Tanner mag den Blues. Wahrscheinlich mag er den Blues besonders, weil er ihn hin und wieder hat. Koma Kschentz, bis vor einigen Tagen das Schlagzeuginferno beim Gitarrenklub im FloPo, hat den Blues noch öfter, vor allem jetzt mit seiner neuen Kapelle, der Elsterbluesband. Tanner hakte ihn unter und nach, warum der Gitarrenklub ins Nirwana entfleuchte und was es mit seinem Nachnamen auf sich hat. Ach ja - und da war noch was damals im "Chopper" mit den Kastanienmännchen, die das Laufen lernten.
Hallo mein Freund Koma. Bis vor kurzer Zeit warst Du eins der Gesichter vom Gitarrenklub im Flower Power. Was ist denn geschehen? Ich dachte, Ihr macht weiter, bis einer umfällt. Oder bis alle umfallen …
Ja ok, das dachten wir auch, oder vielmehr, wir haben es befürchtet. Zwischendurch gab es den Gitarrenklub auch mal ein halbes Jahr im Flowerpower Chemnitz mit uns. Letztlich kann ich aber nur für mich sprechen und nicht für meine ehemaligen Kollegen Rik “Paul” Ullrich und Tino Standhaft. Ich selber war seit April 2010 beim Gitarrenklub im Flowerpower Leipzig dabei, als Trommler unserer kleinen Hausband und für Gäste, welche keinen Schlagzeuger im Schlepptau hatten und dann von mir “begroovt” wurden, während sie sich auf unserer Bühne an Gitarre, Gesang oder was auch immer präsentierten.
Und es hat sich für mich auf jeden Fall gelohnt, ich habe viel gelernt in der Zeit, über Musik, Nichtmusik, über Menschen im Allgemeinen und in Ausnahmesituationen, viele Menschen kennen, lieben und hassen gelernt und ‘ne Menge Spaß gehabt dabei.
Da ich aber offensichtlich ein Mensch bin, der gerne mal weiterzieht, wenn es ihm passend erscheint, beschloss ich Ende 2014 mein Engagement als Drummer des Gitarrenklubs Flowerpower Leipzig zu beenden. Auf die Gründe will ich jetzt hier gar nicht so genau eingehen, weil für mich letztendlich nur entscheidend ist, nicht stillzustehen, nicht allzu sehr in Routine zu verfallen, weil sonst ein gewisses Feeling für die Musik verloren geht, welches für mich Grundvoraussetzung zum Musizieren ist.
Glücklicherweise habe ich das bis jetzt nicht verloren und so wird es musikalisch weitergehen auf dem Weg zur Weltherrschaft! Hahaha!!! Auf meiner Homepage www.drumkoma.de kann man sich über meine Aktivitäten informieren, falls es jemanden interessiert.
Glücklicherweise ist jedes Ende auch ein Anfang – an dieser Stelle für die Elsterbluesband. Und sie ist wahrhaft knackiger Blues. Ich wähnte ihn schon verloren. Mir geht das Herz auf. Erzähl mal bitte ein bissel über die Band – und wann es was dann von Euch gibt. Auch gern live.
Wir spielten ja als Hausband des Gitarrenklubs immer zwei, drei Bluesnummern am Anfang und am Ende der Veranstaltung. Ab und zu spielten wir auch mal ganze Konzerte zu besonderen Anlässen im FloPo und der Paul und ich beschlossen schon vor einer ganzen Weile, dass wir damit ab und zu auch mal Muggen (so heißt das wirklich und ist die Abkürzung für musikalisches Gelegenheitsgeschäft – Anm. der Red.) in anderen Locations spielen wollen. Es stießen noch Kevin Panitz am Bass und Sandrino Scherbaum an der Bluesmundi dazu und vor kurzem haben wir mit Princess Elly B. an den Backgroundvocals unsere ersten Recordings hinter uns gebracht, nicht allzu perfekt produziert, aber aus meiner Sicht authentisch und menschlich, Eigenschaften, die nach meinem Eindruck in der heutigen Zeit beim Produzieren von Musik oftmals kaschiert oder vermieden werden.
Momentan halten wir nach Terminen Ausschau für die Elsterbluesband, der nächste Gig von uns findet am 2. Mai statt, erstmals wieder auf der uns vertrauten Bühne des Flowerpower Leipzig.
Kannst Du Dich noch an das grandiose Heftchen “Wie die Kastanienmännchen laufen lernten” erinnern? Und wenn ja, willst Du den Lesermenschen nicht ein bisschen etwas von diesem Meilenstein Leipziger Literaturgeschichte berichten? Mach mal bitte!
