Endlich hat er seine eigene Wirkungsstätte, ob nun Paulinum oder Uni-Kirche genannt. Universitätsorganist Daniel Beilschmidt präsentiert erfreut seine Orgel - zusammen mit der Orgelbaufirma, der Stiftung Universitätskirche St. Pauli und der Beschaffungsabteilung der Universität.
Es ist noch nicht die große Orgel auf der Chorempore, sondern zunächst die Schwalbennestorgel hoch oben im sogenannten Andachtsraum vor bzw. hinter der Glaswand. Sie ist acht Meter hoch und drei Meter breit. Noch schauen sich die Orgelbauer und die Fußbodenleger durch eine Glasscheibe bei der Arbeit zu, denn noch ist alles Baustelle. Zu der – o Gott – niemand einen Einweihungstermin zu nennen wagt … Was nicht Schuld der Orgelbaufirma sein soll.
Unerhörte Orgel
Aber ab Ende März wird er sie zum Klingen bringen. Wenn die Schweizer Orgelbaufirma Metzler, die nach internationaler Ausschreibung den Auftrag erhalten hat, mit der Intonation fertig ist. Und dann wird Daniel Beilschmidts Orgel eine unerhörte Orgel sein! Vor der Einweihung des Paulinums wird sich das auch nicht ändern. Aber zumindest Fachleute, Organisten, Orgelbaufirmen will er schon mal ranlassen, hat er versichert.
Unten stehen Kisten, noch verpackte aber schon sortierte Pfeifen aus einer Zinn-Blei-Legierung vor dem mit einer Plastikplane verhangenen Paulineraltar. Journalisten krabbeln die Baugerüsttreppe hinauf und schauen ins Eichenholz-Orgelgehäuse und auf die ersten Prospektpfeifen. Dienstagmittag saß noch ein Fotograf hinter den Prospektpfeifen und guckte aus dem Orgelinneren über die beiden Manuale Daniel Beilschmidt in die Augen.
Eine neue Renaissance-Orgel
Universitätsorganist Beilschmidt ist Geduld gewöhnt und hat auch schon mal, natürlich in einer anderen Leipziger Kirche, jenes Opus von John Cage ertönen lassen, das man so langsam wie nur möglich spielen soll. Eine Viertelstunde war ihm aber dann doch genug.
Nun erzählte er von der Absicht, eine Renaissanceorgel zu bauen, wie sie für die Kirche des damaligen Dominikanerklosters von Michael Praetorius im Jahr 1528 beschrieben worden ist. Das ist für Leipzig und Umgebung etwas Besonderes: „Die nächste Renaissanceorgel steht in Pomßen! Zwar im 17. Jahrhundert gebaut, aber sehr rückwärts gewandt!“
725 Pfeifen in 9 Registern, später mehr
Walter Christian Steinbach vertrat die Stiftung Universitätskirche St. Pauli, zog einen Zettel aus dem Mantel, weil er es bei Zahlen genau nimmt: 353.000 Euro sind verbaut worden, 235.000 Euro hat die Stiftung dafür eingesammelt. Zunächst werden neun Register eingebaut, allesamt 725 Orgelpfeifen. 11 weitere Register sind geplant und zum späteren Einbau vorgesehen. Konzipiert ist sie von Anfang so, und kalkuliert mit 500.000 Euro.
Die Registerzüge kann Daniel Beilschmidt schon bedienen, doch an der Stelle der Organistenbank steht nur eine Holzkiste.
Walter Christian Steinbach erinnerte an die Veränderungen am Bauprojekt des Gesamtgebäudes. Von einer „Gebetsstube“ spricht er, die nur zweieinhalb Joche des Gewölbes groß geworden wäre. Nun sind es, nach Steinbachs Diskussion mit dem Architekten Erik van Eggerat fast vier Joche geworden, das schaffte Platz für eine Chororgel. Denn die vorgesehene Hauptorgel wäre jenseits der immerhin auf- und zuschiebbaren Glasscheiben im Aula-Raum. Dort oben gibt es nun zwar noch keine Orgel, aber schon eine breitere Empore für die Kirchenmusik, als sie einmal vorgesehen war.
Verschlossene Türen, markierte Fluchtwege
Vorerst sind die Türen des Paulinums noch verschlossen. Brandmeldeanlagen und Fluchtwegschilder gibt es schon, auch eine Kugel unter Plastiktüte, die eine Eingangsüberwachsungskamera sein könnte.
In ein paar Wochen wird man dann von draußen schon Daniel Beilschmidt drinnen für sich ganz allein Orgel spielen hören. Das wird anders sein, wenn Leipzig 2039 den 500. Jahrestag der Reformation feiert. Und 2045 das 500. Jubiläum der Einweihung der Paulinerkirche als Universitätskirche mit einer Predigt von Martin Luther. So lange geht dann auch die Luther-Dekade in Leipzig.
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