Am Samstag, 5. Juni, wurde die Carl Reinecke-Gesellschaft Leipzig gegründet. Ihr zentrales Anliegen ist die Pflege und Förderung der Musik des 1824 in Altona geborenen Komponisten und Gewandhauskapellmeister. Zudem soll Reinecke als Mensch und Künstler weiter erforscht werden, zumal er von 1860 bis 1895 mit 35 Dienstjahren bis heute am längsten als Gewandhauskapellmeister amtierte und 42 Jahre als Konservatoriumslehrer tätig war. Er starb 1910 in Leipzig.

Die Carl Reinecke-Gesellschaft organisiert außerdem Klavier- und Kammermusikveranstaltungen, fördert junge Künstler und ist im Carl Reinecke-Museum Leipzig ansässig. Das Carl Reinecke-Museum Leipzig wurde 2017 gegründet und befindet sich in der Windsheimer Straße 1 in Grünau (Siedlung). Es sammelt Material zu Carl Reinecke und seiner Zeit: persönliche Gegenstände, Literatur, Noten, die komplette Diskographie. Und es würdigt damit einen Gewandshauskapellmeister, der in der Geschichtsschreibung zur Musikstadt Leipzig meist einen schwierigen Stand hat.
Auch Hagen Kunze in seinem gerade erschienenen Buch „Gesang vom Leben“ beschreibt Reineckes schwierige Situation einerseits als Erbeverwalter des Wirkens von Felix Mendelssohn Bartholdys, andererseits als ein Kapellmeister, der sich scheinbar schwertat, die rasante Entwicklung in der Musik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachzuvollziehen.

Doris Mundus (Hrsg.): Carl Reinecke. Erlebnisse und Bekenntnisse. Foto: Ralf Julke
Doris Mundus (Hrsg.): Carl Reinecke. Erlebnisse und Bekenntnisse. Foto: Ralf Julke

Ein Urteil, das man so nicht unbedingt teilen muss. Denn oft genug musste Reinecke auch gegen den eher konservativen Musikgeschmack des Leipziger Publikums anarbeiten. Schon das 2005 von Doris Mundus herausgegebene Buch „Carl Reinecke. Erlebnisse und Bekenntnisse“ hat das seit 100 Jahren vor allem in der Kritik geprägte Bild vom Kapellmeister, der die Zeichen der Zeit nicht mehr zu deuten wusste, deutlich korrigiert. Auch Hagen Kunze bezieht sich vor allem auf die gedruckte immer wieder zitierte Kritik.

Doch die wurde schon damals nicht dem Wirken Reineckes gerecht, stellte Doris Mundus schon 2005 fest: „Reinecke war ein außerordentlicher Musiker seiner Zeit, ein ungewöhnlich begabter Pädagoge und ein guter Komponist, dazu ein gebildeter Mensch mit feinem Humor und der Gabe, seine Gedanken in wohlgesetzte Worte zu fassen.

Viele seiner Kompositionen sind zu Unrecht vergessen. Das Bild des auf einer Stufe stehengebliebenen Dirigenten, wie es ab Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts immer wieder in Kritiken auftauchte, hat spätere Publikationen und Meinungen beeinflusst, sein Bild zu sehr geprägt und dahinter den Komponisten verschwinden lasen.“

Carl Reinecke – Harpconcerto | Symfonieorkest Vlaanderen

Was übrigens in ihrer Forderung mündete, seine Kompositionen endlich wieder aufzuführen.

Denn die zeigen ihn tatsächlich auf der Höhe seiner Zeit. Auch wenn er nicht dem Dirigententyp entsprach, den sich einige Kritiker nach dem frühen Tod von Felix Mendelssohn Bartholdy immer wünschten. Dieser Anspruch lebt ja bis heute und wird schon lange nicht mehr erfüllt.

Denn Mendelssohn Bartholdy und Reinecke waren immer auf drei Gebieten parallel tätig: als Kapellmeister, als Komponisten und als Pädagogen. Und wenn das von Reinecke gesagt wird, muss man sich diesen in aller Ruhe trotzdem umtriebigen Mann vorstellen, der neben seiner Arbeit am Gewandhaus auch seine Arbeit am Konservatorium ernst nahm.

Die Nachfolger Reineckes waren in der Regel allesamt weder Komponisten noch Musiklehrer an der Hochschule, sondern schlichtweg Stardirigenten. Was der eigentliche Grund dafür ist, dass einige verbissene Kritiker so scharf gegen Reinecke schossen: Sie wollten, dass auch in Leipzig das Zeitalter der Star-Dirigenten begann. Und mit Arthur Nikisch (der in seinem Antrittskonzert auch seinen Vorgänger Reinecke würdigte) begann dieses Zeitalter und hält bis heute an.

Gründungsmitglieder der Carl Reinecke-Gesellschaft Leipzig sind Reineckes Ururenkel Stefan Schönknecht, Reinecke-Buchautorin Dr. Katrin Schmidinger und Klavierprofessor Dietmar Nawroth. Alle drei sind an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig tätig.

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