Viele Fans klassischer Musik machen um zeitgenössische Werke einen Bogen. Am Freitag blieben vermutlich nicht nur ob des schönen Wetters auffällig viele Plätze im Großen Saal leer. Dabei fühlt sich der Amerikaner Michael Gandolfi der Tonalität verpflichtet.
Auf dem Programm stand die deutsche Erstaufführung von Gandolfis Orgelkonzert „Ascending Light“. Ein Requiem in Erinnerung an die Opfer des Genozids in Armenien 1915, das 2015 durch das Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons uraufgeführt wurde.
Das Werk ist ein Leckerbissen für Liebhaber der großen Konzertorgel. Sakral anmutende Akkorde suchten zu Beginn des ersten Satzes im Wechsel mit dem monotonen Pochen von Pauke und Glockenspiel ihren Weg in die Tiefen des Konzertsaals. Die Orgel, gespielt von Hausorganist Michael Schönheit, stimmte sodann eine liebliche Melodie an, die einerseits dramatische Züge trug, andererseits andächtig und verträumt wirkte. Die breiten, saftigen Klänge, ein Wechselspiel von Orgel, Streicher und Bläsern, vom Komponisten selbst als „Grand, majestic“ beschrieben, lieferten den Anwesenden mannigfachen Spielraum für eigene Assoziationen.
Der zweite und letzte Satz des dreißigminütigen Werks charakterisierte sich indes durch nicht enden wollende, andächtige Orgelvariationen nebst einem sonoren Orchestergrummeln im Hintergrund. Es folgte ein zähes Scherzo mit gezupften Streichern und schließlich ein pompöses Finale.
Andris Nelsons erwies sich am Pult als Klangarchitekt, der die variablen Klangwelten Gandolfis famos zu einem uniformen Klangbild zusammenformte. Den Zuhörern gefiel das unbekannte Werk. Insbesondere Komponist Gandolfi erntete völlig verdient lautstarken Applaus. Mahlers Sechste, die im Anschluss auf den Programm stand, war an diesem Konzertabend freilich Nebensache.
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Es gibt 2 Kommentare
Da muss ich Sabine zustimmen. Auch Mahlers sechste war gewaltig und sehr fein intoniert.
Ascending Light ist ein Stück, in dem es in seltener Weise gelingt (wenn es so hervorragend gespielt wird), Orchester und Orgel in Einklang zu bringen. Ich war begeistert.
Ich war am Freitag auch in diesem Konzert und stimme insofern völlig zu, dass diese Erstaufführung von Ascending Light ein absolutes Highlight des Konzerts war. Diese Musik war atemberaubend schön und von einer Klangfülle, einfach beeindruckend. Eine der besten Konzerte mit neuer Musik, die ich in der letzten Zeit gehört habe. Und ich meide solche Konzerte keineswegs. Dazu bin ich zu neugierig.
Aber zu sagen, dass Mahlers 6 Sinfonie Nebensache war, finde ich bei diesem gewaltigen Werk doch etwas übertrieben. Gerade weil ich sie noch nie gehört hatte, war sie für mich keine Nebensache und in ihrer monumentalen Länge und Klangfülle genauso ergreifend und wunderbar gespielt. Wir sind hier schon mit wunderbaren Orchestern gesegnet in Leipzig.