2011 organisierten Neonazis in Sachsen in etwa genauso viele Konzerte wie im Vorjahr. Dies ergab eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Kerstin Köditz. Nach Angaben von Innenminister Markus Ulbig (CDU) registrierte der Verfassungsschutz die Planung von 44 Konzerten.

Am 31. Januar hatte der Innenminister auf die Kleine Anfrage der Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion vom 5. Januar geantwortet. Demnach fanden 41 Veranstaltungen tatsächlich statt. Hinzu kamen drei Liedermacherabende. Sechsmal traten rechte Musiker bei Kundgebungen und Vorträgen auf. Hierunter füllt auch das Pressefest der NPD-Zeitung “Deutsche Stimme”. Das Festival in Waldhufen am 1./2. Juli war letztes Jahr mit bis zu 1.500 Besuchern mit Abstand die größte Rechtsrockveranstaltung im Freistaat. Zu den Klängen der “Lunikoff Verschwörung”, Nachfolgeprojekt von “Landser”-Sänger Michael Regner, feierten am 12. November in Rothenburg rund 1.300 Kameraden. Organisiert wurde die Party von den NPD-Kreisverbänden Leipzig und Meißen.

Im Vergleich zum Jahr 2010 bewegt sich die Zahl der Konzerte damit auf einem konstant hohen Niveau. Bei insgesamt 50 Veranstaltungen (2010: 53) lässt sich schlussfolgern, dass an fast jedem Wochenende in Sachsen ein rechtes Konzert stattfindet. “Das ist immer nur ein Ausschnitt”, erinnert Szene-Kennerin Kerstin Köditz. “Das sind die Veranstaltungen, die von den Behörden erfasst worden sind. Ich gehe immer noch von einer weitaus höheren Anzahl aus.”Musikalisch deckten die Veranstalter nahezu das gesamte Spektrum rechter Musik ab. Neben klassichen Rechtsrockbands boten sie der Szene vor allem nationalorientierte Hatecore- und Black-Metal-Acts an. Auch HipHop stand mehrfach auf dem Programm.

Wenngleich in weiten Teilen der Szene als Musik der Schwarzen verpönt, treffen Gruppen wie “Sprechgesang zum Untergang” und “N’Socialist Soundsystem” (kurz: NSS) vor allem den Geschmack junger Neonazis. Ihr Konzert am 11. Juni in der Messestadt Leipzig wurde von rund 80 Personen besucht. In Leipzig fand au?erdem am 22. Januar ein Liederabend mit 90 bis 95 Gästen statt.

Vier Veranstaltungen konnten nicht stattfinden. Die am 20. August geplante Konzertkundgebung der NPD vor dem Völkerschlachtdenkmal wurde im Vorfeld verboten. Die Veranstalter wichen auf das Privatgrundstück des mittlerweile verstorbenen Landtagsabgeordneten Winfried Petzold in Mutzschen aus. Die Behörden zählten dort 100 bis 120 Besucher. Pech hatte ein Veranstalter am 30. Juli in Zwickau. Ihm wurden vorab die Räumlichkeiten durch den Vermieter gek¸ndigt.

Ein Coup gegen die rechte Musikszene landete der Landkreis Leipzig. Das Bauordnungsamt untersagte anlässlich einer geplanten Rechtsrock-Show am 5. Februar dem “Gasthof Zollwitz” (Hausdorf) die Nutzung seines Konzertsaals. Die Location war unter Kameraden beliebt. Am 8. Januar feierten hier 100 bis 150 Gäste. Am 22. Januar schickte die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr rund 170 Neonazis nach Hause. Im Jahr 2010 hatten hier bereits fünf Konzerte stattgefunden. Die Szene reagierte flexibel, nutze verstärkt Räumlichkeiten in Torgau und Rothenburg – in beiden Orten je neun Mal.

“Ich erwarte, dass die Staatsregierung die beiden Kommunen dringend unterstützt”, so Köditz. “Dass in Rothenburg 1.300 Neonazis feiern, wenn die NPD als Veranstalter auftritt, finde ich besorgniserregend.” Deswegen solle die Landesregierung die betroffenen Gemeinden nicht nur frühzeitig informieren, wenn die Szene eine Veranstaltung plant. “Sie soll auch Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich vor Ort dagegen wehren kann”, so die Expertin.

Die Antwort des Innenminister auf die Anfrage von Kerstin Köditz findet man hier:

edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=7854&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2

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