Am Montag, 17. Oktober, haben Kulturschaffende, Kรผnstler/-innen sowie Kultureinrichtungen beim spartenรผbergreifenden Treffen โ€žAnd what about usโ€œ der Initiative Leipzig+Kultur ein Forderungspapier verabschiedet, das die Notwendigkeit der Erhรถhung des Kulturhaushaltes um mindestens 1,25 Millionen Euro im nรคchsten Doppelhaushalt fordert. Denn auch der freien Kulturszene fliegen die Energie- und Personalkosten um die Ohren.

โ€žDer Wert und die Wirksamkeit der Kultur ist besonders in Krisenzeiten nicht zu unterschรคtzen, doch Existenzen sind gefรคhrdet und die aufgebauten Strukturen drohen durch die in der Pandemie aufgebrauchten Reserven und nun folgenden immensen Kostensteigerungen zu zerbrechen. Dies gilt es zu verhindern!โ€œ, formulieren Mitstreiter der Leipzig Plus Kultur ihr Anliegen.

โ€žKultureinrichtungen, Kรผnstler/-innen-Gruppen, selbststรคndige Einzelakteur/-innen aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft mรผssen unterstรผtzt und gestรคrkt werden, sodass die lebendige und vielfรคltige Kulturlandschaft in Leipzig erhalten bleibt.โ€œ

Und so ganz nebenbei macht der Offene Brief auch darauf aufmerksam, wie sehr die Arbeit in der freien Kulturszene fรผr die dort Aktiven immer auch Selbstausbeutung ist und weit davon entfernt, einen sicheren Lebensunterhalt zu schaffen.

Leipzig baut einen guten Teil seines Ruhms als lebendige Stadt darauf auf, dass gerade in der Kulturszene viele Menschen aktiv sind, denen das Vermitteln von Kunst, Kultur und Gemeinschaft ein Lebensbedรผrfnis ist.

Ist nur die Frage: Hat eine Gesellschaft, die das wie selbstverstรคndlich hinnimmt, eigentlich ein Recht, das als normale Bringeschuld zu begreifen?

Was geht verloren, wenn Menschen aufhรถren, Kultur fรผr eine Gesellschaft zu machen, die immer hochtouriger und atemloser wird? Zwar kรถnnen Kulturschaffende jetzt mit einer spรผrbaren Anhebung der Honoraruntergrenzen rechnen. Doch wer bezahlt das, wenn das Publikum nach รผber zwei Jahren Pandemie noch zรถgert, in die Kultureinrichtungen zurรผckzukehren?

Da geht die Betriebsrechnung in immer mehr Einrichtungen nicht mehr auf. Nur dass man dort keine Schulden horten kann, sondern Insolvenz anmelden muss, wenn die finanzielle Lรผcke nicht geschlossen wird.

Rund 500.000 Euro fehlen den Betrieben der Leipziger Kulturszene allein bei den Personalkosten, weitere 500.000 durch die massiv gestiegenen Betriebskosten, insbesondere durch die teurere Energie. Was dann einen Appell an die Stadt bedingt, die Freie Szene ab 2023 mit jรคhrlich mindestens 1 Million Euro mehr zu unterstรผtzen.

Und die Autoren des Offenen Briefes fordern zusรคtzlich die Einrichtung eines Stipendienprogramms, mit dem gerade selbststรคndige Kulturschaffende jรคhrlich mit 250.000 Euro unterstรผtzt werden kรถnnen.

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Offener Brief fรผr den Erhalt der Leipziger Freien Kulturszene

Wir alle wissen, wir stehen vor groรŸen Herausforderungen. Die Kriegssituation in der Ukraine hat eine Steigerung der Energiekosten hervorgerufen, die fรผr Viele nicht verkraftbar sein wird und die Kommunen, Unternehmen und Privathaushalte vor eine ungewisse Zukunft stellt.

Daneben hat die Corona-Pandemie in den vergangenen zwei Jahren bereits groรŸe Verรคnderungen hervorgerufen und Reserven aufgezehrt. Dies ist auch in der Kultur so. Gleichzeitig trifft die Abwanderung der Fachkrรคfte in andere โ€žsichereโ€œ Branchen, die Kultur- und Veranstaltungsszene ebenso wie die Gastronomie.

Die Kostensteigerungen, der Fachkrรคftemangel und die Unsicherheit fรผr die Zukunft teilt die Kultur mit allen anderen gesellschaftlichen Bereichen. Aus diesem Grund wenden wir uns an die ร–ffentlichkeit mit dem Appell, die Kultur bei allen Debatten um warme Schulen, Hilfspakete fรผr Unternehmen oder Gaspreisdeckel nicht zu vergessen, sondern ebenfalls in die Rettungspakete einzuschlieรŸen.

Denn: Die Kultur ist schon immer unterfinanziert, auf gemeinnรผtzigen Strukturen basierend und kann daher solche Kostensteigerungen und Personalmangel ohne flรคchendeckenden Aderlass nicht ausgleichen, weil schlichtweg grundlegende Reserven fehlen.

Aus Umfragen in der Freien Kulturszene ist hervorgegangen, dass mit ca. 500.000 โ‚ฌ Betriebskostensteigerungen und ca. 500.000 โ‚ฌ Kostenerhรถhungen im Personal- und Honorarbereich, u. a. durch Anpassungen im Mindestlohn und Honoraruntergrenzen, zu rechnen ist.

Wir fordern daher eine Unterstรผtzung der Leipziger freien Szene mit 1 Million Euro, die dazu dienen soll, die Steigerungen der Kosten auszugleichen und aufgebaute Strukturen zu festigen, sodass unsere vielfรคltige, lebendige freie Kulturszene in Leipzig, die die Stadt so sehr prรคgt und viele Menschen von auรŸerhalb anzieht, erhalten bleibt.

Darรผber hinaus sollen Selbststรคndige aus dem Kunst- und Kulturbereich weiterhin durch bereits bestehende Programme unterstรผtzt werden, dies betrifft insbesondere das Stipendienprogramm der Stadt Leipzig, das mit mindestens 250.000 โ‚ฌ ausgestattet sein muss.

Gerade in schwierigen Zeiten ist Kultur lebensnotwendig. Besonders die Freie Kulturszene bietet niedrigschwellige Rรคume fรผr Partizipation, Begegnung und zeigt Wege auf, nicht zu verzagen, trotz der groรŸen Schwierigkeiten hoffnungsvoll und offenzubleiben โ€“ Voraussetzungen fรผr eine freie, demokratische Gesellschaft. Gerade hier in Sachsen.

Der Sprecher:innenrat von Leipzig+Kultur

Das Forderungspapier wurde beim Treffen โ€žAnd what about usโ€œ von Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen aller Sparten der Initiative Leipzig+Kultur am 17. Oktober 2022 verabschiedet.

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