Der Dresdner Kreuzchor feiert in diesem Jahr sein 800-jähriges Bestehen. Die Beziehungen zwischen den Dresdner Sängerknaben und den Leipziger Thomanern sind bis heute von einer gesunden Rivalität geprägt. Nichtsdestotrotz haben sich amarcord den musikalischen Wurzeln der Kruzianer angenommen.
Die fünf Leipziger entstammen allesamt dem Thomanerchor. Dass sich amarcord dennoch auf musikalische Spurensuche in die Frühzeit des Kreuzchors begeben hat, vermag den ein oder anderen überraschen. „Aus dem Notenschrank der Kruzianer“ ist allerdings nicht das erste amarcord-Programm, in dem sich das Quintett der geistlichen Musik von der Gregorianik bis zum Barock widmet.
Zum Thomaner-Jahr 2012 veröffentlichte amarcord die Einspielung zweier gregorianischer Messen aus dem Thomas-Graduale. 2015 folgten Programm und Album mit Werken aus der Vor-Bach-Ära des Thomanerchors. Insofern erscheint es nur konsequent, dass sich die Leipziger dieses Jahr mit der Geschichte des Dresdner Pendants auseinandersetzen. Auf dem Programm stehen an diesem Abend in erster Linie Werke aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Namen Heinrich Schütz, Johann Walter, Johannes Aulem und Orlando di Lasso ziehen sich wie ein Roter Faden durch das Konzert.
Den Anfang macht aber ein gregorianischer Choral. „O crux splendidior cunctis astris“ – O Kreuz, leuchtender als die Sterne. amarcord durchschreiten singend das Kirchenschiff der Thomaskirche und nehmen schließlich an den Notenpulten vor dem Altarraum Aufstellung. Ein spiritueller Einstieg in ein besinnliches Konzert. amarcord spult die mehrstimmigen Lieder, Chöre und Choräle keineswegs stur herunter. Der Zuschauer verspürt ab dem ersten Ton, dass sich die Sänger mit Inhalt und Interpretation der Werke tiefgreifend auseinandergesetzt haben. Wolfram Lattke, Robert Pohlers, Frank Ozimek, Daniel Knauft und Holger Krause transportieren die Botschaften der jahrhundertealten Werke in einer Weise in die Weiten der Thomaskirche, die den Zuhörer zwangsläufig zum Nachdenken über das eigene Leben und seine Beziehung zu Gott anregt.
Gesanglich ist der Abend – wie von amarcord gewohnt – erster Güte. Wenn das Ensemble Philippe Verdelots „Si bona suscepimus“ intoniert, schmelzen die Töne geradezu vor sich hin. Caspar Fügers „Et puer ipse fui“ erklingt in technischer Perfektion. Und die Soli der zarten Tenorstimmen von Robert Pohlers und Wolfram Lattke sind einfach nur zum Träumen schön. „Wir waren tolerant“, verrät Bass Daniel Knauft nach eineinhalb Stunden Musik augenzwinkernd. Die Zuhörer danken Amarcord mit andauerndem Beifall.
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