Die Leipziger Rockband Disillusion meldet sich wieder zurück. Am ersten Septemberwochenende wird die lang ersehnte dritte Studio-LP erscheinen und am 7. September 2019 live im Werk II vorgestellt. Zuvor bat die L-IZ den Bandchef Andy Schmidt zum kurzen Interview.

Wir hatten 2006, 2008, 2010 immer wieder Kontakt. Zuletzt irgendwann 2014 herum. Ihr seid noch viel länger am Start. Nun das dritte Studioalbum. Warum braucht ihr so verdammt lange?

Ja, in der Tat ist „The Liberation“ erst das dritte Album einer doch schon recht langen Bandgeschichte. Das könnte nach mangelndem Fokus oder Lust oder Ernsthaftigkeit aussehen. Das wäre aber Quark. Nach „Gloria“ 2006 ist schrittweise tatsächlich etwas die Luft herausgegangen. Es gab etwa 2010 einen ernsthaften Versuch, an eine neue Platte zu gehen, doch das scheiterte leider auch aus physischen Gründen.

Kannst Du die Gründe vertiefen?

Ich erkenne heute an, dass die Zeit in vielerlei Hinsicht nicht richtig war, andere Dinge waren einfach wichtiger im Leben. Auch wenn natürlich eine so lange Pause nicht sonderlich gut ist. Und dennoch, war es richtig so. Dann, etwa 2014/15 kam die Klarheit und die Kraft zurück und wir setzten uns an eine – sagen wir – Comeback-Single „Alea“, ein elfminütiger Song, der wunderbar seinen Weg ging und einige Tore für uns öffnete, damit wir überhaupt ein neues Album, mit ganzer Wucht und Überzeugung und Kraft angehen konnten.

Ein Disillusion-Album – und das ist nun einfach so – kostet verdammt viel Energie, vieles bleibt zurück auf dem Weg. Dank unserer Fans auf Patreon.com (eine internationale Crowdfunding-Seite, wo auch viele „Vlogger“ ihre Youtube-Kanäle finanzieren, Anm. d. Red.) haben wir es geschafft, ein Crowdfunding über die gesamte Zeit des Schreibens zu halten, womit es überhaupt erst möglich wurde. Ich und wir sind unheimlich dankbar dafür!

Was ist an den Aufnahmen an eurer neuen Scheibe anders als bei den Vorgängern gewesen – erzähle etwas von der Chemie, vom Gefühl, vom Songwriting?

Anders waren vor allem zwei Punkte: wir wussten, dass, egal was wir machen, es wird am Debüt „Back To Times Of Splendor“ (ersch. 2004, unter Fans und in der Band auch „BTTOS“ genannt, Anm. d. Red.) gemessen und kann an sich nicht sofort frei stehen. Die Erwartungen waren von allen Seiten hoch. Gleichsam sind viele Jahre ins Land gegangen und nicht zuletzt haben sich die musikalischen Ideen innerhalb der Band gewandelt oder entwickelt.

Das heißt, wir haben oder wollten oder mussten irgendwie Bezug auf die Vergangenheit nehmen und gleichsam weitergehen. Ich denke, das ist uns gut gelungen. Zweitens ist Disillusion heute natürlich eine andere Band als damals, alle Bandmitglieder sind neu, „The Liberation“ ist unser erstes gemeinsames Album und hier musste auch erst einmal ein Weg gefunden werden, wie wir die Vorstellungen aller gut einfließen lassen und trotzdem ein Disillusion-Album vollenden.

Das war nicht immer leicht, aber dieses Album ist viel mehr eine Band-Leistung als zuvor, das finde ich schön.

Was bewegt Disillusion inhaltlich 2019 im Gegensatz zu 2006 oder früher, woran reibt ihr euch textlich, wo kratzt es, was begeistert euch?

Formal haben wir die Geschichte, also die Story, den Inhalt von BTTOS weitergeführt, es ist eine Weiterführung mit zehn Jahren Versatz, die Reise, die damals etwas als Open End endete, läuft auf „The Liberation“ von den ersten Tönen an weiter und entwickelt sich zusehends zu einer Reise in sich Gehenlassen, sich Öffnen, die Dinge annehmen, wie sie sind, Vergebung …

Nicht zuletzt deshalb haben wir als Hauptmotiv den Winter, Gefrorenes, zu Anfang der Platte gewählt, das mit der Zeit wieder ins Fließen kommt, wieder zu Wasser wird. Das klingt sicher theoretisch und ist irgendwie autobiografisch, und fiktiv und irgendwo sicher auch ein Spiegel oder Gefühl zu allen politischen und gesellschaftlichen Themen unserer Zeit, die uns umgeben und uns beschäftigen.

Wir danken für das Interview.

Das neue Album „The Liberation“ erscheint am 6. September:
disillusion.de

Am 7. September stellt Disillusion das neue Album im Leipziger Werk II live vor. Als Support fungiert die Leipziger Klassik-Rockband Molllust
werk-2.de/programm/2019-09-07_disillusion_record_release

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