Wer träumt nicht davon: einfach mal schweben, abheben, als wäre man eine Libelle, und dann die Welt um sich herum aus der Höhe betrachten. Leicht wie eine Feder. Aber der Mensch ist nicht zum Fliegen gemacht. Was ihn nicht daran hindert, sich etwas einfallen zu lassen, damit es trotzdem funktioniert. Sogar in der gewünschten Leichtigkeit. Die Drohnen-Piloten von twenty4pictures aus der Leipziger Trufanowstraße zeigen, wie es geht.

2013 haben sie sich auf die große Tour begeben und “Sachsens reiche Kultur aus der Luft” erkundet. Eine Ochsentour, die in Zittau beginnt und gar nicht aussieht, wie eine Ochsentour. Denn natürlich sieht alles ganz leicht aus. Denn ihre kleine Kamera-Drohne mit ihren acht Schrauben, ihr “Oktokopter” hebt ja ab als Leichtgewicht. All diese Giebel und Türme sind kein Problem. Er schwebt über Dächer und Zinnen. Und man ahnt nur beiläufig, wie die Piloten jeden Tag auf den Wetterbericht lauschten und zum Himmel schauten: Lohnt sich die Tour heute? Oder bekommen wir doch wieder graues, trübes Wetter?

Wer sich erinnert: 2013 war ein trübes Jahr. Nach einem ewigen Winter kam ein kurzer wilder Mai, der am Ende in einer Sintflut herunterprasselte und das Land zwei Wochen lang in Hochwasseralarm versetzte. Dann folgte ein kurzer, knackiger Sommer, der schon im August wieder in wolkenverhangene Himmel überging. Da waren nicht wirklich viele Tage mit “strahlend blauem Himmel”, die das Leipziger Drohnen-Team nutzen konnte. Und sie nutzten sie. 73 Minuten herrlichstes Sommerwetter fingen sie ein und zeigen Sachsen von einigen seiner schönsten Seiten.

Denn eines steht natürlich, wenn man diese fliegende Rundreise gesehen hat, auch fest: Um alle Schönheiten Sachsens so zu zeigen, braucht das Leipziger Team noch Jahre und es müsste eine ganze Bibliothek solcher Flug-Impressionen werden. Denn wo ist das Erzgebirge, das Vogtland, das Elbsandsteingebirge? Wo sind die Seen des Neuseenlandes, die Talsperren, die Felder und Mühlen und die kleinen Städte – etwa die an der Mulde?Knapp 60 Kapitel hat dieses Luftreise-Epos aus dem schönen Sachsen. Aber allein schon die drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz verschlingen viele schöne Minuten Luftfahrt. Zu recht. Wer erst einmal anfängt, sich Sachsens Städte aus der Luft zu beschauen, der merkt, was da in den vergangenen 25 Jahren an architektonischer Schönheit wiedererstanden ist. Nicht nur die Frauenkirche in Dresden. Nicht nur Burgen und Schlösser.

Leipzig allein umfasst elf Kapitel in diesem Luft-Gedicht, das mit der Thomaskirche beginnt und einem großen Schwenk aus 100 Meter Höhe über dem Markt. An manchen architektonischen Kleinoden weiden sich die Piloten geradezu, weil ihre Drohne ihnen eine Kamerafahrt ermöglicht, wie sie auch schwere Technik wie Hubschrauber, Kran oder Flugzeug nicht fertig bekommt.Im Grunde sind sie dort unterwegs, wo sonst nur Tauben, Möwen und Spatzen ihre Kreise ziehen. Sie können um Giebel und Erker herumkurven. Sie können direkt vorm Bachdenkmal aufsteigen und dann von ganz weit oben herabschauen auf den winzigen Thomaskantor auf dem Thomaskirchhof. Sie können auch immer wieder neu ansetzen und über den Naschmarkt fliegen, immer wieder auf Goethe und die Alte Börse zu – ein Schwenk nach unten, und man sieht auch den Schatten des Oktokopters übers Börsendach streifen.

Das Gerät eignet sich auch, einmal aus der Architektenperspektive zu schauen, ob die echten Neubauten der jüngsten Zeit tatsächlich so toll aussehen, wie auf den Planskizzen – das Bildermuseum etwa, die Neue Messe oder das gigantische BMW-Werk im Norden. Aus dem Süden gibt’s einen Freiflug über Belantis. Aber auch der Flughafen Leipzig / Halle mit seinen gelben DHL-Flotten kommt ins Bild. Nicht zu vergessen der steinerne Star des vergangenen Jahres, den die Filmcrew diesmal im Abendlicht umflogen hat, denn in der Mittagszeit steht der Völkerschlachts-Koloss ja bekanntlich immer im Gegenlicht. Dafür strahlt in den Abendstunden alles im Rot der Porphyrquader.

Schönes aus Leipzigs Umgebung fehlt dann natürlich. Ins Bild kommen noch Wurzen, Torgau, Colditz und das Schloss Rochlitz. Dann dreht der Flieger schon hinunter in den Regierungsbezirk Chemnitz und feiert ganz am Schluss an der Göltzschtalbrücke bei Reichenbach noch eine kleine Feier der eindrucksvollen Perspektiven. Denn dazu eignet sich ja so Manches in Sachsen, was reine und ästhetisch schöne Ingenieurkunst ist – Türme, Kirchen, Brücken (auch das “Blaue Wunder” in Dresden bekommt seine eigene Ode), oder die Komposition der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig.

Was die Drohnen-Piloten am Bundesverwaltungsgericht herumschwirren, ist eine eigene Ballade. Ist zwar ganz schrecklicher kaiserlicher Historismus – aber die Gebirge aus Stein und Säulen und Skulpturen faszinieren trotzdem immer wieder aufs Neue. Erst recht, wenn der aufsteigende Flieger dann sichtbar macht, wie sehr das Bauwerk eine Dominante in einer reichen Landschaft ist. Jede Stadt in Sachsen ist eine eigene Komposition.

Das Film-Projekt hat eine ganze Reihe wichtiger Unterstützer gehabt, sonst wäre es so schön wohl nicht auf die Beine gekommen – von der SLM bis hin zum Leipziger LTM. Es versammelt insgesamt 25 Städte und 90 Sehenswürdigkeiten. Bei – das merkt twenty4pictures so nebenbei an – allein 1.000 sächsischen Schlössern und Burgen. Und weil das alles schon eine visuelle Komposition ist, kann der Zuschauer auch noch den Soundtrack wählen – sich entweder von Sprecher Burkhard Behnke erzählen zu lassen, was man gerade sieht – oder die Luftfahrt über Sachsens schönste Dächer einfach mit Musik von Mozart, Wagner (2013 war ja bekanntlich auch Wagner-Jahr), Schumann, Bach, Vivaldi und Brahms genießen. Mit dem Ich-will-mehr-Effekt am Ende. Denn mal von der irdischen Politik abgesehen, ist Sachsen wirklich ein bezauberndes Land. Und wer’s so aus der Luft sieht, begreift, warum Sachsen nur sehr unfreiwillig fortgehen.

Und als Spaß und Dreingabe gibt es am Ende noch einige der eindrucksvollsten Stationen in Zeitrafferaufnahmen – in Leipzig zum Beispiel den Uni-Riesen, Bach und das Grassi-Museum.

DVD-VIDEO “Sachsens reiche Kultur aus der Luft”, DVD-Video inklusive HD-Video Files mit einem Bonus “Die schönsten Orte als faszinierende Zeitrafferaufnahmen”, 12,99 Euro

www.luftfotovideo.de

www.twenty4pictures.de

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