Die literarische Szene Leipzigs ist vielfältig und interessant und überraschend und hin- und herziehend. So kommt es, dass man sich auch füreinander interessiert und miteinander redet. Und man freut sich, sich untereinander zu treffen. Selbst mit Polizeieinsatzfahrzeugen im Rücken. Volly Tanner begegnete Mariann, während eines ganz normalen Leipziger Nachmittags.
Liebe Mari Ann – so nennst Du Dich ja in den unendlichen Weiten des Netzes – ich freue mich, Dich hier zu sehen, während hinter Dir die Polizei wartet. Darum soll es aber gar nicht gehen, sondern: Du bist jetzt Moderatora der Stubenreim-Bühne im Plan b. Glückwunsch. Wen hast Du denn aus dem Rennen gekegelt? Und vor allem wie und warum?
Zum Glück musste ich nicht kegeln. Darin bin ich nämlich gar nicht mal so gut. Mein Vorgänger war Peter Thiers, der letztes Jahr zum Studieren nach Hamburg gegangen ist. Da ist dann ein Plätzchen frei geworden. Ich wurde von den beiden Moderatoren Max Beckmann und Linn Penelope Micklitz gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Diesen zwei wunderbaren Menschen konnte ich natürlich nicht absagen und Lust hatte ich auch darauf. Das Format ist toll und bietet vor allem den Neulingen in der Literatur- und Musikszene eine Möglichkeit sich auszuprobieren. Dadurch ist jeder Abend anders schön.
Du gehörst doch auch zum inneren Kreis der Fettliebe-Publikation. Was ist dies denn genau? Ein Magazin für Bockwurstmenschen? Ein Todsünden-Fanzine? Worum geht’s und was soll das und warum unter diesem Namen?
Zum inneren Kreis gehöre ich nicht, aber mein Moderatorenkollege Max Beckmann, mit dem ich damals die Radikale Literatur Fraktion gegründet habe. Er bringt dies wundervoll absurde Magazin zu allen möglichen Literaturveranstaltungen mit und man kann es für einen kleinen Obolus erstehen, wenn man gewillt ist, sich mit ein bisschen skurriler Untergrundliteratur auseinanderzusetzen. Da ist von Lyrik und Prosa über Trash-Sonette bis hin zu Fragmenten alles dabei. Wer Lust hat, kann den Jungs auch seine eigenen Texte schicken und wenn einem die Redaktion wohlgesonnen ist, findet man sich im nächsten Heft wieder. Die sind auch immer auf der Suche nach Neulingen. Warum das Ding Fettliebe heißt, musst du sie selbst fragen. Vielleicht stehen sie einfach auf umfangreiche Sachen.
Und Deine eigene literarische Karriere? Bleibt da Zeit? Wie läuft’s? Wann kommen die großen Verträge mit Heyne und Co?
Das Wort “Karriere” klingt immer so nach einem Plan. Den hätte ich gerne, gerade was das Schreiben angeht, aber da bin ich raus. Momentan schreibe ich wieder mehr, vor allem Lyrik und dann auch an einem längeren Text. Allein darüber bin ich schon froh, weil alles andere ja auch Zeit in Anspruch nimmt, beispielsweise die Arbeit oder das Privatleben. So kommt es auch mal zu längeren Pausen. Ich muss wirklich Muße haben und wenn die nicht da ist, dann wird es auch nichts. Ich glaube, da spreche ich einigen meiner Kollegen aus der Seele. Natürlich wäre es schön auch mal wieder was zu veröffentlichen, aber das dauert noch. Wie gesagt, arbeite ich gerade an einer längeren Sache und das braucht noch etwas Zeit. Da müssen Heyne und Co noch warten.
Du hast Dich ja auch eine ganze Zeit außerstädtisch, ja außerleipzigerisch, getummelt. Was hat Dich zurück getrieben? Was ist unsere Stadt für Dich?
So sentimental es auch klingen mag, aber ich fühle mich hier einfach pudelwohl. Das Gefühl hatte ich bei keiner Stadt vorher so sehr wie bei Leipzig. Ich bin der Liebe wegen zwei Jahre nach Berlin gegangen und es war definitiv eine Erfahrung wert. Gerade literarisch konnte ich viel mitnehmen, habe viele tolle Menschen kennengelernt und durfte unter anderem bei den Lesebühnen “Brauseboys”, “Heim und Welt” und “Chaussee der Enthusiasten” auftreten. Da konnte ich dann auch und mit Leuten wie Kirsten Fuchs sprechen, die ich schon allein wegen ihrer Texte in “Das Magazin” sehr schätze. Es war jedoch auch alles immer sehr groß und anonym und manchmal auch affektiert. Als Mädchen vom Land sehnte ich mich doch nach ein bisschen mehr Grünfläche und einer entspannteren Umgebung. Leipzig gibt mir mit seiner Natur, die die gesamte Stadt durchzieht und seinen Einwohnern, die irgendwie immer was grob Herzliches an sich haben, genau das. Es ist eine Stadt, in der gerade viel passiert, egal ob auf politischer, kreativer oder demografischer Ebene, aber irgendwie komme ich hier immer zur Ruhe und kann auftanken- selbst mit Polizeiauto im Rücken. Ich kann es gar nicht richtig erklären, aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die Chance höher ist, Leuten wie dir begegnen zu können und kurz über alles Schöne und Schlechte zu schwatzen, wer weiß. Ach ja, ein Dank sei an der Stelle kurz an meine Liebe gerichtet, die mit zurückgekommen ist.
Wann sind denn die nächsten Stubenreime – und kannst Du schon etwas zu den Auftretenden verraten?
Der nächste Stubenreim findet am 11. Februar um 20 Uhr im plan b statt. Die Gästeliste ist noch geheim. Ich empfehle zu kommen, denn es wird auch dieses Mal sehr unterhaltsam. Am 11. März wird es nicht weniger spannend. Da wird es eine Symbiose der Moderatoren des Stubenreims mit den wunderbaren Literaten der Schkeuditzer Kreuz Lesebühne geben und wir machen anlässlich der Buchmesse gemeinsam eine Super-Duper-Kracher-Literaturshow. Das wird großartig. Die beiden Daten weisen ja gewisse Ähnlichkeiten auf, was eine Verinnerlichung einfach machen sollte. Ich freue mich über jeden der kommt und vor allem über alle, die danach auch den Schritt auf die Bühne wagen.
Danke für Deine Antworten. Und jetzt lass Dich knuddeln.
Danke, dass ich antworten durfte und sei herzlichst zurückgeknuddelt!
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