Hahaha Volly, du hast es nicht vergessen! Na gut, lass uns in Erinnerungen schwelgen! Mein bester Freund Clemme und ich verbrachten Mitte der Neunziger Jahre viel Zeit zusammen, die ganze Sache hängt natürlich, wie du weißt, auch mit der legendären Kultkneipe “Chopper” in Plagwitz zusammen, zu deren Inventar wir wie so viele andere damals gehörten. Wir beide trieben gerne etwas Schabernack mit den Menschen, gingen z. B. gerne zu Stadtfesten und wanderten von Tisch zu Tisch um den Gästen die Blumenvasen leer zu fressen, welche ein beflissener Kellner da vorher sicherlich sorgsam hindrapiert hatte oder quatschten einen Pantomimen solange zu bis der ‘nen Lachanfall bekam.
Und eine Aktion war die Sache mit unseren selbst geschriebenen Kurzgeschichten, welche manchmal unerwartete Erkenntnisse bereithielten oder einfach auch nur ins Leere liefen. Wir druckten die dann aus, kopierten den ganzen Kram im Schnitt 50 – 100 mal, falteten kleine Hefte draus und brachten die dann im “Chopper” zu Markte für einen geringen Obulus. Wir brachten es auf drei Ausgaben, auf einer der Titelseiten z. B. drohten wir denn Käufern an, sie zu erschießen, wenn sie das Heft wirklich lesen würden, und wir schafften es immerhin, jedes mal alle zu verkaufen und mit zwei oder drei unserer Hirngespinste in die Null-Nummer deiner “Vergammelten Schriften”, Volly.
Die Kastanienmännchen, Koma, ich fragte doch nach den Kastanienmännchen, Du verfitzt Dich gerade, glaub ich …
Ach ja, die Kastanienmännchen, in einer Nummer brachten wir Kulizeichnungen von Kastanienmännchen, welche teilweise auch in unseren Storys die Handlungen bestimmten. Ich glaube “Wie die Kastanienmännchen laufen lernten” bestand eigentlich nur aus der Erkenntnis, dass die einfach irgendwann aufgestanden sind und seitdem eben umherliefen.
Philosophische Betrachtungen Außenstehender, oftmals nahe am Delirium und in ständiger Bereitschaft die Ernsthaftigkeit des Lebens durch vermeintlichen Schwachsinn infrage zu stellen. War eine tolle Zeit damals.
Dein Nachname ist ja ein legendärer, Du heißt Kschentz. Wie ist es, manchmal am ANKER vorbeizukommen und die Straße dort, die Renftstraße, nach der Band des Vaters benannt zu wissen … berührt das? Stimmt das überhaupt?
Ja genau, mein Vater Peter “Pjotr” Kschentz war lange Zeit Mitglied der legendären Klaus-Renft-Combo und natürlich berührt mich das, wenn ich da vorbeikomme, zumal ich in Verbindung mit dem Anker viele Erinnerungen und Emotionen an meine eigene Jugend, die Band Renft und natürlich auch an meinen Vater verbinde, dessen Todestag sich übrigens 2015 zum zehnten Mal jährt. Zum Anlass seines Todes fand damals ein Gedenkkonzert im Anker statt. Das alles ist natürlich in mir drin, wenn ich da vorbeikomme, allerdings auch an vielen anderen Orten in Leipzig. Ich lebe jetzt seit 43 Jahren in dieser herrlichen Stadt und es gibt jede Menge Ecken, mit denen ich Geschichten, Erinnerungen und Emotionen verbinde. Und trotzdem kommen immer wieder Neue dazu, das hört nie auf.
Wann gibt es Dich denn in welcher Formation demnächst zu erleben, da war doch noch einiges neben der Elsterbluesband …
Na, ich glaube in der Hinsicht schalte ich zurzeit einen Gang zurück. Nachdem ich die letzten Jahre wirklich alles Mögliche an musikalischen Sparten gespielt habe, will ich wieder zurück zum Rock’n’Roll. Zeitweise war ich in zehn Bandprojekten involviert, mein Hauptantrieb dabei war immer, viel verschiedene Musik zu machen, einfach weil ich auch Bock drauf hatte. Ich konnte dabei viel lernen, hauptsächlich was ich kann und was ich nicht kann und ein bisschen, wie Musik funktioniert, aber auch das hört nie auf.
Zurzeit spiele ich nur noch mit der Elsterbluesband und seit letztem Jahr mit der Stefan Saffer Band angepunkten Rock’n’Roll irgendwo zwischen Springsteen und Hüsker Dü. Dadurch, dass ich bei der Elsterbluesband meistens Percussion und bei SSB ein krachiges, treibendes Powerdrumming spiele, sind meine musikalischen Bedürfnisse abgedeckt. Nebenher spiele ich mal wieder ein traditionelles Karfreitags-Konzi mit Michael “Codse” Malditz, Leipziger Bluesurgestein, und werkele an meinen Solosachen, die ich im Laufe der nächsten Jahre nach und nach veröffentlichen will. Wie gesagt, informieren kann man sich über meine Homepage. Für mich bleibt es auf jeden Fall spannend.
Und für uns ja dadurch auch. Danke, Koma, danke.
Bitte und immer wieder gern. Ich bedanke mich für das Gespräch.
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