Oops, ja, vergessen. Das Kulturdezernat zeigt sich reumütig. Man hatte in der Planung der Leipziger Jubiläen für das Jahr 2019 tatsächlich die Allerwichtigste vergessen: Clara, Clara Schumann, geborene Wieck, Lebensgefährtin Robert Schumanns, Tochter der Stadt, begnadete Klaviervirtuosin und Komponistin. Wie konnte man nur! In einer Vorlage des Kulturdezernats gibt es jetzt volle Zustimmung für einen Antrag von fünf Stadträtinnen.
Annette Körner und Dr. Gesine Märtens von den Grünen, Andrea Niermann aus der CDU-Fraktion, SPD-Stadträtin Katharina Schenk und Mandy Gehrt aus der Linksfraktion hatten den Antrag gestellt, Clara Schumann im Jahr ihres 200. Geburtstages unbedingt noch aufzunehmen in die Liste der von der Stadt unterstützten Jubiläen.
Bislang standen da nur: 30 Jahre Friedliche Revolution, 500 Jahre Leipziger Disputation und 100 Jahre Bauhaus, alles sehr zusammengesucht. Das Bauhaus wird in Weimar und Dessau viel substanzreicher gefeiert. Die Liste war eher ein hilfloser Versuch, irgendwelche Jubiläen zusammenzukratzen.
Inzwischen hat die Notenspur-Initiative angekündigt, den 200. Geburtstag von Clara Schumann auch so zu feiern, so, wie es mit den eigenen Mitteln möglich ist. Den Hochzeitstag von Clara und Robert zelebriert man mittlerweile ja schon fast traditionell jedes Jahr mit Ausflug nach Schönefeld.
Aber der beherzte Antrag der fünf Stadträtinnen zeigt sofortige Wirkung. Das Kulturdezernat schlägt jetzt zum Beschluss vor: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für das Jahr 2019 als Stadt aktiv das Jubiläum des 200. Geburtstags von Clara Schumann mitzugestalten und zu fördern. Dafür sollen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Mit der Aufstellung des nächsten Doppelhaushaltes wird deshalb in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen des Gesamthaushaltes geprüft, die Mittel für das Jubiläumsjahr 2019 aufzustocken.“
Und man hat auch bemerkt, dass Claras Geburtstag in eine richtige Reihe gehört: „Auf Beschluss des Stadtrates begann die Stadt im Jahr 2009 mit dem 200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy eine Kette herausragender Jubiläen und Jahrestage aus ihrer Geschichte, insbesondere ihrer Musikgeschichte, zu begehen. Die dafür jährlich zur Verfügung stehende Summe beträgt derzeit 450.000 Euro.“
Und siehe da, wo man sich erst einmal an die berühmte Musikerin erinnert, da stellt auch das Kulturdezernat fest, was man an dieser Frau eigentlich hat in dieser Stadt:
„200. Geburtstag Clara Schumann
Clara Schumann hat sich mit ihrem Können in die Musikgeschichte eingeschrieben. Gleichzeitig ist ihre Biografie von großer Bedeutung für die Geschichte der Gleichberechtigung der Geschlechter. Im Jahr 2019 wird auch die in Leipzig tätige Frauenrechtlerin Luise Otto-Peters ihren 200. Geburtstag haben.
Clara Schumann, geborene Wieck (Leipzig 13.09.1819 – Frankfurt/Main 20.05.1896), gilt als die herausragende Künstlerin des 19. Jahrhunderts. Sie startete ihre ungewöhnliche Karriere als pianistisches ‚Wunderkind‘ und stand sechs Jahrzehnte lang auf den Konzertpodien ganz Europas. Zu ihren Auftrittsorten zählen Paris, Wien, St. Petersburg, Moskau, Prag, Amsterdam, Zürich und alle bedeutenden Städte Deutschlands sowie viele weitere Städte in Europa, u. a. Leipzigs heutige Partnerstädte Lyon, Birmingham und Brünn. Neben der signifikanten Verbreitung der Werke ihres Mannes Robert Schumann galt sie als die Beethoven-Interpretin ihrer Zeit. Nach fast 60 Jahren intensiver Konzerttätigkeit gab Clara Schumann am 07.03.1889 ihr letztes Konzert – im Leipziger Gewandhaus.
