturbürgermeisterin Leipzigs vor dem Neuen Rathaus.Bei der Gelegenheit sagte Dr. Skadi Jennicke: „Tobias Wolffs Ideen für eine Oper der Nähe und Nachhaltigkeit und eines Musiktheaters von Rang machen neugierig. Die Umsetzung ist eine herausfordernde Aufgabe und bei ihm in guten Händen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und wünsche dem zukünftigen Intendanten und seinem Team ein gutes Ankommen und viel Erfolg.“
Seit Tobias Wolffs Berufung durch den Stadtrat im Herbst 2019 konnte er bereits einige wichtige Projekte anstoßen und die Saisonplanung für die Spielzeit 2022/2023 nimmt zunehmend konkrete Formen an, meldet die Oper Leipzig dazu. In Vorbereitung ist unter anderem eine Kooperation mit dem Théâtre des Champs Élysées in Paris. Die Auswahlverfahren zur Besetzung der Positionen sowohl des Generalmusikdirektors der Oper Leipzig als auch des Musikdirektors der Musikalischen Komödie haben begonnen.
Vertraglich gesichert ist auch eine Zusammenarbeit mit der Beuth Hochschule für Technik Berlin, die Status und Potenzial zum Thema Nachhaltigkeit an der Oper Leipzig evaluieren und kommende Entwicklungen wissenschaftlich begleiten wird.
Gemeinsam mit dem Theater Titanick hat Tobias Wolff außerdem ein interaktives Kooperationsprojekt mit Kindern und Jugendlichen initiiert, das innovative Formen des Erlebens von Musiktheater erproben wird: Für „Zukunft Jetzt!“ konnte Wolff den FAIRbund e. V., Träger des soziokulturellen Zentrums Buddehaus in Leipzig, und die Helmholtzschule als Partnerinstitutionen gewinnen sowie eine Förderung in fünfstelliger Höhe aus Mitteln des Programms „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Auch die Workshops zur musik- und theaterpädagogischen „Stadtteiloper“ für eine Aufführung in Wolffs erster Spielzeit konnten schon starten – diese Initiative der Ralf-Rangnick-Stiftung wird in Kooperation mit der Musikalischen Komödie umgesetzt und unter anderem durch die Leipzig Stiftung gefördert. Nach einer ausführlichen Analyse plant Wolff zudem eine Reform des bestehenden Abonnement-Systems der Oper Leipzig.
Tobias Wolff erläutert das Anliegen so: „Es geht meinem Team und mir darum, für Qualität, Nähe und Nachhaltigkeit weitreichende und kreative Prozesse anzustoßen. In meiner Wahlheimat Leipzig eine solch spannende Aufgabe anzupacken und die Oper der Zukunft mitzugestalten, empfinde ich als großes Geschenk.“
Was Tobias Wolff in Leipzig vorhat
Am 4. September 2019 bestätigte die Ratsversammlung der Stadt Leipzig Tobias Wolff als neuen Intendanten und Ersten Betriebsleiter der Oper Leipzig ab der Spielzeit 2022/23. Tobias Wolff wird die Position ab dem 1. August 2022 besetzen und damit die reguläre Nachfolge von Prof. Ulf Schirmer antreten. Bis zum letzten Monat leitete Tobias Wolff die Internationalen Händel-Festspiele Göttingen. Sein Jubiläumsprogramm zum 100-jährigen Bestehen des Festivals wurde auf September 2021 verschoben.
Bereits im März stellte Tobias Wolff das neue Leitungsteam für 2022/23 vor. Mit der promovierten Musikwissenschaftlerin Cornelia Preissinger konnte er eine Operndirektorin mit internationaler Erfahrung an profiliertesten Häusern gewinnen. Marlene Hahn, die in Augsburg und Graz durch innovative Formate und Stoffe bekannt wurde, wird die Chefdramaturgie übernehmen.
Christoph Gedschold, seit 2015 /16 Kapellmeister an der Oper Leipzig, wird Musikdirektor und wird in dem Zusammenhang seinen Schwerpunkt beim Repertoire Strauss und Wagner weiter ausbauen. Der konkrete Spielplan soll im Februar 2022 vorgestellt werden.
Die Karriere des künftigen Intendanten
Tobias Wolff setzte ein Studium der Musikwissenschaft am Trinity College in Cambridge 1995 bis 1998 mit einer musikalischen Ausbildung Viola an der Folkwang Universität der Künste Essen und der Robert-Schumann Hochschule Düsseldorf fort. Das Internationale Beethovenfest in Bonn und die Deutsche Oper Rhein waren seine ersten beruflichen Stationen.
Seit 2002 lebt er in Leipzig, wo er zunächst freiberuflich als Musiker, Konzertvermittler und Musikjournalist tätig war. 2006 begann Tobias Wolff als Chefdramaturg und Marketingleiter am Theater Altenburg-Gera. Zur Saison 2010/11 übernahm er als Verwaltungsdirektor und erfolgreicher Krisenmanager die Geschäftsführung des Fünfspartenhauses.
Parallel schloss er eine Managementausbildung an der Handelshochschule Leipzig 2011 mit dem internationalen MBA ab und wurde noch im selben Jahr zum Geschäftsführenden Intendanten der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen berufen, einem der weltweit ältesten Festivals für Barockmusik.
Der Kulturmanager positionierte das Festival international neu, initiierte unkonventionelle Formate und förderte strategisch Nachwuchs und Musikvermittlung – u. a. belohnt mit gleich zwei Helpmann Awards, dem Förderpreis Musikvermittlung des Musiklandes Niedersachsen sowie mit einer EU-Förderung des von ihm mit-initiierten Stipendienprogramms eeemerging.
