Wohin geht die Reise? Das war vor Corona schon immer die Frage beim Pressegespräch des Börsenvereins mit Verlagen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Denn einfach war das Büchermachen auch da noch nicht. Die Pandemie aber schickte nicht nur die Leipziger Buchmesse in den Dornröschenschlaf, sondern machte gerade mitteldeutschen Verlagen zu schaffen, die auf Messeauftritte dringend angewiesen sind, um die Öffentlichkeit zu erreichen.

Und auf so einen Termin mit der mitteldeutschen Presse. Jedenfalls jenem Teil davon, der sich noch um Literatur und Verlagslandschaft kümmert. Und Lesern und Zuschauern zeigen will, was in den Verlagen aus dem Dreiland jedes Jahr das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Und das ist eben keine Nischenware, auch wenn man in großen Bookstores und Online-Katalogen nicht sofort darüber stolpert, wo die großen Publikumsverlage dominieren.

Deswegen ist gerade so etwas wie das Lesefest auf der Leipziger Buchmesse so wichtig. Und ein bisschen staatliche Unterstützung, die es aus den drei Bundesländern in und nach der Corona-Pandemie ebenfalls gab. Die nun aber wieder zurückgefahren wird.

Dafür ist ein anderes Instrument der Verlagsförderung geblieben, was Helmut Stadeler, Vorsitzender des Börsenvereins Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und selbst Verleger (Bussert & Stadeler), in seiner Begrüßung auch würdigte. Denn in Sachsen wird der Sächsische Verlagspreis, der besondere verlegerische Leistungen würdigt, sichtlich verstetigt.

Es lohnt sich also weiterhin, gute Bücher zu machen, bei denen das Leserherz höher schlägt, wenn man sie doch mal in der Auslage findet. Von den kürzlich ausgezeichneten Verlagen stellten am Mittwoch, dem 13. März, Edition Wannenbuch & Paperento Verlag aus Chemnitz und der Klett Kinderbuch Verlag GmbH aus Leipzig ein paar ihrer neuen Titel vor.

Dass das auch schmackhafte Titel sein können, zeigt die neue Serie aus dem Paparento Verlag, in dem lokale Küchen ihre Würdigung finden. Motto: „Koch mich“. Also die Region kennenlernen, in der man sieben mal sieben typische Gerichte in einem Buch findet. Jüngster Spross dieser Familie: „Koch mich Vogtland“.

Kackwurstfabrik und Fußball-Helden

Klett Kinderbuch konnte bei der Gelegenheit gleich zwei Bücher mitbringen, die nicht nur beim jüngsten Lesepublikum höchste Anerkennung finden: die „Kackwurstfabrik“, die Kindern und Erwachsenen lustvoll erzählt, wie das mit Magen, Darm und Lokus funktioniert. Und auch „Radieschen von unten“ ist ja mehr oder weniger ein wissenschaftliches Buch für die Kleinen, das ihnen zeigt, was beim Sterben tatsächlich passiert.

Kinder sind nicht nur hart im Nehmen, lernt man dabei. Sie wollen eigentlich alles ganz genau wissen.

Na, wer hat hier ein noch schöneres Buch dabei? Foto: Ralf Julke
Na, wer hat ein noch schöneres Buch dabei? Foto: Ralf Julke

Bei Erwachsenen weiß man das nicht immer so genau. Trotzdem scheinen einige dann doch mehr oder weniger heimlich gute Bücher zu lesen wie die große Jaques-Tati-Biografie, die der Mitteldeutsche Verlag in seinem Frühjahrsprogramm herausbringt, oder „Meine Fußball-Helden“ von Marcel Wedow, ein Titel, der bei Tasten & Typen in Bad Tabarz herausgekommen ist.

Das aber eben nicht das übliche Kicker-Buch ist, sondern eine Hommage des Autors an die großen alten Fußballlegenden, die er tatsächlich besucht hat, um ihnen einfach mal zwei Tage lang auf den Keks zu gehen.

Oder wie wäre es mit einem Buch aus dem Dr. Ziethen Verlag in Oschersleben? Der Kabarettist Lothar Bölck hatte sich noch zu DDR-Zeiten vorgenommen, seinen 60. Geburtstag in den Pyramiden in Ägypten zu feiern und seinen 70. mit einer Weltreise – beide bekanntlich damals für normalsterbliche DDR-Bewohner Dinge der Unmöglichkeit. Der Mauerfall machte es möglich. Und in „Es geht um die Welt“ erzählt Bölck nun, was er zum 70. auf seiner Weltreise erlebte.

Wobei auch ein ganz sachliches Buch aus dem Verlag die Neugier lohnt: Hans Hünersdorf „Die zwei Geschwindig­keiten der Privatisierung der ehemaligen Volkseigenen Güter“, ein Insider-Buch. Denn von 1991 bis 1994 war Hünersdorf bei der Treuhand zuständig für die Abwicklung der einstigen Güter in Volkseigentum. Eine Geschichte, die tatsächlich genauso wild zugegangen ist, wie es sich der brave Bürger immer schon gedacht hatten.

Bücher leben nun einmal davon, dass Leute etwas zu erzählen haben. So wie Dieter Kalka, der mit „Das Bandoneon des Kulturministers“ einen weiteren Schelmenroman geschrieben hat, erschienen im Friedrich Mauke Verlag in Jena. Oder Bernd W. Seiler, der im Sax-Verlag seine lesenswerten „Dresdner Literaturgeschichten“ vorlegte.

Und dass selbst alte Rezeptsammlungen etwas zu erzählen haben, das zeigt Jörg Förbers „Das Kochbuch Leipzig“. Seit langem wieder ein Kochbuch mit lauter Leipzig-Rezepten, die ein ausgebildeter Koch in die Gegenwart transferiert hat, der im harten Alltagsleben bei der Leipziger Feuerwehr im Einsatz ist. Da brennt dann nichts an.

Wer sich eher für Archäoastronomie interessiert, also die Astronomie der Menschen in der Jungsteinzeit und Bronzezeit, für den gibt es bei Beier und Beran den Band „Ein Stonehenge in der Oberlausitz“. Denn dass die Völker damals nicht nur in Stonehenge, sondern auch in Mitteldeutschland regelrechte Sonnenobservatorien bauten, weiß man aus Sachsen-Anhalt (Pömmelte und Nebra) nur zu gut. Nur in Sachsen tut man sich schwer damit, diese Zeitschicht wahrzunehmen.

Den Pressetermin nutzten die Verlage auch noch, ein neues Projekt vorzustellen, mit dem mehr Lesestoff in die Kindertagesstätten kommen soll. Es ist eine Idee, die der Buchhändler André Mannchen hatte, der mit Unterstützung der Schkeuditzer Stadtwerke eine Lesekiste für Schkeuditzer Kindergärten organisierte.

Die Idee griffen nun mehrere Verlage aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf, die Kinderbücher herausbringen und die daraus eine Mitteldeutsche Lesekiste gemacht haben.

So manchen Verlag hat man natürlich vermisst bei diesem Stelldichein. Aber die meisten stecken schon in den letzten Vorbereitungen auf die Leipziger Buchmesse, die ja schon vom 21. bis 24. März stattfindet.

https://www.leipziger-buchmesse.de/de/

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