Am 11. August eröffnete das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig im Böttchergässchen die kleine Studio-Ausstellung zum 150. Geburtstag von Karl Liebknecht „Held oder Hassfigur?“. Sein Geburtshaus kann man heute noch in der Braustraße besuchen. In der Karl-Liebknecht-Straße selbst steht das Haus, in dem er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Und genau dort wird es am Samstag, 11. September, ein großes Straßenfest geben.
Der naTo e. V. veranstaltet in Kooperation mit dem Stadtgeschichtlichen Museum anlässlich Karl Liebknechts 150. Geburtstag ein Straßenfest an und auf der Karl-Liebknecht-Straße. Im Rahmen der aktuellen Studioausstellung „Held oder Hassfigur? Der Leipziger Liebknecht“ beteiligt sich das Stadtgeschichtliche Museum mit Radtouren, Informationsangeboten und interaktiven Aktionen.Karl Liebknecht lebte die ersten 20 Jahre bis zu seinem Jurastudium in Leipzig, die ersten Jahre davon in der Braustraße 11 (heute Braustraße 15). Als aber sein Vater Wilhelm Liebknecht aufgrund des Bismarckschen Sozialistengesetzes aus Leipzig ausgewiesen wurde und jenseits der Stadtgrenze in Borsdorf unterkommen musste, zog Natalie Liebknecht mit den Kindern an den Südplatz 11, die heutige Karl-Liebknecht-Straße 69. Eine Tafel am Haus erinnert daran.
Das Adressbuch gibt die ganze patriarchalische Ver-Rücktheit der Zeit zum Besten, denn da sich im Wilhelminischen Deutschland alles nach dem Familienoberhaupt definierte, steht da tatsächlich „Liebknecht’s, Whlm. Phil. Mart. Chrstn. Ldw., B. u. Schriftstellers Ehefrau“.
Natalie erscheint also nur als des Wilhelm Philipp Martin Christian Ludwig Liebknecht’s Ehefrau, der hier als Bürger und Schriftsteller firmiert. Sein Bürgerrecht hat er also – trotz Ausweisung – nicht verloren. Tatsächlich arbeitete Wilhelm Liebknecht ja vor allem als Journalist, Redakteur und Politiker.
Aber der Umzug hat noch viel mehr Facetten, denn 1881 war das Haus, in das Natalie mit den Kindern zog, nagelneu. Der Südplatz wurde gerade gestaltet und bekam in diesem Jahr seinen Namen. Und jetzt wurde auch die Pferdebahn umverlegt, die bis dahin durch die Connewitzer Chaussee (die heutige Kochstraße) fuhr – die seit 1874 so benannte Südstraße (die heutige Karl-Liebknecht-Straße) wurde zur neuen Magistrale in der Südvorstadt.
Vor dem Haus zottelten also – solange Karl noch in Leipzig wohnte – die Pferdebahnen vorüber. Elektrifiziert wurde die Strecke erst sieben Jahre nach seinem Weggang aus Leipzig. Da darf man beim Straßenfest durchaus grübeln, wie er da jeden Tag zur Schule kam, denn die Nikolaischule, wo er sein Abitur ablegte, stand ja damals in der Königstraße (der heutigen Goldschmidtstraße). Wahrscheinlich wird er zu Fuß gegangen sein. Denn für rüstige Fußgänger ist das eigentlich keine Strecke.
Und die sinnlose Hektik unserer Zeit kannte man damals sowieso noch nicht. Ganz abgesehen davon, dass die Straßen (die heute noch genauso breit sind wie damals) den Fußgängern, Radfahrern und Pferdefuhrwerken gehörten. Es war nicht absehbar, dass diese schönen breiten Straßen einmal mit riesigen Blechkisten rechts und links zugeparkt werden würden. (Mehr Informationen zur Südvorstadt findet man übrigens im Stadtteillexikon „Südvorstadt“ von Pro Leipzig.)
Es lohnt sich also – gern auch zu Fuß – sich am Samstag, 11. September, aufzumachen zum Südplatz, wo von 11 bis 19 Uhr das Straßenfest „Karl L. – ein Leipziger wird 150“ gefeiert wird. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Nur auf die Abstandsregeln wegen Corona sollte man achten.
Das Stadtgeschichtliche Museum lädt im Rahmen der Studioausstellung „Held oder Hassfigur? Der Leipziger Liebknecht“ auch noch zu zwei informativen Fahrradtouren ein.
Am Mittwoch, 15. September, und am Mittwoch, 29. September gibt es jeweils 17 Uhr „Liebknecht by bike“, eine Fahrradtour zu den Spuren der Leipziger Familie in der Südvorstadt.
„Kommen Sie mit auf eine kleine Zeitreise und erfahren Geschichten über einen der bekannten Söhne der Stadt Leipzig! Die Tour führt zu Orten Karl Liebknechts Kindheit und Jugend, auch sein späteres politisches Wirken in und auf die Stadt lernt die Gruppe bei den Zwischenstopps an Plätzen und vor den Gebäuden in der Südvorstadt kennen“, lädt das Museum ein. Treffpunkt ist die Braustraße 15, Ende der Tour das Volkshaus, Karl-Liebknecht-Straße 30.
Hinweis: Bitte bringen Sie Ihr eigenes Rad mit. Dauer: etwa 1,5 h, 5 Euro pro Person (nur Barzahlung möglich). Anzahl der Teilnehmer begrenzt (entsprechend Corona-Schutzverordnung). Anmeldung erforderlich stadtmuseum@leipzig.de oder Tel. 0341 9651340.
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