In Reflexion der Montagsdemonstrationen von 1989 entstehen im Vorfeld des 9. Oktobers insgesamt sechs Lichträume, die Montag für Montag an Plätzen entlang des Innenstadt-Rings eröffnet werden. Nach den Lichträumen 1 (Nikolaikirche), 2 (Nikolaikirchhof), 3 (Park am Schwanenteich) und 4 („Runde Ecke“/Innenhof ehem. Stasi-Zentrale) eröffnet am 30. September um 20 Uhr der fünfte Lichtraum mit szenischer Choreographie und Musik am Goerdeler-Denkmal vor dem Neuen Rathaus.
Der Lichtraum steht unter dem Motto „Jetzt oder nie – Demokratie!“. Projektpartner sind der Jugendchor der Oper Leipzig und das Jugendparlament Leipzig.
Wahrheit oder Pflicht
Freitagabend, Party Time – und plötzlich reden wir über die DDR? – Es sollte eine Überraschungsparty werden. Das Abitur ist bestanden. Die Sommernacht ist herrlich warm. Genügend Gründe, ausgelassen zu feiern! Zum letzten Mal trifft sich die Klasse, denn schon bald werden sie sich in alle Winde zerstreuen.
Plötzlich taucht eine Flaschenpost auf. Keine Schatzkarte, kein Liebesbrief, sondern ein Zeitdokument aus der ehemaligen DDR. Von diesem Moment an nimmt die Party einen anderen Verlauf … 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution ist vielen Jugendlichen dieses Ereignis im Wesentlichen nur aus dem Geschichtsunterricht bekannt. Was hat es bedeutet, als junger Mensch in der DDR zu leben? Was passierte mit Menschen, die sich nicht unterordneten, sondern ihre eigene Meinung äußerten?
Für junge Menschen einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft sind das Überlegungen aus einer anderen Zeit. Dennoch: Auch heute finden sich in unserer Gesellschaft Machtmissbrauch, Manipulation und Ungerechtigkeit. Diese gesellschaftspolitischen Fragen stellt der Jugendchor der Oper unter der musikalischen Leitung von Maria Hinze und Sophie Bauer mit der szenischen Choreographie Wahrheit oder Pflicht.
Als Intro stellt das Jugendparlament Leipzig in einer Performance ein Statement zu „Jetzt oder nie – Demokratie!“
Es bedarf Mut und Standhaftigkeit, für seine Überzeugungen einzutreten – und es bedarf sehr viel davon, wenn es um so etwas Großes wie die Demokratie geht. Carl Friedrich Goerdeler, von 1930 bis 1937 Leipziger Oberbürgermeister, gehörte zur Stauffenberg-Gruppe, die den Widerstand und das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 vorbereitete. Am 2. Februar 1945 wurde er in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ihm zu Ehren wurde am 8. September 1999 das Goerdeler-Denkmal vor dem Neuen Rathaus eingeweiht. Der Entwurf der Anlage stammt von Jenny Holzer und Michael Glier.
Auch die Erinnerung an den Widerständler wird in Lichtraum 5 künstlerisch reflektiert.
Der sechste und letzte Lichtraum wird am Montag, 7. Oktober, um 20 Uhr eröffnet: Lichtraum 6: „Für ein offenes Land mit freien Menschen!“ – 7. Oktober 2019, 20 Uhr, neben S-Bahn-Station Wilhelm-Leuschner-Platz, später im angrenzenden Schillerpark (Lenné-Anlage).
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Eine kritische Aufarbeitung Goerdelers wäre sicherlich auch mal angesagt. Goerdeler ist mit den Stimmen der Nazis ins Amt gekommen. Goerdeler arbeitete auch als Reichskommissar für das NS-Regime. Als Nationalkonservativer freute er er sich auch über die Machtübernahme durch die Nazis.
Und ob er Widerstandskämpfer oder nur beleidigte Leberwurst war, ob er wie Stauffenberg auch nur Hitler wegputschen wollte, um das Dritte Reich weiterzuführen – wer weiß das schon genau?