Man könnte es eine Expedition nennen, eine Expedition zur Erkundung der ganz speziellen Musikerfauna im hohen Norden. Am 7. Oktober will der Leipziger Musiker Marcus Mötz für drei Wochen mit seiner Cajon aufbrechen zu einer Reise durch Nordeuropa und dabei die Kulturszene Skandinaviens erforschen und alles online dokumentieren.
Marcus Mötz ist musikaffin, neugierig und kühlen Temperaturen gegenüber hartgesotten. Was passt da besser, als die nordischen Länder Europas auf musikalische Weise zu erkunden? Im Oktober will sich der Leipziger Musiker deshalb einen kleinen Traum erfüllen und drei Wochen durch Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland reisen. Unter dem Motto “Searching for the Northern Soul” ist er ab dem 7. Oktober 2012 buchstäblich auf der Suche nach der Seele des Nordens.
Genauer gesagt interessiert ihn vor allem die Kultur- und insbesondere die Musikszene der vier Länder. Seine ständigen Begleiter sind “El Cajon” (eine aus Peru stammende “Kistentrommel”) sowie eine Videokamera, mit der er seine Reise dokumentieren will. “Ich möchte ein facettenreiches Bild der skandinavischen Musiklandschaft zeichnen,” sagt der Leipziger über die Mission seiner Reise.
Um dies zu erreichen, will Marcus Mötz beispielsweise in Kopenhagen in einer Bunkeranlage die Proberäume lokaler Bands besuchen und in Oslos Innenstadt zusammen mit Straßenmusikern jammen. Vielleicht auch spontan in einem Zug oder auf der Fähre von Finnland nach Schweden. Darüber hinaus will er mit lokalen und international bekannteren Bands Gespräche führen. So wird er beispielsweise Mitglieder der 30köpfigen schwedischen Gruppe “I’m from Barcelona” treffen und der norwegischen Band “Flunk” bei der Produktion ihres neuen Albums über die Schulter schauen.
Wer jedoch ein reines multikulturelles “Musik-Cometogether” erwartet, der irrt. Denn es geht darüber hinaus um die Frage nach Mythen und Klischees. Marcus Mötz will sie hinterfragen: Sind die Dänen wirklich das glücklichste Volk der Welt? Bekämpfen die Finnen ihre “Winterdepression” mit Alkohol?
Eine der wichtigsten Fragen, der der Musiker nachgehen will, ist: Gibt es so etwas wie eine skandinavische Identität? Wenn ja, was ist es, was die Dänen, Norweger, Schweden und Finnen (die genau genommen gar keine Skandinavier sind) vereint? Und in welchen Punkten bemüht man sich redlich um Abgrenzung zu seinem Nachbarn? Marcus Mötz, der sein Projekt per Crowdfunding finanziert, will versuchen, Antworten auf diese Fragen zu finden, indem er die Menschen in ihrem Zuhause besucht und bei ihnen via Couchsurfing übernachtet. Denn er will ganz dicht dran sein, am Alltag der Menschen, will ein Teil dessen sein. Und all das wird er direkt filmen, fotografieren und darüber schreiben, unter anderem in seinem Reiseblog, noch während er unterwegs ist.Trotzdem beschäftigt einen die Frage: Warum reist ein Leipziger nun ausgerechnet im kälter werdenden Herbst in den Hohen Norden? – Die L-IZ hat nachgefragt.
Warum gerade Skandinavien? Warum nicht Frankreich, Südeuropa oder die baltischen Länder?
Marcus Mötz: Ich denke, dass die skandinavische Musiklandschaft noch nie wirklich im Fokus stand, wenn man mal von den ganz großen Weltstars wie ABBA, a-ha und Roxette absieht. Oder die finnische Band HIM, obwohl Finnland, streng genommen, gar kein skandinavisches Land ist. Doch die Mehrheit der Leute zählt es zu Skandinavien, darum darf es auf meiner Reise auch nicht fehlen. Zudem habe ich einen Faible für die nordischen Länder. Möglicherweise führt mich der nächste Trip tatsächlich ins Baltikum.
Haben Sie eine besondere Beziehung zu skandinavischer Musik? Wenn ja, welche? Gibt es irgendwo einen Initialzünder? Etwa den Sieg von Lordi 2006 beim Eurovision Song Contest? Oder gar eine ferne Begeisterung für ABBA?
Wie schon erwähnt, hege ich eine gewisse Leidenschaft für nordische Länder. Wenn man sich etwas näher mit Skandinaviens Musikszene auseinandersetzt, wird man feststellen, dass z.B. die Dänen und Schweden zahlreiche Popbands hervorbringen, die sich nicht hinter britischen oder US-amerikanischen Gruppen verstecken müssen. Natürlich ist Skandinavien auch vor allem durch seine ausgeprägte Metalszene bekannt. Und Norwegen hat zudem eine sehr agile Jazzszene zu bieten. Diese Vielfalt ist bemerkenswert.
Hatten Sie schon vorher Kontakte zu Musikern aus dem Norden?
Ich hatte bislang noch keinerlei persönliche Kontakte zu Musikern aus Europas hohem Norden. Diese baue ich peu à peu in Vorbereitung auf die Tour auf.
Was fasziniert Sie an Land, Leuten und Musikszene?
Mich fasziniert zum Einen, dass die Musiklandschaft so vielfältig ist und wir hier in Deutschland dennoch nur das Wenigste davon mitbekommen. Zum Anderen interessiert es mich, gewissen skandinavischen Mythen und Klischees auf den Grund zu gehen. Die Dänen sind, statistisch betrachtet, das glücklichste Volk der Welt. Was sagen die Dänen selbst dazu? Mit Finnland verbindet man wiederum – insbesondere in den dunklen Wintermonaten – eine hohe Suizidrate oder zumindest ein gesteigerte Neigung zum Alkoholkonsum. Ich werde also die Leute mit diesen Vorurteilen, bzw. Bildern, die wir von ihnen haben, direkt konfrontieren und bin gespannt auf ihre Antworten.
Wie werden Sie reisen? Mit dem Zug, dem Auto, per Anhalter oder doch dem Flugzeug? Drei Wochen für die vier Länder ist ja nicht viel?
Ich werde sowohl mit dem Zug als auch mit der Fähre reisen. Dadurch erlebe ich nicht nur Skandinaviens Großstädte, sondern ebenso die Landschaft dazwischen. Die Route ist entsprechend konkret durchgeplant, sodass ich in der Tat einen straffen Ablauf habe.
Bleibt überhaupt Zeit für anderes als nur den Besuch in der Szene? Haben Sie vorher recherchiert oder lassen Sie sich überraschen von den Kontakten, die sich ergeben?
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Natürlich werde ich mir die Zeit auch für andere Dinge nehmen, werde aber dennoch meine Kamera stets dabei haben, sodass ich jederzeit einen besonderen Moment “einfangen” kann. Ich habe viel Recherche betrieben in den letzten Wochen und Monaten, und das tue ich auch immer noch. Es liegt grundsätzlich nicht in meiner Natur, mich nur treiben zu lassen. “Couchsurfing” ist ein großes Thema auf der Reise, denn es ist einerseits eine sehr günstige Möglichkeit der Übernachtung und man ist andererseits ganz dicht dran am Alltag der Menschen, ist ein Teil dessen für ein paar Tage. Ein ebenso großes Thema sind die Kontakte, die ich zu Managements, bzw. direkt zu den Bands, die ich unterwegs treffen werde, aufgebaut habe. So etwas setzt eine intensive Vorbereitungszeit voraus. Dadurch habe ich beispielsweise die Möglichkeit, der norwegischen Band Flunk bei den Arbeiten an ihrem neuen Album über die Schulter zu schauen oder Mitglieder der 30köpfigen schwedischen Band I’m from Barcelona in Stockholm zu treffen.
Und wieviel Gepäck wollen Sie mitnehmen? Das ist ja nun in Skandinavien vielerorts schon eine wirklich kalte und unwirtliche Jahreszeit.
Ich werde einen Trolley mit jeder Menge warmen Sachen dabei haben, meine Kamera und meine Cajon (eine aus Peru stammende Kistentrommel, mit der ich die Möglichkeit habe, mich jederzeit aktiv ins Musikgeschehen mit einzubringen).
Vielen Dank für das kleine Vorab-Gespräch.
Das Crowdfunding zum Projekt: www.startnext.de/searchingforthenorthernsoul/wall/
Der Reiseblog von Marcus Mötz: www.marcus-moetz.de
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