Ein nicht enden wollender Mythos. Irgendwie kann man sich ihr nicht entziehen und will es auch gar nicht. Auch deswegen sahen wir uns gestern „3 Tage in Quiberon“ an, den Film über das letzte große und besondere Interview, das Romy 1981 dem „Stern“-Reporter Michael Jürgs im Beisein des Fotografen Robert Lebeck gegeben hatte: Es ist kein Film, den man glücklich verlässt. Nicht glücklich, aber vielleicht glücklich darüber, dass er einem die Gedanken auf eine Reise schickt.
Auf eine Reise in eine Zeit, in der offensichtlich noch sehr viel mehr geraucht wurde. Romy, die wir in einer luxuriösen Entziehungshotel-Szenerie in der Bretagne erleben, 42 Jahre alt, zerrissen, ihre Schönheit von zuviel Alkohol und Tabletten schon gezeichnet, aber irgendwie trotz allem unbesiegbar, fragil, müde, mit Angst um ihre Perspektive mit ihren Kindern, mit ihrem Weltschmerz an sich, raucht im Grunde ständig. Die Zigarette ist wie das Leitmotiv in diesem in kunstvollem Retro-Schwarz-Weiß gehaltenem Film. Romy hält sich an ihr fest. Es scheint das Einzige zu sein, woran sie sich festzuhalten vermag.
Marie Bäumer ist mit großem Mut das Wagnis eingegangen, Romy Schneider zu spielen. Das allein muss man schon in Betracht ziehen. Und sie macht es mit einer Wucht an Talent, das man eigentlich mit stehenden Ovationen bereits im Kino würdigen sollte. Mit einer solchen Würde empfindet sie die unverwechselbare Mimik und die mädchenhafte Stimme Romys nach, dass man vielleicht das erste Mal wirklich Sissi komplett vergisst, sondern die zarte, ambivalente und lebenskluge Frau dahinter zu sehen beginnt. Die in ihrer schwierigen Lebenssituation eben auch anstrengend war.
Unglaublich sympathisch und wunderbar daneben: Charly Hübner als Robert Lebeck, genannt Lebo, den Romy seit 1976 kannte und mit dem sie mehr verband als nur Freundschaft. Das schaffen die beiden zu vermitteln. Und man möchte ihr ein ganzes Leben eigentlich schon einen Lebo gewünscht haben. Einen warmherzigen, freundlichen Bären als Mann, der sie einfach wärmt in der Nacht. Und sie mit gütigen und verliebten Augen ansieht. Vielleicht hätte sie das gebraucht.
Natürlich hat auch die Rolle des Fotografen Ambivalenzen. Weil er die Schauspielerin in gewissem Maße benutzt. Nicht so sehr aber wie der Interviewer Michael Jürgs, von Robert Gwisdek als kaum aushaltbaren Kotzbrocken mit kalter, schnarrender Stimme gespielt, der die unglaublichsten manipulativen Fragen stellt. Fragen, die ihm nicht zustehen. Fragen, die aus dem Nichts an die Schmerzgrenze preschen.
Die Presse bekommt ganz schön eines mit dem Holzhammer in diesem Film. Michael Jürgs, der echte, heute natürlich ein gereifter und erfahrenerer Mensch, geht mit der negativen Herangehensweise des Filmes an seine Person gelassen um. Er wisse, wie es wirklich war, das reiche ihm. Und hinterfragt sich. Souverän.
Ja. Dieser Film macht nicht glücklich. Aber er schafft es, neben dem immerwährenden Vergnügen, brillanten Schauspielern beim brillanten Spiel zusehen zu dürfen (noch gar nicht erwähnt: Birgit Minichmayr als Romys Freundin Hilde!), einen über den Weg nachdenken zu lassen, wie man den Mitmenschen vielleicht zukünftig noch sanfter zu sehen im Stande wäre. Zu sehen. Und zu behandeln.
Denn so viel darf man sicher sagen: Die anrührendste Frau der Filmgeschichte, die Millionen Zuschauer mit einem mit einem einzigen Augenaufschlag das ganze Übel der Welt vergessen lassen konnte, ist ein bisschen an der Härte dieser Welt zugrunde gegangen.
„Ich will anderen nicht wehtun, auch wenn mir wehgetan wurde“, ist ein Satz aus dem Film, der den Scheinwerfer auf etwas wirft, das sonst eher verlacht wird oder zumindest im Verborgenen blüht: Die innere Schönheit eines Menschen.
In „3 Tage in Quiberon“ wird sie gefeiert.
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