Seinen 15. Geburtstag feierte im November der Leipziger Literaturverlag, der 1998 noch als Erata startete. Das Buchprogramm ist über die Jahre erstaunlich gewachsen. Beeindruckend ist schon allein die "Bibliothek Ost - Südost", in der die Literaturen Ost- und Südosteuropas in einer Bandbreite erscheinen, die in deutschen Verlagen selten ist. Aber wie finanziert man so etwas?
Auch die anderen Reihen aus dem kleinen in Schleußig ansässigen Verlag haben es in sich und gehören ganz bestimmt nicht zu dem, was sich in den Großbuchhandlungen gleich am Eingang auf den Tischen stapelt – Lyrikbände, Anthologien, philosophische Bücher, anspruchsvolle Belletristik, lauter Lesestoff für Leute, die sich für Lektüre noch Zeit nehmen und auch gern zum Nachdenken dabei angeregt werden. Keine Konsum-Literatur, auch manches Sperrige und Experimentelle dabei.
Wie gesagt: Wie finanziert man das?
Der Leipziger Literaturverlag hat dazu ein ganz uraltes Instrument wieder zum Leben erweckt und auf neue Weise umgesetzt. Subskription heißt es. Auch bekannte Leipziger Verleger des klassischen Buchzeitalters haben es angewendet – immer dann zum Beispiel, wenn ein Buchprojekt die Finanzierungsmöglichkeiten des Verlages zu sprengen drohte. Zum Beispiel für Enzyklopädien. Das Buch wurde sozusagen im Abonnement hergestellt – erst wurde es einem interessierten Kreis von Literaturinteressierten vorgestellt und die Möglichkeit eröffnet, das Buch schon im Vorverkauf zu erwerben. Und wenn dann genug Bestellungen (und damit auch Gelder) eingegangen waren, wurden die Druckmaschinen angeworfen. Das Buch machte sich sozusagen schon vor dem Druck bezahlt – und der Verleger vermied die Zahlungsunfähigkeit und konnte trotzdem wichtige und ehrgeizige Buchprojekte verwirklichen.
Torsten Klemm, Geschäftsführer des Verlages, sieht in diesem Instrument auch eine Chance, das Buch in seiner Vielfalt im medial immer bunteren Zeitalter zu retten. Er geht sogar ganz forsch an die Sache. War das Buch nicht mal das Leitmedium, bevor all diese kurzlebigen Medien die Oberhand bekamen? – Kann schon sein.
“Das gedruckte Buch hat seine Rolle als Leitmedium seit langem verloren”, schreibt er. “Es muss sich gegenüber dem Internet, aber auch dem Film und der Presse behaupten. Doch das Buch verschwindet nicht. Die Auflagen werden kleiner und vielfältiger. Immer schwieriger ist es aber, das Buch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen als Kulturgut zu erhalten.”
Womit er den Finger in die Wunde legt: Denn ein einträgliches Geschäft auf kleinen Auflagen aufzubauen, ist praktisch unmöglich. Trotz digitaler Satz- und Herstellungstechnik fressen allein die Herstellungskosten schon die möglichen Abverkaufseinnahmen. Aber jetzt einfach all diese mutigen literarischen Arbeiten, die niemals die Millionenauflagen von Krimis, historischen und Horror-Romanen erreichen, nicht mehr zu verlegen, erzeugt nicht nur Torsten Klemm ein mulmiges Gefühl. Gerade für die anspruchsvollen Stoffe möchte man doch ein richtiges Buch in Händen halten.
“Wir betrachten das Buch als Ausdruck des ungebrochenen Werkverlangens des Autors”, betont er. “Es trotzt aller postmodernen Dekonstruktion, bleibt unbefriedigt durch eBooks und fühlt sich in der Gestaltungshöhe herausgefordert von den neuen Medien.”Und so hat der Leipziger Literaturverlag die gute alte Subskription wieder für sich entdeckt, die sich nur ein ganz klein wenig von dem unterscheidet, was man heute so gern Crowdfunding nennt. Es funktioniert auch ganz ähnlich.
Eine eigene Website hat das Projekt jetzt auch innerhalb des kleinen Kosmos Leipziger Literaturverlag: krautbuch.de – was dann natürlich lautlich ein bisschen an Crowdfunding erinnert, obwohl Crowd als Menge zu übersetzen ist. Während das Kraut natürlich eher bodenständiges Wachstum denken lässt, Wurzelwerk und nahrhafte Zutat aus dem Garten des Geistes.
Mit dieser Initiative, so Klemm, soll jeder, der Bücher und ihre Inhalte mag, die Entstehung ausgewählter Buchprojekte fördern können, indem sie oder er Bücher vorbestellt oder für Buchprojekte spendet. Und jeder kann sich sein Projekt auswählen: “Werden Sie Buchförderer – mit einem Beitrag Ihrer Wahl!”
Jüngstes Projekt, das auf diese Weise verwirklicht werden konnte, war der Gedicht- und Prosaband von Bella Achmadulina “Viele Hunde und der Hund”.
Natürlich bekommen die Spender ab einem Mindestbetrag auch ihr Buch. Mit 5 Euro zwar noch nicht, so preiswert lässt sich das nicht machen. Da bekommt man drei Postkarten als Buchförderer. Aber ab 20 Euro bekommt man schon ein Exemplar, ab 50 Euro zwei Exemplare, ab 100 Euro drei – samt einer Signatur des Autors. Und mit über 100 Euro erscheint man dann auch im Impressum des Buches.
Aktuell sammelt krautbuch.de für die neuen Buchprojekte von Sascha Heße und Peter Gehrisch. Ganz neu in der Subskription ist der Gedichtband “Im Steinwald” von Verica Tri?kovi?. Auf krautbuch.de kann man sich informieren, was hinter den Projekten steckt. Und man findet dort auch die Liste mit den schon verwirklichten Buchprojekten – von Bella Achmadulina bis Jovan Zivlak.
Und Autoren, die ein engagiertes Belletristikprojekt veröffentlichungsreif haben, können sich natürlich bewerben. Was nicht bedeutet, dass auch jede Bewerbung in die Kraut-Finanzierung geht. Torsten Klemm in der Erläuterung für Autoren: “Wir wählen nach strengen Qualitätsmerkmalen aus, welches Projekt aus Sicht des Lektorats Buchförderung erhalten sollte. Wenn Ihr Vorschlag in die engere Wahl kommt, fordern wir weitere Unterlagen an. Im Erfolgsfall erhalten Sie einen Vertrag. Wir nehmen jede Einreichung zur Kenntnis, auch wenn wir uns bei Ihnen nicht sofort melden. Pro Halbjahr werden drei, maximal vier Manuskripte für die Buchförderung zugelassen.”
Direkt zu Krautbuch: www.krautbuch.de
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