Man macht sich nicht über die Geschäftsmodelle anderer Leute lustig. Besonders, wenn sie damit erfolgreich sind. So wie der Verlag Droemer Knaur, der mit ganzen Buchreihen der Historischen Fiktion die Leser beglückt. Das ist nichts Negatives: Es gibt viele Leser, die flüchten sich mit Wonne in diese historischen Welten. Erst recht, wenn es herzergreifende Geschichten sind wie die des Münchner Autoren-Paars Iny Lorentz um die "Wanderhure".
Nichts Anderes hat Julius Fischer in seinem Kurzgeschichtenband “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure” in einem Text aufs Korn genommen. Dass er diese Art fiktionaler Historienliteratur nicht mag, ist sein gutes Recht. Andere Leute mögen keine Professorenromane oder Blondinenbücher.
Der Unterschied ist nur: Der Verlag Droemer Knaur sieht das Problem nicht in der satirischen Kritik am Produkt “Wanderhure”, sondern störte sich am Buchtitel und zog vor Gericht mit der Behauptung, der Satireband von Julius Fischer könnte mit den “Wanderhure”-Originalen verwechselt werden.
Also hatte der Verlag gegen den Titel “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure” von Voland & Quist am 27. März 2014 eine einstweilige Verfügung erwirkt, welche den Vertrieb nach Abverkauf der ersten Auflage untersagt. Voland & Quist hatte Berufung vor dem OLG Düsseldorf eingelegt und zur Finanzierung erfolgreich eine Crowdfunding-Kampagne durchgeführt. Die Berufungsverhandlung findet nun am 5. August 2014 statt.
Aber wie wird das OLG nun damit umgehen?
Welchen Spagat das Landgericht Düsseldorf machte, beschreibt Voland & Quist so: “Julius Fischers satirischer Kurzgeschichtenband ‘Die schönsten Wanderwege der Wanderhure’ setzt sich in persiflierender Weise unter anderem mit der aggressiven 360-Grad-Vermarktung von Bestsellern wie den ‘Wanderhuren’-Titeln aus dem Verlag Droemer Knaur auseinander.’Das Landgericht Düsseldorf erkannte, dass es sich bei Fischers Werk um Satire handelt, diese habe jedoch in dieser Form – so die Überzeugung der Richter – nicht auf dem Titel seines Werkes stattzufinden. Denn: Die Benennung seines Werks mit dem Titel ‘Die schönsten Wanderwege der Wanderhure’ bringe die Gefahr mit sich, dass Leser der ‘Wanderhuren’- Bücher versehentlich auf der Suche nach einem Wanderführer für Wanderhuren zu Fischers Werk greifen könnten. Voland & Quist nutze damit in unzulässiger Weise den guten Ruf der ‘Wanderhure’ aus.”Das LG Düsseldorf wörtlich (Az. 37 O 6/14): “Es erscheint nicht fernliegend, dass der Verkehr, der sich nicht mit dem Inhalt des Werks beschäftigt hat, den Titel wörtlich nimmt und tatsächlich davon ausgeht, er diene der Kennzeichnung eines Werks, welches sich auf der Grundlage der bei der Antragstellerin verlegten Romane mit der Beschreibung von Wanderwegen befasse, zumal die Titelfigur der Romane als ,Wanderhure’ umherzieht.”
Voland & Quist wollte die Entscheidung nicht hinnehmen. Dem Verlag ist es gelungen, durch einen Crowdfunding-Aufruf im Internet innerhalb von wenigen Tagen über 14.000 Euro für die Durchführung des Berufungsverfahrens einzusammeln. Auf die von Voland & Quist Anfang Juni eingereichte Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat das OLG nun den Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung im Wanderhurenstreit anberaumt auf den 5. August um 14:00 Uhr beim OLG Düsseldorf (Cecilienallee 3, in Sitzungssaal A 224, 2. Etage).
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“Wir sind nach wie vor überzeugt davon, dass unser Titel nicht gegen geltendes Recht verstößt und schauen der Berufungsverhandlung vor dem OLG Düsseldorf optimistisch entgegen”, erklären die beiden Verlagsleiter von Voland & Quist, Leif Greinus und Sebastian Wolter.
“Das erstinstanzliche Urteil muss korrigiert werden, da es den Umfang der durch das Grundgesetz garantierten Kunst- und Satirefreiheit vollkommen ignoriert”, meint auch ihr Anwalt Raphael Thomas. “Dass die Käufer des Titels ,Die schönsten Wanderwege der Wanderhure’ den Kurzgeschichtenband von Julius Fischer versehentlich für einen Wanderhuren-Wanderführer halten, ist absurd. Das Gericht erkennt ja durchaus, dass es sich bei Fischers Buch um Satire handelt. Es geht allerdings davon aus, dass Satire nur heimlich zwischen den Buchdeckeln, jedoch bitte nicht in aller Öffentlichkeit auf dem Buch-Cover stattfinden dürfe. In der Presse wurde die erstinstanzliche Urteilsbegründung zum Teil selbst wiederum als ,Urteilssatire’ bezeichnet. Hoffen wir, dass das OLG das erstinstanzliche Urteil nicht als durch die Satirefreiheit gedeckt ansieht und uns so mit unseren eigenen Argumenten schlägt. Ich gehe aber davon aus, dass das OLG mehr Rechts- und Kunstverständnis besitzt als das Landgericht und das Urteil der ersten Instanz aufhebt.”
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