Kinder, die die vier Bilderbücher vom Reggaehasen Boooo schon im Regal stehen haben und sich an schönen Abenden die Scheibe aus den Büchern auf den CD-Player legen, die kennen die Songs schon. Die kennen auch die Green Rainjackets schon. Und natürlich auch Boooos Freunde Herbie Heuler, Peter Fuchs und die elefantastische Feuerwehr. Lauter musikalische Talente. Jede CD auch ein kleines Angebot an Reggae- und Ska-Songs.
Dort ergänzen sie die in den Bilderbüchern erzählten Geschichten, in denen in der Regel eine große Gefahr für den Reggaewald droht, meistens eine sehr tollpatschige Gefahr, weil das gefährliche Wesen eigentlich gar nicht gefährlich sein will, dann aber aus lauter Unwissenheit großen Schaden anrichtet, sodass dann meistens Boooo und seine Freunde zu Hilfe gerufen werden, um die Gefahr zu bannen. Und eigentlich stellt es sich jedes Mal heraus, dass das arme trottelige Ungetüm nur unter seiner Einsamkeit leidet, keine Freunde hat und nicht weiß, wie es mit seinen schrecklich großen Fähigkeiten umgehen kann, ohne Schaden anzurichten.
Das kennt man ja auch irgendwie von sich selbst. Aber was hilft? Natürlich das freundliche Gespräch von Hase zu Riesentier, in dem der große Tollpatsch sein Leid endlich mal loswird und mit Boooo und seinen Freunden eine Lösung findet, die eigentlich immer in Musik besteht. Denn Musik – das weiß ja jedes Kind – macht fröhlich, gesellig und holt einen aus seiner Einsamkeit heraus. Im Reggaewald geht es gesellig zu. Ungefähr so wie auch bei den Bühnenauftritten von Yellow Umbrella. So wie am 17. März im Werk 2, als die Dresdner Band zur großen Record Release Party eingeladen hat. Denn die CD mit den besten Songs aus der Geschichte vom Reggaehasen Boooo war fertig.
Und im Konzert konnte man dann hören, wie die Songs in den Buchgeschichten als Motivation funktionieren. Denn die Tiere im Reggaewald stehen ja für die großen und kleinen Leser, die sich in ihren Sorgen wiedererkennen können. Es geht jedes Mal um die Suche nach klugen, also friedlichen Lösungen für all die Dinge, die einen so als kleiner Mensch ärgern, ratlos oder gar traurig machen.
Da gibt es also einen frechen Song über das Sauersein, über die Angst vor 1.000 Schatten und natürlich über das Glücklichsein beim Tanzen und Singen. In der Bühnenshow schlüpfen die Musiker natürlich auch in die Rolle der Tiere, die in den Liedern auch ihre eigene Art, die Welt zu sehen, besingen. Sie werden zum Flammenungeheuer, zu Schlomo Katze oder Arik, dem Drachen. Natürlich auch zu Boooo, der seinen eigenen Song hat. Und was dabei entsteht, ist natürlich ein beschwingtes Gefühl, ebenso eines, wie man es in einem Land bekommen kann, in dem sich die Bewohner lieber ums fröhliche Musizieren kümmern, als darum, anderen Leuten ständig Ärger zu machen. Ein Lebensgefühl, das man natürlich mit hinausnehmen kann in den Alltag.
Man wundert sich eigentlich nur, dass Yellow Umbrella ausgerechnet in Dresden zuhause ist. Wohnen denn da nicht die ganzen griesgrämigen Leute, die bei Reggae nur die ganzen Probleme der Welt glauben auf sich einstürzen zu hören?
Vielleicht sind die Griesgrame aber auch in Dresden nicht die Mehrheit. Vielleicht haben sie auch alle keine Kinder und sind deshalb so griesgrämig. Denn wenn Yellow Umbrella irgendwo mit dem Kindermusical um Boooo auftritt, sind die kleinen Zuhörer fröhlich und ausgelassen. Die meisten Lieder sind so einfach und melodiös, dass man von ganz allein mitschwingt und auch mitsingen kann. Reggae ist nun einmal ein Lebensgefühl, eines, das einen daran erinnert, dass man gelassener und freundlicher wird, wenn man einfach den Rhythmus des Lebens findet und ihn schwingen lässt.
Wer mit sich und der Welt im Einklang ist, der kann auf große Gesten verzichten. Der lässt sich auch nicht so schnell vereinnahmen oder gar unter Verhältnisse fügen, in denen es immer nur ruppig, kantig und effizient zugeht. Wir leben nicht in einer Reggae-Welt. Das merkt man bald. Wir leben eher in einer Welt ohne Rhythmus, mit vielen Stockungen, Kantigkeiten, abrupten Lärm- und Stillstandsphasen. Was Yellow Umbrella auf die Bühne bringt, ist auch ein kindgerechter Gegenentwurf gegen das Fremdbestimmenlassen, gegen das Einfügen in ruppige Betriebsabläufe.
Das haben nicht nur die kleinen Tiere nicht verdient. Und es wird auch deutlicher, dass die großen unglücklichen Tiere in den Bilderbüchern auch für diese unglückliche, aus dem Lot geratene Welt der Menschen stehen, die vor lauter Gewaltigkeit nicht mehr merken, wie sie das Gewaltigsein unglücklich macht.
Die CD erzählt übrigens keine der bislang vier Bilderbuchgeschichten nach, sondern ist eher eine hörbare Reise zu den Tieren im Reggaewald. Eine, die man jederzeit wiederholen kann. Zum Beispiel an Tagen mit großen Unwettern und kantiger Stimmung im Haus, wenn man selbst das Gefühl hat, gleich mal platzen oder Feuer speien zu müssen. Und da halt nicht jeder eine beschwingte Ölfass-Trommel zuhause hat, hilft so eine Scheibe. Selbst im Tummelzimmer der Erwachsenen, die sich immer so schwertun, ihre Panzer abzulegen und das Leben einfach mal wieder locker zu nehmen. Wenigstens für ein Weilchen. Auch als Vorbild für die Kleinen.
Yellow Umbrella „Die Große Reggaehase Boooo Revue“, Flat Daddy Records, Berlin 2019.
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