Auf einmal hagelt es Preise, steht die alte Buchstadt Leipzig mitten im Scheinwerferlicht für die großen deutschen Buchpreise. Allein für den renommiertesten, den Deutschen Buchpreis, sind drei Leipziger/-innen auf der Shortlist, wie die Jury am 17. September bekannt gab – bei insgesamt sechs Nominierungen. Und am 19. September wurde dann bekannt, dass die Leipziger Autorin Verena Keßler für ihren Roman „Eva“ den Literaturpreis „Der zweite Roman“ bekommt.

Verena Keßler wird für ihren Roman „Eva“, der bei Hanser Berlin erschien, mit dem Literaturpreis „Der zweite Roman“ ausgezeichnet, der von der Christian & Ursula Voß Stiftung erstmals vergeben wird und mit 4.000 Euro dotiert ist. Dies teilte das Literaturhaus Hamburg am Donnerstag, dem 19. September, mit.

Die Jury – Rainer Moritz (Literaturhaus Hamburg), Thomas Andre (Hamburger Abendblatt) und Nefeli Kavouras (freie Literaturvermittlerin und Autorin) – sichtete für ihre Entscheidung deutschsprachige zweite Romane, die in den Jahren 2022 und 2023 veröffentlicht wurden.

In der Jurybegründung heißt es: „Wie schreibt man über die großen Fragen des Lebens, die uns alle betreffen? Mit ihrem zweiten Roman Eva gelingt Verena Keßler ein wohl komponiertes Psychogramm vierer Frauen, deren Ansichten und Lebensentwürfe kaum unterschiedlicher sein könnten. Zum Glück schafft Keßler es aber mithilfe ihrer klaren Sprache und der feinsinnigen Figurenerzählung, dass Leserinnen und Leser ihren Figuren überallhin folgen wollen.“

Die öffentliche Preisverleihung findet am 26. November um 19.30 Uhr im Literaturhaus Hamburg statt. Die Laudatio hält Nefeli Kavouras.

Verena Keßlers Roman „Eva“

Was, wenn Sina nicht schwanger werden kann? Wenn Mona nie Kinder bekommen hätte? Wäre die Welt dadurch ein besserer Ort? Ja, findet Klimaaktivistin Eva Lohaus: Nur ein Geburtenstopp kann unseren Planeten noch retten. Während sie mit den Konsequenzen ihrer radikalen Vision kämpft, hadern die Schwestern Sina und Mona mit ihren eigenen Lebensentwürfen. Aus der Ferne beneiden, aus der Nähe bemitleiden sie sich, gemeinsam versuchen sie, Verantwortung und Erwartungsdruck zu widerstehen.

Doch erst die Begegnung mit Monas neuer Nachbarin verändert unseren Blick aufs Muttersein wirklich.
Was spricht heute gegen, was für eigene Kinder? In ihrer präzisen und bestechend schmucklosen Sprache erzählt Verena Keßler von vier Frauen, die ihre ganz eigenen Antworten auf diese Frage finden.

Verena Keßler, geboren 1988 in Hamburg, lebt in Leipzig, wo sie am Deutschen Literaturinstitut studierte. Ihr Debütroman, „Die Gespenster von Demmin“ (2020), wurde für zahlreiche Preise nominiert und mit dem Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium ausgezeichnet. „Eva“ (2023) ist ihr zweiter Roman.

Der Deutsche Buchpreis 2024

Am 17. September gab die Jury sechs Romane bekannt, die für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024 ausgewählt wurden.

Die sechs Nominierten:

Martina Hefter „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ (Klett-Cotta, Juli 2024)
Maren Kames „Hasenprosa“ (Suhrkamp Verlag, März 2024)
Clemens Meyer „Die Projektoren“ (S. Fischer Verlag, August 2024)
Ronya Othmann „Vierundsiebzig“ (Rowohlt Verlag, März 2024)
Markus Thielemann „Von Norden rollt ein Donner“ (Verlag C.H.Beck, Juli 2024)
Iris Wolff „Lichtungen“ (Klett-Cotta, Januar 2024)

Das Überraschende dabei: Drei der Nominierten leben in Leipzig. Neben Clemens Meyer, der auch schon den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen hat, sind dies auch Ronya Othmann und Martina Hefter, deren Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ wir an dieser Stelle besprochen haben.

Cover des Romans.
Martina Hefter: Hey Guten Morgen, wie geht es dir? Foto: Ralf Julke

Jurysprecherin Natascha Freundel (rbb) erklärte zur Auswahl: „Für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024 haben wir Romane ausgewählt, die auf neue Weise Licht und Dunkel unserer jüngeren Geschichte erkunden, die auch erzählerisch Grenzen überwinden und dabei große literarische Abenteuer sind. Jedes Buch ist formal wie inhaltlich einzigartig: ‚Hey guten Morgen, wie geht es Dir?‘ – so kann eine Handynachricht beginnen, die Afrika mit Europa verbindet.

Ein Hase schlägt poetische Haken durch die Pop- und Kunstlandschaft; ein ‚Fragmentarist‘ reitet durch die europäische Gewaltgeschichte und spürt dabei Kinobilder auf. Welche Möglichkeiten hat das Erzählen heute, in einer sich selbst überholenden Gegenwart? Zumal, wenn es um einen Völkermord geht, der kaum bekannt ist: der Genozid an den Jesiden. Oder wenn Geister der deutschen Mordlust auf neue Rechte treffen, etwa in der norddeutschen Heide? Und gibt es trotz allem ‚so etwas wie Glück‘, wenn eine gegangen und einer geblieben ist?“

Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 197 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2023 und dem 17. September 2024 erschienen sind. Zur Jury gehören außerdem: Gerrit Bartels (Der Tagesspiegel), Magda Birkmann (freie Literaturvermittlerin und Buchhändlerin), Torsten Hoffmann (Universität Stuttgart), Marianna Lieder (freie Kritikerin), Regina Moths (Buchhandlung Literatur Moths) und Klaus Nüchtern (Der Falter).

Der Deutsche Buchpreis wird dieses Jahr zum 20. Mal verliehen. Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der oder die Preisträger/-in erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist/-innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisverleihung findet am 14. Oktober 2024 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt und wird live übertragen.

Interessierte können die Preisverleihung unter www.deutscher-buchpreis.de verfolgen.

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