Es ist einer von den vielen Lost Places in Leipzig: der einstige Standort der Ez-Chaim-Synagoge. Am 23. Juni wird nun der gegenwärtig triste Standort der ehemaligen Ez-Chaim-Synagoge im Kolonnadenviertel wieder als Erinnerungsort sichtbar gemacht, verspricht der Leipziger Notenspur e. V. Ein großes Innenraumfoto der damals größten orthodoxen Synagoge Sachsens an der Giebelwand des benachbarten Sparkassengebäudes soll den Platz dauerhaft prägen und die Erinnerung an die Menschen, denen die Synagoge Heimat gab, befördern.
Viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben sich dafür eingesetzt, dass die jüdischen Menschen, die in der Synagoge ein und aus gingen und dann vertrieben wurden, nicht dem Vergessen anheimfallen. Seit 20 Jahren bemühen sich der Bürgerverein Kolonnadenviertel und die Leipziger Notenspur um diesen Ort als Gedenkort.
Unbekannte zerstörten den zwischenzeitlich aufgestellten Schaukasten und mehrere Erinnerungstafeln. Der Leipziger Notenbogen als Folgeprojekt der Notenspur-Route, auf dem der Standort der Ez-Chaim-Synagoge eine der jüdischen Stationen ist, wartet seit 10 Jahren auf seine Realisierung.
Im Zusammenhang mit dem 100-jährigen Weihe-Jubiläum der Synagoge vor einem Jahr ist endlich wieder Bewegung in die Wiedergewinnung des Ortes als Erinnerungsstätte gekommen. Durch eine Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und mit Unterstützung der Sparkasse Leipzig kann der Notenspur-Verein nun das vandalismusgeschützte Banner realisieren, das die gesamte Breite der Giebelwand einnimmt.
Ein Teil Leipziger Musikgeschichte
Unter Mitwirkung des Schirmherrn, Oberbürgermeister Burkhard Jung, und weiterer Unterstützerinnen und Unterstützer von Stadt und Freistaat wird das Banner am 23. Juni eingeweiht.
Notenspur-Initiator Werner Schneider erklärt dazu: „Besonders froh bin ich darüber, dass wir die Einweihung gemeinsam mit jüdischen Menschen begehen können, die in Leipzig trotz der schrecklichen Verfolgungsgeschichte im Nationalsozialismus wieder Heimat gefunden haben. Und natürlich spielt – wie immer bei der Notenspur – Musik bei der Einweihung eine wichtige Rolle.“
Der Gesang des ehemaligen Oberkantors Wilkomirsky wird in einer Originalaufnahme aus den 1920er Jahren erklingen und die jüdische Cellistin Ayala Sivan Levi spielt auf ihrem Cello Melodien in jüdisch-orthodoxer Tradition. Das Hörspiel einer Schülergruppe des Immanuel-Kant-Gymnasiums, das sich mit der Erinnerung an die Ez-Chaim-Synagoge befasst, wird von den Schülern präsentiert und es sind Texte zu hören, die vor 100 Jahren in der Synagoge erklangen.
Die Leipzigerinnen und Leipziger sind herzlich zur Einweihung eingeladen, um zum Ausdruck zu bringen, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft keinen Platz hat und wir uns freuen, dass es wieder jüdisches Leben in Leipzig gibt.
Termin: Freitag, 23. Juni, 13 Uhr am Parkplatz Apels Garten 4 (hinter Norma, Otto-Schill-Straße)
Die Geschichte der Ez-Chaim-Synagoge
Die Ez-Chaim-Synagoge wurde 1922 eingeweiht und konnte nur 16 Jahre bis zur Zerstörung in der Pogromnacht 1938 eine Stätte lebendigen jüdischen Lebens sein. Seitdem fristet der Ort ein Schattendasein als Parkplatz mit der unwirtlichen Ausstrahlung einer Betonfläche. Die Synagoge gab vor allem jüdischen Menschen innere Heimat, die vor den schon Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Pogromen im Osten Europas fliehen mussten.
Einige Jahrzehnte war Leipzig Zufluchtsort für in Europa verfolgte Juden, ehe die Nationalsozialisten die Stadt für sie zum Vertreibungsort machten. Im letzten Jahr verantwortete der Notenspur-Verein gemeinsam mit dem Bürgerverein Kolonnadenviertel eine Festwoche anlässlich des 100. Weihe-Jubiläums der ehemaligen Synagoge.
Der Leipziger Notenbogen – ein musikthematischer Stadterkundungsspaziergang westlich des Stadtzentrums – umfasst siebzehn Stationen, von denen acht eng mit jüdischer Geschichte verbunden sind. Ebenfalls in Planung ist ein Notenbogen-Soundwalk. Dafür haben Leipziger Schulen im letzten Jahr bereits Hörspiele für die Stationen mit jüdischer Thematik erstellt. Ziel des Notenspur-Vereins ist die Einweihung des Leipziger Notenbogens 2026, um ihn als Leipziger Beitrag zum sächsischen Themenjahr „Jüdisches Leben – Jüdische Kultur“ einzubringen.
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