Doch Clara Wieck-Schumann erfüllte weit mehr Rollen: Sie war ihre eigene Konzertmanagerin, Komponistin, Ehefrau des Komponisten Robert Schumann, brachte acht Kinder zur Welt, von denen sieben erwachsen wurden. Sie war Freundin, Ratgeberin und geschätzte Kollegin berühmter anderer Musikerinnen und Musiker, Klavierpädagogin und Herausgeberin der Werke ihres verstorbenen Mannes. Clara Schumann war aufgrund der Entwicklung ihres Berufslebens eine singuläre Erscheinung des 19. Jahrhunderts und hat eine bis dahin nicht gekannte Emanzipation vorgelebt – trotz der Hemmnisse ihrer Zeit.
Clara und Robert Schumann gelten noch heute als eines der bedeutendsten Künstlerpaare überhaupt. Ihre Ehe kann aufgrund der damals vorherrschenden Ansichten als großes Experiment einer emanzipatorischen Schaffensgemeinschaft angesehen werden. Als herausragende Interpretin am Klavier brauchte Robert Schumann seine Frau, um seine Werke der Öffentlichkeit vorstellen zu können. Darüber hinaus trug Clara Schumann nicht unwesentlich zum Unterhalt der gesamten Familie bei, was in der damaligen Zeit äußerst ungewöhnlich war. Auch als Komponist und Komponistin gingen sie gemeinsame Wege. Bestes Beispiel ist der Liedzyklus ‚Liebesfrühling‘ op. 37, den beide 1841 in der Inselstraße schrieben und bei Breitkopf & Härtel herausbrachten.
Clara Schumann ist auch als eigenständige Komponistin bekannt, ihre Werke sind weitgehend ediert und auf Tonträgern aufgenommen. Sie ist die einzige Musikerin, zu der es inzwischen eine ernstzunehmende Forschung gibt.
Um auf die wichtige Rolle der Musikerin Clara Schumann aufmerksam zu machen, hat sich in Leipzig ein Unterstützernetzwerk aus freien und öffentlichen Trägern gebildet, die Aktivitäten für das Jubiläumsjahr vorbereiten.“
Und da man gerade beim Wiederentdecken ist, entdeckt man auch den in der Inselstraße emsig tätigen Schumann-Verein Leipzig e. V. wieder, der längst ernsthafte Ideen für das Jahr 2019 hat:
„Bis zum Jubiläumsjahr 2019 sind weitere besondere Aktivitäten des Vereins geplant, um schon frühzeitig auf dieses Ereignis in zwei Jahren aufmerksam zu machen.
Neben der Schumann-Festwoche, die 2019 ganz im Zeichen dieses Jubiläums steht und den Arbeitstitel ‚Schaffensgemeinschaft‘ trägt, sind auch Konzerte für Clara Schumann mit Leipziger Künstlern, ein Projekt mit Litauen (die baltischen Staaten bereiste Clara Schumann während ihrer Konzertreise nach St. Petersburg), pädagogische Projekte und eine wissenschaftliche Tagung zum Thema ‚Clara Schumann‘ in diesem Jubiläumsjahr geplant. Den Höhepunkt wird ein großes Fest mit zahlreichen Partnern bilden. Der Notenspur-Förderverein e. V. und viele weitere Leipziger Vereine werden dieses Fest ebenso mitgestalten wie die Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung, das Gewandhaus zu Leipzig, die Hochschule für Musik und Theater ‚Felix Mendelssohn Bartholdy‘ Leipzig, die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH sowie beteiligte Institutionen des Schumann-Netzwerkes.
Besonderes Augenmerk gilt der Neugestaltung des Museums im Jahr 2019, um der Schaffensgemeinschaft von Robert und Clara Schumann als gleichberechtigte Darstellung dieser beiden Persönlichkeiten noch besser gerecht werden zu können.”
Jetzt geht es noch um das Einwerben der benötigten Gelder für das Jubiläumsjahr: „Mit der Aufstellung des nächsten Doppelhaushaltes wird in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen des Gesamthaushaltes geprüft, die Mittel für das Jubiläumsjahr 2019 aufzustocken, um auch das Clara-Schumann-Jubiläum angemessen unterstützen zu können. Darüber hinaus hat das Dezernat Kultur den Kontakt mit dem Schumann-Netzwerk aufgenommen, um Bundesmittel für das Jubiläumsjahr zu akquirieren.“
Die komplette Vorlage des Kulturdezernats.
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