Die US-Präsidentenwahl ist alle vier Jahre traditionell ein Thema im Hollywoodkino. Dass sich das Horrorgenre das Sujet aufgreift, ist allerdings ungewöhnlich. James DeMonaco hat den dritten Teil seiner Purge-Reihe vor dem Hintergrund einer (fiktiven) Wahl des neuen Staatsoberhaupts angesiedelt. Das Ergebnis ist ein rasanter Thriller, der die Grenzen des Zumutbaren auslotet.
Vor drei Jahren erschien mit „The Purge“ ein blutiges Vorstadtgemetzel mit sozialkritischen Untertönen. Die Dystopie geht von der Annahme aus, dass die USA soziale Missstände dank eines alljährlichen Rituals beseitigen konnte. Die Säuberung erlaubt allen Bürgern eine Nacht lang ganz legal sämtliche Straftaten zu begehen, die normalerweise verboten sind.
Was als Psychoschocker begann, wandelte sich in der Fortsetzung „The Purge – Anarchy“ in einen satten Actionthriller, in dem sich eine Untergrundbewegung gegen das jährliche Massakrieren formiert. Im dritten Teil legt DeMonaco den Fokus auf die politische Ideologie hinter dem Gemetzel. Schon in der Anfangssequenz erfahren wir, dass die „Purge“ dem Staat dazu diene, sich von sozial Benachteiligten zu trennen, um Kosten zu sparen.
Während die führende Politikerkaste im Film so beharrlich an der Säuberung festhält wie im realen Leben manche US-Politiker an der Todesstrafe, kündigt die Senatorin Charlie Roan (Elizabeth Mitchell) an, im Falle ihrer Wahl zur Präsidentin die „Purge“ sofort abschaffen zu wollen. Die „Neuen Gründerväter“, die das Land regieren, planen deshalb, Roan mit Hilfe der „Purge“ und einem Trupp angeheuerter Profikiller auszuschalten.
Ob Roan die Nacht überlebt, sei an dieser Stelle nicht verraten. Ohnehin ist der adrenalingeladene Plot für DeMonaco nur Mittel zum Zweck. So schonungslos wie kaum ein Regisseur zuvor entlarvt der Horrorexperte den Gewaltfetisch der amerikanischen Gesellschaft als zutiefst faschistisch. Faschismus ist schließlich nichts weniger als „die schöne Seite der Gewalt“. DeMonaco übt Kritik, indem er den brutalen Leinwandexzess ästhetisch reizvoll überzeichnet.
Deswegen ist der Streifen nichts für schwache Gemüter. In farbenfrohen und zugleich zutiefst verstörenden Bildern, die sich am Plot vorbei quer durch den gesamten Film ziehen, zeigt er, welche Grausamkeiten sich Menschen wohl gegenseitig antun würden, wenn sie denn die Möglichkeit dazu hätten.
In einer Gasse enthaupten „Purger“ reihenweise Opfer mit einer Guillotine. Andere Menschen werden in weißen Kostümen an einem Baum erhängt. Wieder andere finden ihr Ende auf der Motorhaube eines Cabrios. Das Fernsehen interviewt eine Gruppe südafrikanischer Mördertouristen, die extra für die „Purge“ angereist sind. Eine Nebenfigur schießt einer Teenagerin, die wehrlos am Boden liegt, mit der Schrotflinte aus kürzester Distanz mitten ins Gesicht. Gruseliger Höhepunkt ist die Purge-Messe der faschistischen Staatsführung in einer christlichen Kirche. Und damit auch der letzte Zuschauer die politische Botschaft versteht, sind die Uniformen der bösen Auftragskiller mit rechter Symbolik übersät.
Dass die Freiwillige Selbstkontrolle den Film ab 16 Jahren freigegeben hat, grenzt an ein kleines Wunder. Möglicherweise waren die kritischen Untertöne ausschlaggebend. Wie schon beide Vorgänger, kann der Film als überspitzte Kritik am amerikanischen Establishment verstanden werden. Die Republikaner, die Waffenlobby, das marode Sozialwesen – alle bekommen sie ihr Fett weg. Mit ein Grund für die starken Einspielergebnisse der Low-Budget-Reihe in den Vereinigten Staaten. Ob der Thriller, der zweifelsfrei zu den Highlights des Kinosommers zählt, hierzulande an die Kassenerfolge der beiden vorangegangenen Teile anknüpfen kann, wird sich ab Donnerstag zeigen.
The Purge: Election Year; USA 2016, Regie: James DeMonaco, Darsteller: Frank Grillo, Elizabeth Mitchell, Mykelti Williamson, 105 Min., FSK 16.
Filmstart ist der 15. September, zu sehen im CineStar, Cineplex und Regina Palast.
Offizielle Seite zum Film: https://www.universalpictures.at/thepurgeelectionyear
Offizieller Trailer
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