Tickets sind im Internet bestellbar, mit Wartezeiten, aber nächstes Jahr für eine "Rheingold" komplett im Internet-Shop, noch laufende Inszenierungen auf DVD. Man öffnet sich am Grünen Hügel. Wenn auch der ICE wieder eingestellt wurde. Wie immer gab es Schlagzeilen bevor sich am 25. Juli der Vorhang öffnete.

Diesmal nicht Wagner-Familien-Zwist und mehr als die Nachricht vom Tod der Stammbesucherin Margot Werner. Zur Premiere – der Bayerische Hör-Rundfunk überträgt live – gibt es meistens heftige Buhs und Bravos, dieses Jahr hatte “Der fliegende Holländer” Premiere. Regisseur Jan Philipp Gloger, geboren 1981, bekundete vorab im Festspiel-Almanach er wolle etwas aus seiner Zeit zeigen und verstehe sich als Übersetzer (die Kasse verkaufte uns eine Karte für den 12. August, dann wissen wir mehr).

Wagners Parsifal im Kino

Nach Jahren mit Public Viewing (“Rudelgucken”) auf dem Festplatz wird der “Parsifal” am 11. August in 100 Kinos weltweit übertragen, auch in zwei Bayreuther Säle. Von solchen Theater-Sendungen träumte man in Deutschland schon vor gut 100 Jahren. (Für Richard Wagner ist der Kino-Gedanke freilich nicht überliefert.)

Um Arno Brekers Wagner-Büste auf dem Grünen Hügel stehen jetzt und temporär Ausstellungstafeln über “Verstummte Stimmen”, jüdische Sänger und Musiker. Bisher gab es in der Nähe schon einen Gedenkstein. Der Hügel stellt sich seiner Geschichte. Und der Nähe zur Hitler-Regierung. “Dieser Ort wird nie neutral sein”, resümierte Stephen Fry in seinem Wagner-Dokumentarfilm.

“Wir sind Wagner”

In der fränkischen Stadt hängen schon Plakate zum 200. Richard-Wagner-Geburtstag 2013 mit den Zeilen “Wir sind Wagner” oder ” Da steckt Wagner drin”. In Bayreuth finden dann Wagner-Rapper-Superstar-Runden statt. Und es gibt nicht nur die zehn Wagner-Hits im Festspielhaus sondern auch die hier sonst nicht üblichen Jugendwerke wie “Die Feen” und “Rienzi”. Produziert zusammen mit der Oper Leipzig, in Bayreuth allerdings nicht im Festspielhaus, sondern in einer Sport- und Kongresshalle oder der Stadthalle zu sehen.
Ein dritter Festspiel-Geschäftsführer?

Zum Pressetermin am Eröffnungstag sprach traditionell die Festspielleitung, nicht der Verwaltungsrat. Eine vertane Kommunikations-Möglichkeit. Dass just an jenem Tag ein örtliches Blatt schon einen Namen für den Verwaltungs-Geschäftsführer-Posten verkündete, kommentierten die Festspielleiterinnen: “Sie wissen, die Presse weiß immer mehr als man selbst!”

Wenn verkündet wurde, wann nach dem “RING” 2013 welche Werke folgen sollen, bis hin zum dann nächsten “RING” 2020, heißt dass, das man über die eigene Amtszeit bis 2015 schon hinausplant. Auch die Baustelle Festspielhaus verlangt das. .

Richard Wagner sah das Festspielhaus als Provisorium, eigentlich sollte es ganz aus Holz gebaut werden. Nach hundertjährigen Um- und Anbauten haben die Techniker und Gutachter Reparaturbedarf von 50 Millionen Euro errechnet. Bis 2020 soll das abgearbeitet sein, sagen die Festspiel-Geschäftsführerinnen. “Das Haus ist nicht einsturzgefährdet”, versicherte Katharina Wagner.

Tattoo-Geschichte

Drei Tage vor der Premiere hat der russische Sänger Evgeny Nikitin seine Titel-Partie abgesagt. Zu kurzfristig, um noch das Programmheft der Mitwirkenden zu ändern. In der Presse waren Fotos von ihm mit Tattoos von Nazi-Symbolen zu sehen gewesen, darauf folgte ein Aufschrei. Und Nikitin reiste ab. So soll er es selbst gewünscht haben, mit schwachen Englisch-Kenntnissen seinerseits, in einem Gespräch ohne Dolmetscher und nach Telefonaten mit dem Manager, wie Katharina Wagner sagte. Künstlerische Schwierigkeiten habe man keinesfalls gehabt, versicherte der “Holländer”-Regisseur Jan Philipp Gloger.

Was wann geschah, an Nikitin-PR, aufgefundenen alten Fotos und Diskussionen, wird eines Tages eine Chronik zeigen. Nikitin, aus Murmansk stammend, trommelt auf einem alten Foto, der Oberkörper nur von Haut und Tattoos bedeckt. Eines der Tattoos wurde später übermalt.
Es geht nicht um das Kostüm oder die Verhüllung sondern um das einstige Motiv, sich stechen zu lassen. Nikitin selbst bereut es als Jugendsünde. Bei den Bayreuther Vorbereitungen spielten Tattoos schon eine Rolle, Kostümbildnerin Karin Jud hatte sich ein Foto schicken lassen: vom Arm! Denn es ging ihr um den Effekt, dass er sich in den Arm schneiden soll und um die Frage, wann, wie lange und womit wird das Arm-Bild überschminkt.

“Das kann damals schlicht auch Verweigerungshaltung und Rebellion gewesen sein, sich als Punk-Rocker so auszustaffieren”, mutmaßte ein Journalist über die einstige Zeit der offiziellen Kultur verdienter Künstler des Volkes.

Nein, es sei Nikitins Entscheidung gewesen, nicht sie hätten ihm die Bühne verboten, konstatierten die Wagner-Schwestern. Und ob er eine zweite Chance hätte? “Die Frage stand nicht. Er ist ein guter Sänger.”

Vision: Wagner-Akademie

Eine Zukunftsidee von Eva Wagner-Pasquier: die Wagner-Akademie. Bisher sei die zwar noch nicht ausgerufen, aber es wird künftig Meisterkurse von Wagner-Solisten geben. L-IZ.de meint: Auch hier wäre eine Kooperation von Bayreuth und Leipzig möglich!
Wagner für und mit Kindern

Bestens funktioniert im vierten Jahrgang auf einer Probebühne”Wagner für Kinder”. Dieses Jahr sind Kinder vor, auf und hinter der Bühne bei den “Meistersingern von Nürnberg” beteiligt. Junge Leute fassen Wagners Musikdramen zeitlich kurz – und kommen zu erstaunlicher Tragweite! (L-IZ.de berichtet in Kürze). Der “Ring des Nibelungen” aus dem Vorjahr, ebenso stark gekürzt, soll in der nächsten Spielzeit in Leipzig herauskommen.

Eine Art von Akademie ist es bereits, auf der großen Bühne des Festspielhauses junge Regisseure mit wenig Musiktheatererfahrung mit ihren Szenografenteams wirken, ja sich austoben zu lassen, wie man seit Christoph Schlingensiefs “Parsifal” weiß. “Ein Regisseur muss uns eine Idee zusätzlich zum Werk Wagners liefern”, forderte Katharina Wagner.

Den neuen “Fliegenden Holländer” gibt’s dann 2013 auch im Kino. Wenn dann nächstes Jahr Schüler-Bands Wagner rappen werden, beginnt ein ganz neues Kapitel Wagner-Kult .

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