1939 entfesselte Nazi-Deutschland den Zweiten Weltkrieg. János Szászs Romandaption "Das große Heft" bringt die Gräuel, die die Zivilbevölkerung im besetzten Osteuropa erleiden musste, in beeindruckender Weise auf die Leinwand.
Nie zuvor haben die beiden dreizehnjährigen Zwillinge ihre Großmutter gesehen, bei der sie den Zweiten Weltkrieg verbringen sollen. In dem kleinen ungarischen Dorf, in dem die alte Frau in einer kümmerlichen Hütte lebt, liegt an einem Waldstück, nahe der streng bewachten Grenze. Für die Großmutter müssen die Brüder hart schuften. Sie schaffen sich ihre eigenen Moralvorstellungen, trainieren sich, raufen, betteln, stehlen und töten. Ganz so, wie es ihnen die Welt um sie herum vorlebt. Ihre Erlebnisse halten sie in einer Kladde fest.
Im Jahr 1986 veröffentlichte die ungarisch-schweizerische Schriftstellerin Ágota Kristóf (1935 – 2011) mit “Das große Heft” ein Stück Weltliteratur. Heute zählt das Werk, das in über 30 Sprachen übersetzt wurde, zu den bedeutendsten Antikriegsromanen ihrer Generation.
Der ungarische Regisseur János Szász (55) inszeniert die Vorlage behutsam als packendes Drama gegen den Krieg. Emotional wirkende, mitreißende und doch erstaunlich sachliche Bilder eröffnen eine Perspektive auf den Nazi-Terror, dessen subjektives Empfinden sich für die Nachkriegsgenerationen kaum erahnen lässt. Kameramann Christian Berger komponiert überraschend harmonisch-lebhafte Blicke auf den Schrecken, den der Krieg in der besetzten Provinz ausübt.
Die Grundidee der Erzählung ist universell. Deshalb ist der Film eine treffliche Parabel für die militärischen Auseinandersetzungen unserer Zeit. Das Notizbuch, nachdem der Roman benannt ist, taucht in animierter Form wiederholt auf. Eine intelligente Idee. Das Protokoll des Schreckens avanciert so zum filmischen Subjekt.
Szsász fand in dem eineiigen Zwillingspaar András und László Gyémánt zwei exzellente junge Darsteller für die Hauptrollen. Das Duo agiert auf der Leinwand – wie die Zwillinge im Roman – als ein handelndes Individuum. Unzertrennlich bieten sie den Kriegswirren die Stirn. Sehenswert auch das übrige Ensemble, vor allem Ulrich Thomsen als SS-Offizier und Piroska Molnár als Großmutter.
“Das große Heft” ist bestes europäisches Genre-Kino. Starke Bilder, brillante Darsteller, eine klare Message gegen Krieg und Gewalt. Was will man von einem Antikriegsfilm mehr?
Ungarn/D 2013, R: János Szász, D: András Gyémánt, László Gyémánt, Piroska Molnár, Ulrich Matthes, Ulrich Thomsen, 113 Min, FSK 12.
Filmstart ist der 7. November, zu sehen in den Passage Kinos.
Die Seite zum Film:
www.das-grosse-heft.de
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