Als angeblich erstes Filmfestival der Welt hatte sich das DOK eine Frauenquote für die Regie im Deutschen Wettbewerb auferlegt. Nun sind nicht nur in diesem Wettbewerb, sondern auch im gesamten Programm die Regisseurinnen in der Überzahl. Die Organisatoren freuen sich zudem über prominente Namen zum Auftakt: Der diesjährige Eröffnungsfilm kommt von Werner Herzog und porträtiert Michail Gorbatschow, den letzten Präsidenten der ehemaligen Sowjetunion.
Obwohl das 61. Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, kurz DOK, erst in zwei Wochen beginnt, dürfen sich die Organisatoren bereits jetzt über einen ersten Erfolg freuen: Die freiwillig auferlegte Frauenquote von 40 Prozent für Filme im Deutschen Wettbewerb wurde nicht nur erreicht, sondern sogar deutlich übertroffen. Sechs der neun Filme wurden von Frauen inszeniert. Im vergangenen Jahr war es lediglich einer von elf, obwohl 40 Prozent der Einreichungen von Frauen stammten.
306 Filme, 61 Weltpremieren
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag, den 16. Oktober, wies Sprecherin Julia Weigl zudem darauf hin, dass der Frauenanteil im gesamten Festivalprogramm bei über 50 Prozent liege. Von den mehr als 3.000 gesichteten Filmen werden 306 in Leipzig zu sehen sein, darunter 206 Dokumentationen und 100 Animationsfilme. Laut Weigl handelt es sich dabei um 61 Welt- und 54 Deutschlandpremieren.
„Wir sind stolz, dass schon in diesem Jahr die Hälfte der Filme von Frauen kommen“, ergänzte Festivaldirektorin Leena Pasanen. Viele andere Festivals hätten sich dieses Ziel erst für 2020 gesetzt. „Diesmal wurden auch mehr Filme von Frauen eingereicht als früher.“ Was möglicherweise Folge der Ankündigung einer Frauenquote war. Für die Auswahlkommission spielte das Geschlecht zunächst jedoch keine Rolle. In der ersten Runde des Auswahlprozesses hätten die Mitglieder keine Informationen über Regisseur beziehungsweise Regisseurin erhalten, erklärte Pasanen.
Doku über Gorbatschow
Programmatisches Highlight des diesjährigen Festivals dürfte die Europapremiere der neuen Dokumentation von Werner Herzog sein. „Meeting Gorbachev“ widmet sich dem letzten Präsidenten der ehemaligen Sowjetunion und eröffnet das 61. DOK. Mit Filmen wie „Aguirre, der Zorn Gottes“ und „Fitzcarraldo“ wurde Herzog weit über Deutschland hinaus bekannt. Die Antarktis-Dokumentation „Encounters at the End of the World“ brachte dem 78-Jährigen 2009 eine Oscar-Nominierung ein.
Festivaldirektorin Pasanen bezeichnete den Eröffnungsfilm auf der Pressekonferenz als „Scoop“ (Sensation). Speziell für Leipzig habe er historisch betrachtet eine besondere Bedeutung. „Der Film bietet einen Einblick in die letzten Tage des Kalten Krieges und den Charakter von Gorbatschow.“ Im Programm gebe es viele Werke, die sich mit dem heutigen Russland beschäftigen – häufig aus Sicht einer jungen Generation von Filmemachern.
Experimentierfreudige Filmemacher
Ralph Eue, der Vorsitzende der Auswahlkommission, benannte anschließend eine weitere Schwerpunktregion: den Balkan. Besonders die Bürgerkriege in den 90er Jahren spielten eine große Rolle. Für die Dokumentationen kündigte Eue eine „große Vielfalt an Artikulationsweisen“ an.
Es gehe immer häufiger nicht mehr nur darum, was erzählt werde, sondern auch um das Wie. Viele Filmemacher kämen mittlerweile aus anderen Zusammenhängen und hätten sich bislang nicht nur dem Medium Film gewidmet. Glaubt man diesen Worten, erwartet die Zuschauer ein Programm mit vielen filmischen Experimenten.
Das DOK-Festival startet am 29. Oktober und endet am 4. November. Bereits am 3. November findet die Preisverleihung statt. Die meisten Filme sind im Cinestar und in den Passage-Kinos zu sehen. Von Dienstag bis Samstag zeigt zudem das Polnische Institut täglich mehrere Filme kostenlos, unter anderem „Meeting Gorbachev“. Auch im Hauptbahnhof sind einige Filme gratis zu sehen.
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