Nach der coronabedingten Pause im vergangenen Jahr ist das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, kurz DOK Leipzig, zurück in den Kinosälen. Neben den Vorführungen vor Ort gibt es zudem die Möglichkeit, viele Filme im Anschluss an das Festival online zu schauen. Wir werfen heute einen Blick auf drei Beiträge im Internationalen Wettbewerb. Sie handeln von einem außergewöhnlichen Frachtschiff, den Menschen in der US-amerikanischen Wüste und einem Sprung zwischen Libanon und französischem Exil.
Der Beginn des peruanischen Dokumentarfilms Veins of the Amazon ist zugleich der Beginn einer außergewöhnlichen Reise. Menschen beladen ein Frachtschiff mit Kisten, Fässern, Säcken und Käfigen, in denen Hühner wild herumflattern. Das Schiff ist anschließend auf dem Amazonas unterwegs und bringt die Waren zu abgelegenen Städten und Dörfern. Dort, wo das Schiff anlegt, kommen neue Menschen und neue Waren an Bord.
Harte Arbeit und kurze Monologe
Die Brüder Álvaro und Diego Sarmiento und die Anthropologin Terje Toomistu zeigen Passagiere, den Fluss und den angrenzenden Regenwald in zumeist statischen Einstellungen. Sie zeigen harte Arbeit, erzählen tragische Geschichten und lassen in kurzen Monologen Einblick in das Innenleben der Reisenden gewähren. Entstanden ist dabei ein faszinierender, niemals langweiliger Film.Ein solches Fazit ließe sich auch zu The Great Basin von Chivas DeVinck ziehen. Im Fokus dieser Dokumentation steht eine Kleinstadt in der Wüste Nevadas. Wenngleich der Film ähnlich interessant wie „Veins of the Amazon“ geraten ist, ist der Ansatz doch ein komplett anderer: Es ist nicht mehr oder weniger dem Zufall überlassen, was vor die Kamera kommt, sondern der Regisseur begibt sich aktiv auf die Suche.
Konservative mit Herz
Dabei landet er unter anderem in einer Höhle, in einer Gemeinderatssitzung, in der über Bäume und Hunde geredet wird, in einem Bordell und generell bei Menschen mit teils sehr konservativen Ansichten, aber einem – so wirkt es zumindest – guten Herz. Das Zusammenleben der Gemeinde gestaltet sich friedlich; man hält zusammen, wenn es beispielsweise um den geplanten Bau einer Pipeline geht.
Interessant werden die Beobachtungen auch dadurch, dass sie zu Beginn der Coronakrise stattfinden. Die Menschen reden darüber, aber auch über Religion oder die Diskriminierung von Ureinwohnern. Nach den anderthalb Stunden hat man das Gefühl, die Menschen in dieser Stadt kennengelernt zu haben, und genau darum soll es wohl gehen.
Geographisch weit weg von diesen beiden Filmen spielt Conversations with Siro. Die aus dem Libanon nach Frankreich ausgewanderte Regisseurin Dima El-Horr legt darin Aufnahmen, die sie noch im Libanon von ihrer Freundin Sirvat Fazlian gedreht hat, und Telefonate zwischen den beiden Frauen, die später entstanden sind, übereinander. Die zahlreichen Krisen im Libanon standen einem Heimatbesuch zuletzt im Wege.
Belangloses dominiert
Es mag einleuchten, dass die Situation für die beiden Frauen herausfordernd ist. Warum die Regisseurin glaubt, dass das Gezeigte für Außenstehende interessant sein könnte, erschließt sich aber nicht. Die Telefonate und Gespräche handeln meist von Belanglosem wie dem Wetter und ihre Freundin ist in der Regel bei Tätigkeiten wie Kochen, Singen und Autofahren zu sehen. Da gehört es schon zu den aufregendsten Momenten des Films, wenn Sirvat einen Handyladen aufsucht.
Das mag vielleicht etwas hart formuliert sein, aber im Prinzip hat Dima El-Horr hier ein paar private Telefonate aufgezeichnet und mit Videomaterial zusammengeführt, das sich von Amateur-Familienaufnahmen kaum unterscheidet. Irgendeine künstlerisch herausragende Idee ist nicht zu erkennen.
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