Das Buch ist nagelneu. Gerade im Hamburger Edel Verlag erschienen. Und es passt wie gedruckt in die Afghanistan-Veranstaltungsreihe der Galerie KUB in der Kantstraße 18 in der Leipziger Südvorstadt. "Soldatenglück" heißt es. Zur Buchmesse kommt der Autor Robert Sedlatzek-Müller nach Leipzig.

Die Diskussion am Abend des 10. März beschäftigt sich genau mit seinem Thema: “Leben mit Krieg. Afghanistan: davor ist nicht danach!”. Die Diskussion beginnt um 19 Uhr. Teilnehmer sind Oberstleutnant Klaus Geier, Leiter der Informationsarbeit im Landeskommando Sachsen, Hauptfeldwebel Ronny Schmidt vom Familienbetreuungszentrum Leipzig, der Oberfeldapotheker Hartmut Berge und Nina Mair und Robert Jahn von libellulafilm Leipzig. Die Moderation macht Stephan Kloss (freier Journalist, Reporter, Autor).

Und natürlich wird es auch um den Umgang mit den deutschen Soldaten gehen, die seit Ende 2001 im ISAF-Einsatz im Afghanistan waren und sind.
Robert Sedlatzek-Müller war einer von ihnen. Im März 2002 ist er dabei, als der Versuch, eine alte russische SA-3/S-125 Newa-Luftabwehrrakete zu entschärfen, gründlich daneben geht. Dabei sterben die ersten beiden deutschen Soldaten bei diesem ISAF-Einsatz. Sedlacek-Müller, der zu diesem Zeitpunkt schon vier Jahre bei der Bundeswehr dient, überlebt die Explosion schwer verletzt und ist fortan schwer traumatisiert. “Sedlatzek-Müller leidet an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS. Daran können Opfer von Vergewaltigungen, Folter, Überfällen, Naturkatastrophen erkranken – genauso wie Soldaten, die Extremsituation erleben, die beim Öffnen von Massengräbern dabei waren, unter Beschuss geraten oder in Sprengfallen fahren”, schreibt die Zeit 2010, als der Stabsunteroffizier nach über 12 Jahren aus der Bundeswehr ausscheidet und um Hilfe kämpft, die er von seinem ehemaligen Arbeitgeber nicht bekommt.

“Ich bin untherapiert entlassen worden, sagt er. Es gab nicht mal eine richtige Entlassungsuntersuchung.’ Dabei hätten die Ärzte einiges aufzuschreiben gehabt: Die Raketenexplosion zerriss Sedlatzek-Müllers Trommelfelle. Er bekam Transplantate – der Tinnitus, ein Dauerdröhnen im Ohr, blieb und wird immer störender. Ebenso die Nesselsucht und die Essstörung. Und noch immer kann der Ex-Fallschirmjäger ohne Alkohol kaum einschlafen”, schreibt die “Zeit”. Die notwendigen Hilfen, die der Bundestag 2007 beschloss, konnten nur Soldaten in Anspruch nehmen, die nach dem Dezember 2002 verletzt wurden.

Es war nicht die einzige Wirklichkeitsverweigerung der hohen deutschen Politik. Lange glaubte man, dass nur 1 Prozent der deutschen Soldaten mit einer posttraumatischen Belastungsstörung aus dem Afghanistan-Einsatz zurückkommen. Die US-Amerikaner gehen von einer mittlerweile belastbaren Zahl bei ihren Soldaten von 5 Prozent aus. Und dazu passen auch die steigenden Fallzahlen bei deutschen Soldaten.
Die Bundesrepublik ist in den Krieg gezogen, ohne dass tatsächlich die wichtigsten Voraussetzzungen geschaffen worden waren. Von den politischen Voraussetzungen braucht man bis heute nicht zu reden. Sie existieren einfach nicht. Aber wenn eine Nation die Notwendigkeit sieht, ihre Truppen mit teilweise mangelhaftem Gerät in einen Krieg zu schicken, in dem andere die Spielregeln diktieren, dann sollten die wechselnden Verteidigungsminister auch dafür sorgen, dass sie die bestmögliche Versorgung bekommen und nach dem Dienst nicht einfach am bürokratischen Arm der paragrafen-fixierten Verwaltung verhungern.

“Ich selbst wurde 2002 bei einer Explosion mit 5 Toten in Afghanistan schwer verwundet und musste lange um meine Versorgung kämpfen”, erzählt Sedlacek-Müller. Die Ignoranz des Jahres 2010 ist mittlerweile Geschichte. “Zusammen mit vielen Bundestagsabgeordneten gelang zum Ende des letzten Jahres die Verbesserung des Einsatzversorgungsgesetzes, das sogannte Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz”, freut er sich.

Über seine zwölf Jahre Bundeswehrdienstzeit bei den Fallschirmjägern und seine dazugehörigen Auslandseinsätze hat er nun ein Buch geschrieben. Die dramatischen Ereignisse von 2002 sind ja nicht die letzten geblieben. Auch nach seiner Genesung entsandte ihn die Bundeswehr wieder nach Afghanistan. Untherapiert.

“Geplagt von massiven Ängsten und Aggressionen entfremdet er sich zunehmend von seiner Familie und seinem Umfeld, die Folge der Posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS – einer Krankheit, die immer mehr Soldaten mit nach Hause bringen, die aber lange Zeit als Berufskrankheit nicht anerkannt war. Dass das jetzt anders ist, ist auch Sedlatzek-Müller zu verdanken”, schreibt sein Verlag.

Und auch prominente Unterstützung bekam der einstige Elite-Soldat. “Stefan Aust hat für mein Buch das Vorwort geschrieben und selbst Günter Grass liest es gerade vorab”, so Sedlacek-Müller.

Am Samstag, 17. März, wird er sein Buch “Soldatenglück. Mein Leben nach dem Überleben” auf der Leipziger Buchmesse vorstellen. Die Buchvorstellung wird um 12 Uhr auf dem Podium im Sachbuchforum (Halle 3, Stand 207) stattfinden.

Robert Sedlatzek-Müller “Soldatenglück. Mein Leben nach dem Überleben”, Edel Verlag, Hamburg 2012, 19,95 Euro

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