Oskar Roehler hat Teile seiner Biografie als tiefgrรผndige Familiensaga inszeniert. In einem Handlungsbogen, der sich รผber drei Generationen erstreckt, liefert der Autorenfilmer ("Jud SรผรŸ - Film ohne Gewissen") eine mitreiรŸende Sozialstudie รผber die westdeutsche Gesellschaft von 1949 bis in die 1970er-Jahre. "Quellen des Lebens" erzรคhlt in drei unterhaltsamen Stunden die Geschichte von Robert Freytag und seiner Familie.

GroรŸvater Erich (Jรผrgen Vogel), einst glรผhender Nazi, kehrt 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurรผck. Schon bald wird er mit seiner Gartenzwerg-Fabrik Teil des Wirtschaftswunders. Sohn Klaus (Moritz Bleibtreu), literarisch nur mittelprรคchtig begabt, trรคumt wรคhrend des gesellschaftlichen Umbruchs der 60er-Jahre von einer Karriere als Schriftsteller.

Er verliebt sich in die hochtalentierte Gisela, die zu einer bekannten Literatin avanciert. Ihr gemeinsames Kind Robert (Ilyes Moutaoukkil/Leonard Scheicher) passt nicht in die Trรคume und Sehnsรผchte der 68er-Generation in West-Berlin. Die Eltern schicken ihren Sprรถssling auf eine lange Odyssee durch die eigene Familie und in die unterschiedlichsten Orte der Bonner Republik. Sie endet erst, als Robert als junger Mann seine Jugendliebe wiederfindet.
Roehlers Werk ist ein mutiger Film รผber die deutsche Nachkriegsgesellschaft, das Wirtschaftswunder, den sozialen Wandel in den Sechzigern und die Entwicklung alternativer Subkulturen Anfang der Siebziger. Gespickt mit autobiografischen Bezรผgen, erzรคhlt Roehler die Geschichte einer typisch westdeutschen Familie. Spรคtheimkehrer, Gartenzwerge, Hippies, Italien-Urlaub.

Der Filmemacher nimmt sein Publikum mit auf einen bunten Streifzug durch die Wessi-Gesellschaft. Fรผr Ostdeutsche bietet sein Film leider keine Aknรผpfungspunkte. Die innerdeutsche Grenze wird nur kurz am Rande thematisiert. Die groรŸe Schwรคche eines humorvollen Dramas, das vor allem Dank eines starken Ensembles รผberzeugt.

D 2013, R. Oskar Roehler, D: Jรผrgen Vogel, Moritz Bleibtreu, Lavinia Wilson, Kostja Ullmann, Meret Becker, Leonard Scheicher, Thomas Heinze, Sonja Kirchberger, Rolf Zacher, Steffen Wink, Erika Maroszรกn, Margarita Broich, 174 min, FSK 12.

Heute, 19. Juli, 20.15 Uhr, Das Erste

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar