Drei Jahre Pause sind für manche Band tödlich. Dahin wieder zurückzukehren, wo man einst war, ist da schon schwierig. Für die Berliner Elektro-Popper von MIA wirkte sich die Pause erfrischend aus. Die vier Musiker reden seit dem 9. März mit ihrem neuen Album "Tacheles". Dabei warfen sie Ballast über Bord und zeigen sich direkt, un-banal und immer noch poppig. Gunnar Spies zeigte sich im L-IZ-Interview redselig.
Ihr habt eine lange Pause hinter euch. Wie hat sich der Wunsch nach einer Auszeit bei euch geäußert?
Es gab einen äußeren Grund, weil unser Plattenvertrag auslief, was aber nicht so bedeutend war. Ansonsten gab es keine offensichtlichen Verschleißerscheinungen innerhalb der Band, dass jemandem eventuell die Sicherungen rausfliegen.
Es gab also keine internen Streitigkeiten?
Ganz im Gegenteil ist es eher so, dass wir einfach weitermachen hätten können. Anfang 2009 wäre es das Einfachste gewesen, einfach weiter zu machen. Es spricht für die Individualität des Kollektivs, dass wir entschieden, die Pause genau zu diesem Zeitpunkt einzulegen, bevor etwas passiert. Es ist wie bei einer Fahrt auf der Autobahn, bei der man eine Pause an einer Raststätte einlegt, obwohl man nicht glaubt, sie machen zu müssen. Danach merkt man, dass es richtig gut getan hat. Es gab auch genügend kleine Gründe, die sich dann summierten. Kinder wurden geboren, private Veränderungen fanden statt.Wie hast du diese Zeit genutzt – du warst doch am Meer?
Musik habe ich trotz allem gemacht und auf dem Album “What?” von Bodi Bill, mit denen ich gut befreundet bin, mitgespielt. Ich habe auch mal versucht, mal nichts zu machen und ohne Deadline zu leben. Ansonsten waren wir an der Cote d’Azur im Urlaub und haben am Vorabend der Abreise beschlossen, dass wir noch eine Woche dranhängen. Das war Luxus und für meine beiden Kinder sehr schön, die ihren Vater einfach länger erleben durften.
Hat diese Pause euch verändert?
Jeden von uns hat es separat erneuert. Dass wir als Band weitermachen würden, war bereits vorher klar, und auch der Termin, an dem wir uns treffen, stand bereits fest. Für mich persönlich stand im Vordergrund, dass ich mich stark mit meiner Zukunft, meiner Rolle und Anerkennung innerhalb der Band beschäftigt habe und diese hinterfragte.
Ihr habt auch eure Herangehensweise geändert und vor allem im Kollektiv gearbeitet.
Wir haben uns mehr auf Kommunikation und Konfrontation einstellen müssen, was sehr gut zum Albumtitel passt. Dieses Mal haben wir die Mehrzahl der Stücke gemeinsam produziert und das, ohne mit Türen zu knallen oder ähnlichem.
Hast du eigentlich ein Vorbild als Schlagzeuger?
Phil Rudd von AC/DC, gerade auch, was die Reduktion betrifft. Trotz der Sparsamkeit ist der Druck immens, der erzeugt wird.
Die Platte klingt noch elektro-poppiger und radiokompatibler als die vorherigen.
Wir machen die Musik in erster Hinsicht für uns und nehmen uns nicht vor, Songs fürs Radio zu schreiben. Zielsetzung für dieses Album war vor allem, Text und Musik in Einklang zu bringen. Dabei ging es nicht um Opulenz, sondern um Klarheit und Reduktion.
Gibt es für dich ein Lieblingslied von der Platte?
Ich habe jeden Tag ein anderes Lieblingslied! Natürlich mag ich die aktuelle Single “Fallschirm”, weil gerade dieser Song eine lange Reise hinter sich hat. “Rien ne va plus” gefällt mir sehr, da es ein sehr sparsamer Titel ist, und auch “Am Tag danach” finde ich toll.
Ihr werdet das Album im November/Dezember live vorstellen. Was erwartet die Fans?
Augenblicklich sind wir noch in der Planungsphase, was die Songauswahl und das Bühnenbild betrifft, aber wer uns kennt, weiß, dass wir zum Beispiel auch eigene Remixe spielen. Für uns kommt es auf jeden Fall nicht darauf an, Stücke live so zu performen wie auf dem Album, sondern wir nehmen uns die Freiheit, einiges anders zu gestalten.
Gunnar, vielen Dank für das Gespräch!
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