Für die Autoren ist der Shutdown noch lange nicht vorbei – und für Schauspieler auch nur halb, auch wenn einige Bühnen unter besonderen Bedingungen in den nächsten Tagen schon beginnen, wieder zu spielen. Aber mittlerweile haben ja schon einige ausprobiert, wie das ist, wenn man mit Büchern und Lesungen einfach mal online geht. Auch gern mit richtigen Gruselgeschichten, zu denen ab Montag der Leipziger Schauspieler Armin Zarbock einlädt.
Die Leipziger kennen ihn aus der Historien-Serie „Adolf Südknecht“, die am 26. Mai wieder real startet – mit den wegen Corona üblichen Auflagen.
Aber wem das kulturelle Angebot in Leipzig nach Wiedereröffnung noch zu dünn ist, wem ein Besuch noch zu heiß ist oder wer nicht das nötige Kleingeld in der Tasche hat, kann sich Ende Mai 2020 kostenlos von Armin Zarbock um den Schlaf lesen lassen.
Der Schauspieler Armin Zarbock präsentiert online an vier späten Abenden bösenachtgeschichten. Das Besondere daran: Die Zuschauer dürfen eigene Textvorschläge machen und sie können während der am selben Tag aufgezeichneten Geschichte live mit dem Schauspieler und untereinander chatten. Da es sich wie im Theater um eine vergängliche Darbietung handelt, ist jede Geschichte nur einmal und in Echtzeit abrufbar und wird dann gelöscht. Den Beginn macht am Montag, 25. Mai, die bösenachtgeschichte „Die Maske des Roten Todes“ von Edgar Allan Poe.
Wer finanzielle Unterstützung bieten möchte, zahlt nicht an den Künstler, denn das Projekt wird gefördert vom Kulturamt, sondern an alle freien Leipziger Kulturschaffenden über eine Spende an den Leipziger Kulturfallschirm. Los geht es bei freiem Eintritt unter www.bösenachtgeschichten.de
„bösenachtgeschichten – Ein Leseprojekt im digitalen Raum“ thematisiert die aktuelle Isolation des Lebens und eine nicht sichtbare, diffuse, aber sehr konkrete Bedrohung und die daraus resultierenden Sorgen, Ängste und deren Umgang damit.
„Bereits im Kindes- und Jugendalter beginnen wir, uns an Geister- und Gruselgeschichten zu erfreuen und genießen den dabei entstehenden Schauer, der uns über den Rücken läuft. Stets im Wissen, dass es sich dabei um reine Fiktion handelt, aus der wir uns mit einem Wimpernschlag in die reale Welt zurückflüchten können. Was aber, wenn diese Illusion plötzlich Teil der Wirklichkeit geworden ist?“, fragt Armin Zarbock.
„Wenn ein tatsächliches Unheil um sich greift, aus dem es kein einfaches Buchzuklappen zum Entrinnen gibt? Wie unterschiedlich rezipieren wir nun eine Geschichte, die uns gestern noch harmlos erschien und nun in einer neu herrschenden Umgebung und unter unheilvollen Umständen auf uns einwirkt? Diesen Fragen spürt das Projekt nach.“
Als Grundlage für die erste Lesung dient die schaurige Erzählung von Edgar Allan Poe „Die Maske des Roten Todes“. Sie erzählt das Schicksal einer Gesellschaft, die sich vor einer Epidemie in die Isolation flüchtet, und hofft, dort ihre Gedanken an Krankheit und Tod vergessen zu machen. Ihre Rechnung aber macht sie ohne den Wirt … 1842 bereits veröffentlichte Poe seine Geschichte, die erschreckende Parallelen zu heute zeigt. Wie physische Grenzen nutzlos werden und verschwimmen und wie Verantwortungslosigkeit in die Katastrophe führt.
In der formalen Umsetzung verlagert sich das Projekt ins Internet. Das Publikum trifft in der Lesung auf einen Point-of-View-Shot, eine subjektive Kameraeinstellung, die suggeriert, dass die Zuschauer in einem Bett liegend auf einen Erzähler blicken, der ihnen eine Gutenachtgeschichte erzählt. Über sie gebeugt, im Hintergrund an der Decke ein Ventilator, und mit freundlicher Miene nimmt das erzählerische Unheil seinen Lauf.
Die Zuschauer erhalten während der Lesung die Gelegenheit, live ihre Gedanken zu kommentieren. Nach der Lesung können sie Vorschläge unterbreiten, welche bösenachtgeschichte sie als nächstes hören möchten. Denn in den darauf folgenden Nächten wird es drei weitere neue Lesungen geben.
Zarbock: „Das Projekt möchte den Versuch wagen, sich mit künstlerischen Mitteln der aktuellen Situation zu nähern und sich mit den eigenen Ängsten auseinanderzusetzen, die sie freisetzt. Dazu sollen die Geschichte und die Situation dienen. Das Projekt soll aber auch den zeitlichen Bogen spannen und bewusst machen, dass die momentane Situation eine in der Menschheitsgeschichte bereits häufig auftretende ist und war, und sie damit auch auf ein zeitgeschichtlich angemessenes Maß zu relativieren und einzuordnen. Das Projekt soll darüber hinaus die Zuschauer zu eigenem Nachdenken und Handeln und Interaktionen anregen. Ein Austausch ist ausdrücklich erwünscht.“
Die Teilnahme erfolgt kostenlos und ohne Registrierung. Jede Lesung findet einmalig statt und wird dann gelöscht. Es wird um eine Spende an den Leipziger Kulturfallschirm gebeten. Das Projekt wird gefördert von der Stadt Leipzig, Kulturamt.
Die Sendezeiten für die „bösenachtgeschichten“ mit Armin Zarbock:
Montag, 25. Mai
Mittwoch, 27. Mai
Freitag, 29. Mai
Sonntag, 31. Mai
Alle Lesungen jeweils 22 Uhr.
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