Mit der größten Premiere der Festivalgeschichte startete das DOK Leipzig in die 58. Ausgabe. Sowohl im größten Kinosaal als auch in einem zweiten Kino, in das übertragen wurde, waren alle Plätze vergeben. Zeitgleich lief der Eröffnungsfilm „Alles andere zeigt die Zeit“ von Andreas Voigt auch in der Osthalle des Hauptbahnhofes. „Ich bin völlig begeistert, dass diesen Film schon einmal so viele Menschen sehen“, so der Filmemacher beim anschließenden Filmgespräch.
Für dieses musste er zwischenzeitlich aus dem Cinestar hinüber in den Hauptbahnhof laufen und für das Gespräch im Kino wieder zurück. Denn mit leichtem Versatz lief der Film eben doch an beiden Veranstaltungsorten. Dies war aber von vornherein klar, da bei der offiziellen Eröffnung noch einige Begrüßungsworte gesprochen wurden. Im Hauptbahnhof waren die 200 Stühle und noch einmal geschätzte 250 Plätze auf den Stufen hinauf zur Gleisebene schon länger vor Beginn belegt. Nach kurzen Tonproblemen mit dem Mikrofon und einer Anmoderation konnte es losgehen.
Voigts Film zitiert andere seiner Filme aus dem sogenannten „Leipzig-Zyklus“ den er 1986 mit seiner Abschlussarbeit an der Hochschule begann. Legendär wurde „Leipzig im Herbst“ als er 1989 den Umbruch und den Tag des Mauerfalls filmte und sofort das Material fertig schnitt um noch im November mit dem Streifen das Festival zu eröffnen. 26 Jahre später hat er immer noch Kontakt zu den damaligen Protagonisten, beziehungsweise in einem Fall zu deren Tochter, die sich einem Konflikt zu stellen hat: Der Stasi-Vergangenheit ihrer Mutter, einer damaligen LVZ-Redakteurin, die 1993 starb. Voigt erzählt nicht linear die Schicksale der Protagonisten nacheinander, sondern verwebt diese, schafft durch geschickte Umschnitte aus der Vergangenheit in die Gegenwart, die Brüche in der Persönlichkeitsentwicklung darzustellen, die es bei vielen Menschen gibt.
So wird aus Punk Isabel eine Insolvenzverwalterin, da ihr die Hilfstätigkeiten als Rechtsanwaltsfachangestellte nicht ausreichen. Auch sie selbst muss im Rückblick über sich schmunzeln und sagt: „1990 hättet ihr sicher keine 5 Pfennige auf mich gewettet.“ Der Film ist ein spannendes Zeitdokument, zu dem Voigt noch erläuterte: „Es muss einfach immer ein paar Jahre Pause sein. Es ist nicht nur schwer, die nächste Finanzierung zusammenzubekommen, wenn sich keine neuen Entwicklungen ergeben, habe ich auch nichts zu erzählen.“
Ebenfalls eröffnet wurde am Dienstagmorgen das Zeitkino im Hauptbahnhof. In der historischen Wartehalle und späterem Speisesaal werden bis zum 8. November Filme gezeigt. Bis 1992 gab es schon einmal ein Zeitkino, allerdings an anderer Stelle. Thomas Oehme, Manager der Promenaden im Hauptbahnhof begrüßte einige Schulklassen, aber auch einzelne Erwachsene. „Wir hatten eben so am besten Zeit“, sagte eine Dame. Der Saal wird sonst nur für Sonderveranstaltungen genutzt, da er nur durch davor liegende Geschäfte betreten werden kann. Eine Dauernutzung des holzgetäfelten Raumes ist somit schwierig lösbar. Ob sich das Zeitkino im Festivalprogramm etabliert, wird wohl ebenfalls die Zeit zeigen müssen.
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