Im Coronajahr 2020 engagierte Tobias Wolff sich kulturpolitisch als Mitbegründer und Sprecher des Forum Musik Festivals, einem Zusammenschluss von über 100 Festspielorganisationen deutschlandweit.
Und womit startet die Oper ab dem 19. Juni?
Die kulturellen Eigenbetriebe der Stadt Leipzig haben das Timing ihrer Wiedereröffnung in der nächsten Woche miteinander koordiniert und auf die städtische Strategie abgestimmt: Ab Samstag, 19. Juni, kann der Spielbetrieb nach intensiven Proben und den notwendigen organisatorischen Vorbereitungen wieder aufgenommen werden.
Oper Leipzig, Gewandhaus, Schauspiel Leipzig und das Theater der Jungen Welt gehen seit dem 7. Juni individuell gestaffelt in den Vorverkauf. „Die Entwicklung deutet hoffnungsvoll auf eine stabile Inzidenz, von der sowohl die Arbeitsbedingungen auf und hinter den Bühnen als auch das Platzangebot und die Hygienekonzepte für das Publikum abhängig sind“, heißt es aus dem Opernhaus. „Die entsprechend gültigen Regeln zu Ticketing, Testpflicht und Einlass werden online veröffentlicht. Auch Besucherservice und Theaterkassen informieren dazu gern.“
Unter dem Titel „Märchen/Märchen“ zeigt das Leipziger Ballett acht der beliebtesten Märchen der Grimms in einer Premiere für die ganze Familie. In der augenzwinkernden Interpretation von Mario Schröder und Michael Sens wird das Tapfere Schneiderlein zum Modezaren Karl von Scherenberg, kämpft sich Prinz Heckenschreck auf Schloss Dornenberg unerschrocken zu seinem Dornröschen durch, verliebt sich Aschenputtel in Prinz Passbert von Zalando, wird unter der fachkundigen Anleitung von Starkoch Francois Gourmet und Küchengehilfe Koja Kochlöffel ein süßer Brei zubereitet und bevölkern neben dem Froschkönig noch jede Menge anderer tanzbesessener Kriechtiere die Bühne. Und natürlich, wie das im Märchen nun mal so ist, bekommt Schneewittchen zu guter Letzt auch ihren Prinz Charming: Ende gut, alles gut.
In der Musikalischen Komödie kann am 19. Juni das erste Mal „Gräfin Mariza“ nach der viel zu stillen digitalen Premiere mit Publikum und Applaus stattfinden. Damit hat eigentlich der neue Zuschauersaal eine eigene Premiere – die frisch sanierte Spielstätte war bisher nur auf Fotos oder in Videos zu bestaunen.
Am 26.06.21 findet in der Musikalischen Komödie dann wieder eine reale und ebenfalls lang ersehnte Premiere statt: „Sweeney Todd“ mit Vikrant Subramanian in der Titelrolle. Steven Sondheim bezeichnete sein mit acht Tony Awards preisgekröntes Musical als tiefschwarze Operette. Die düstere Rachegeschichte um den Barbier und Familienvater Benjamin Barker, der unter dem Pseudonym Sweeney Todd aus der zu Unrecht erfolgten Verbannung zurückkehrt, endet in einem Blutrausch und der morbiden Frage: wohin mit den Leichen? Cusch Jung inszeniert, Bühne und Kostüme sind von Karin Fritz.
Der Juli bringt eine neue Oper: Am 9. Juli kann – fast wie geplant – die Uraufführung „Paradiese“ stattfinden, einer Oper in vier Akten von Gerd Kühr, komponiert nach einem Libretto des Schriftstellers Hans-Ulrich Treichel. Die Gegenwart und deutsch-deutsche Vergangenheit der Stadt Berlin fließen in teils zeitgeschichtlich-realistischen, teils psychedelisch-surreal erzählten Szenen ineinander.
Gerd Kühr: „Die Musik ist ein stetig strömender Fluss inmitten des unsicheren Netzes von Zeit und Ort. Sie gibt Stabilität, verschafft Kontinuität und stellt dadurch in gewissem Sinne eine Art Zeitlosigkeit her.“
Im Mittelpunkt stehen beispielhaft Leben, Lieben, Auseinandersetzungen und Begegnungen eines Mannes namens Albert. Regie führt Barbora Horáková im Trio, an ihrer Seite Aida-Leonor Guardia (Bühne) und Eva Butzkies (Kostüme). Die musikalische Leitung hat Ulf Schirmer. Es spielt das Gewandhausorchester.
Was ist beim Kartenkauf zu beachten?
Besucherservice und Theaterkasse der Oper Leipzig im Opernhaus sind seit Montag, 7. Juni, zu den regulären Zeiten wieder geöffnet. Für jede gekaufte Karte wird Name und Adresse abgefragt, das Ticket wird also personalisiert. Das flexible Buchungssystem der Oper ermöglicht automatische Abstandsberechnungen um Paar- und Gruppenbuchungen herum, sodass kein Schachbrettmuster notwendig ist.
Maskenpflicht und sonstige Hygieneregelungen sollten jeweils aktuell online oder beim Besucherservice abgefragt werden. Im Opernhaus können – reduziert und entsprechend der aktuellen Abstimmung mit dem Gesundheitsamt – derzeit 563 Plätze angeboten werden, in der Musikalischen Komödie 150 Plätze.
Alle Termine in Oper, Ballett und Musikalischer Komödie findet man unter www.oper-leipzig.de
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