Wie rettet man eigentlich die vielen kleinen Clubs und Kulturstätten, die sich in Leipzig angesiedelt haben, als hier in leer stehenden Fabriken noch richtig viel Platz war? Sie hatten ja einen gewaltigen Anteil an dem Ruf der Stadt Leipzig als attraktive Kulturstadt mit einer reichen freien Szene. Doch seit die Stadt sich immer mehr verdichtet, müssen immer mehr Clubs schließen und weichen. Als würde ein Stadtratsbeschluss von 2019 keine Wirkung zeigen.
Das Gefühl hatten auch die Grünen und beantragten: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, konkrete und verwaltungsverbindliche Standards für den Schutz von Kulturstätten im Bestand in Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen zu entwickeln und umzusetzen, soweit diese rechtlich zulässig und zweckmäßig sind.“
Mumpitz, meinte dazu Piraten-Stadträtin Ute Elisabeth Gabelmann sinngemäß. Mumpitz meinte auch Thomas Kumbernuß (Die PARTEI). Denn das sei schon seit 2019 Beschlusslage. Damals hatte sich der Stadtrat des Themas angenommen, nachdem die Planungen für den Eutritzscher Freiladebahnhof und den Bayerischen Bahnhof das Ende für die dort ansässigen Clubs bedeutet hatte.
Zu spät, wie Gabelmann zugestand. Um die Schließung der Clubs verhindern zu können, hätte der Stadtrat schon vorher den Schutz dieser Einrichtungen beschließen müssen. So machten die Bauherren einfach tabula rasa. Denn nach deutschem Baurecht müssen sie auf kulturelle Nutzungen keine Rücksicht nehmen.
Es sei denn, es existiert eine kommunale Beschlusslage, nach der die Verwaltung in Bebauungsplänen und Städtebaulichen Verträgen den Schutz von Kultureinrichtungen festlegen kann. Genauso wie 2019 beschlossen.
Doch irgendwie unwirksam. Aber nicht nur, weil es seitdem keine weiteren großflächigen Planungen gab. So gesehen hatte Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek durchaus recht, wenn er darauf hinwies, dass inzwischen weitere Clubs insbesondere im Leipziger Westen schließen mussten.
Spekulation und Luxussanierung
Aber das eben nicht, weil neue Bauplanungen sie verdrängen. Darauf wies dann Thomas Kumbernuß hin, sondern wegen Immobilienspekulation, wie er es formulierte. Denn längst sind auch die einstigen Fabrikgelände im Leipziger Westen Objekt von Aufwertungen und Spekulationen geworden. Wenn nämlich daraus luxuriöse Wohnungen gemacht werden können, ist die Rendite natürlich höher, als wenn darin Clubs das Publikum zum Tanzen bringen.
Um Kultureinrichtungen in solchen Gebieten zu schützen, soll auch das Kulturkataster der Stadt genutzt werden, beantragten die Grünen: „Dafür wird auch das Kulturkataster mit zugrunde gelegt. Je nach Abwägungsrelevanz erfolgt eine entsprechende Berücksichtigung und Dokumentation im Sachverhalt der Vorlage und/oder in der Begründung zum Bauleitplan. Dies gilt entsprechend auch im Rahmen von städtebaulichen Verträgen.“
Wie verhindert man weitere Verluste?
Dieses Kulturkataster, das 2019 mit Beschlusslage war, gibt es inzwischen, wie SPD-Stadtrat Christopher Zenker feststellte, der sein Stirnrunzeln über den Grünen-Antrag nicht verbergen konnte. Aber das Anliegen teilte auch die SPD-Fraktion, weshalb sie den eigentlichen Punkt ins Spiel brachte, der derzeit für so viel Ungewissheit sorgt: Das Livekommbinat, in dem sich die Clubs zusammengeschlossen haben, berichtet einerseits immer wieder über neue Club-Verluste.
Aber der Beschluss von 2019 scheint nicht zu greifen, weil diese Verluste in anderen Stadtquartieren passieren, wo gerade keine großen Generalplanungen anstehen. Trotz einer hergestellten Öffentlichkeit geht das Clubsterben also weiter.
Weshalb die SPD-Fraktion zum Grünen-Antrag noch einen Änderungsantrag schrieb, der dann in den gemeinsamen Antrag von Grünen und SPD einfloss: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum 2. Quartal 2024 den Stand der Umsetzung des am 22. Mai 2019 beschlossenen Antrags VI-A-06751 (Kreativräume und kulturelle Raumbedarfe in die Stadtplanung integrieren!) vorzulegen.
Dabei soll auch umrissen werden, ob und wie sich die Berücksichtigung von Kreativräumen und kulturellen Raumbedarfen seit der Beschlussfassung in der Stadtplanung bzw. Bauleitplanung niedergeschlagen hat. Auf Clubs soll dabei in besonderer Weise eingegangen werden. Außerdem soll dargelegt werden, ob und in welcher Weise der Abstimmungsprozess mit der IHK, der IG Livekommbinat und der LTM GmbH stattgefunden hat und bei aktuellen Bauleitplanungen stattfindet.“
Das bezieht sich zwar auch wieder nur auf die Planprozesse, in denen die Stadt federführend ist. Aber das wäre dann auch erstmals ein Berichtsmodus. Denn was helfen alle Beschlüsse, wenn sie das eigentliche Problem – die Verdrängung der Clubs – nicht zu fassen bekommen?
Und so bekamen die Grünen an diesem 14. Dezember in der Ratsversammlung zwar einige Kritik zu hören und den Vorwurf, solche Anträge nur aus Wahlkampfgründen zu schreiben. Aber die Sorge um die Leipziger Clubszene teilen eben deutlich mehr Ratsmitglieder als nur die Grünen. Der gemeinsame Antrag von SPD und Grünen erhielt – auch in der von Thomas Kumbernuß beantragten punktweisen Abstimmung – eine klare Mehrheit.
Wobei das Gefühl bleibt, dass das am Verdrängen der Leipziger Clubkultur am Ende doch nichts ändern wird.
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