Bei Markkleeberg denkt man am ehesten noch an Seen, den Agra-Park, den Kees’schen Park und das Weiße Haus. Aber Markkleeberg ist auch eine Stadt voller architektonischer Kleinode, die es zu entdecken lohnt. Dazu lädt dieser Kalender ein. Er erinnert auch an eine Zeit, als Architekten noch Wert auf Schönheit legten und unverwechselbare Häuser für solvente Auftraggeber bauten. Aber nicht nur.

Denn spätestens, wenn man nach Großdeuben kommt, begegnet man auch der Arbeit eines Architekten aus dem 18. Jahrhundert – David Schatz, der auch das Herrenhaus in Zöbigker umgebaut hat. Auch die Kirche Gautzsch stammt von ihm, genauso wie das Schloss in Knauthain. Aber der Mai lädt dazu ein, die Torhausanlage des Rittergutes in Großdeuben zu bewundern und damit – wie Bernd Mühling schreibt – die Arbeit „des großen sächsischen Barock- und Gartenarchitekten“.

Denn gute Architektur trägt nun einmal die Handschrift dessen, der sie entworfen hat. Gebäude erhalten so Stil und Charakter. Und erzählen gleichzeitig von der Epoche, in der sie erbaut wurden.

Bruno Taut, Gustav Friedrich Hempel, Fritz Drechsler

Auf dem Titelblatt findet man eins der Gebäude, auf die Markkleeberg besonders stolz ist: die Villa Offenbachstraße 10, erbaut 1927 von Bruno Taut. Ein „architektonisches Juwel“ nennt es Mühling. Der Taut als „Meister der Jugendstilarchitektur“ bezeichnet. Man merkt, wie auch der Autor und Fotograf dieses Kalenders die gelungenen architektonischen Lösungen bewundert, die er in diesem Kalender versammelt hat.

Lösungen, die auch von der Zeit erzählen, als Markkleeberg (bzw. die Orte, die sich später zur Stadt Markkleeberg zusammenschlossen) einst zum Lieblingswohnort vieler betuchter Leipziger Bürger wurde, die sich hier ihren Traum vom Wohnen erfüllten. So wie mit der Villa Neumann, die das Januar-Blatt ziert und von Richard Neumann beim in Markkleeberg gefragten Architekten Gustav Friedrich Hempel 1899 in Auftrag gegeben wurde.

Es ist eine fast schlösschenartige Reminiszenz an das ausgehende Zeitalter des Historismus, der dann im Februar mit Max Bischofs Villa in der Lößniger Straße 2 eine Villa folgt, die schon sichtbar Formen des Jugendstils trägt. Dabei ist sie nur wenige Jahre später – 1906 bis 1909 – entstanden.

Jugendstil prägt auch die von Fritz Drechsler entworfene Villa für den Fabrikanten Karl Petow in der Raschwitzer Straße. Während die Wohnanlage Rathausstraße 56, die von 1928 bis 1929 für die Gemeinde Gautzsch erbaut wurde, zeigt, wie sachlich und dennoch architektonisch eindrucksvoll modernes Wohnen auch für die normale Arbeiterschaft aussehen konnte.

Lohnenswerte Abstecher

Mit dem von Theodor Kösser geschaffenen Gebäude für die Elektrizitätswerke Leipzig-Land („Die Energie“) in der Friedrich-Ebert-Straße 26 wird im Juni auch sichtbar, wie eindrucksvoll Verwaltungsbauten einst aussehen konnten. Und auch das Westphalsche Haus in der Dölitzer Straße 12 darf nicht fehlen, nach Plänen von Paul Schultze-Naumburg vor 100 Jahren entworfen, den die Welt der Architektur vor allem als den Mann kennt, der für Kaiser Wilhelm II. das Schloss Cecilienhof in Potsdam entwarf.

Mit den eindrucksvoll ins Bild gefassten Bauwerken und den kenntnisreichen Texten zu Architekten, Bauherren und Baugeschichte der ausgewählten Bauten macht Bernd Mühling die Kalenderbetrachter regelrecht neugierig auf das Städtchen im Leipziger Süden und seine architektonischen Kleinode.

Da lohnt es sich, bei Gelegenheiten von den üblichen Spazierwegen abzuweichen und einmal selbst nachzuschauen, wie präsentabel man wohnen kann und wie mit Stil entworfene Villen einst mehr waren als ein verwechselbares Eigenheim.

Ähnliche Spaziergänge kann man natürlich auch in Leipzig machen. Denn auch hier ließen sich erfolgreiche Geschäftsleute ja solche ganz persönlichen Wohnrefugien errichten. Dass es genau solche Schätze auch in Markkleeberg zu entdecken gibt, dürfte für manchen Betrachter der Bilder eine durchaus schöne Entdeckung sein. Und die zu verschiedensten Jahreszeiten aufgenommenen Fotos zeigen auch, dass sich der Spaziergang jederzeit lohnt – im bunten Herbst genauso wie im verschneite Winter.

Verein Kulturgeschichte Markkleeberg (Hrsg.) „Kalender 2025. Markkleeberg – Architektenhäuser“, Sax-Verlag, Beucha und Markkleeberg 2024, 9,90 Euro.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar