WikiLeaks hat die Welt verändert. Die deutsch-amerikanische Co-Produktion "Inside WikiLeaks" presst die kurze, aber eindrucksvollen Geschichte der - inzwischen inaktiven - Whistleblower-Plattform in einen zweistündigen Spielfilm. Der cineastische Versuch, den Zuschauer an den Ereignissen teilhaben zu lassen, die zu spektakulären Enthüllungen, etwa amerikanischer Kriegstagebücher und diplomatischer Depeschen führten, entpuppt sich als schwergängiges Melodram.
Der Streifen fokussiert sich auf die Beziehung zwischen WikiLeaks-Begründer Julian Assange (Benedict Cumberbatch) und seinem Berliner Mitstreiter Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl). Die Männer lernen sich Ende 2007 bei einem Hacker-Kongress kennen, revolutionieren demnach erst zu zweit, später gemeinsam mit wenigen Mitstreitern unsere Wahrnehmung der Welt und gehen schließlich 2011 im Clinch auseinander. Assange flüchtet wegen Vergewaltigungsvorwürfen auf das Gelände der ecuadorianischen Botschaft in London, wo er seitdem residiert.
Inhaltliche Grundlage des Drehbuchs sind die Bücher “Inside WikiLeaks” von Domscheit-Berg und “WikiLeaks” von David Leigh und Luke Harding, beides Journalisten der britischen Zeitung “The Guardian”, die an der Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen mitwirkte.
Die filmische Aufarbeitung des Phänomens WikiLeaks scheitert. Schuld ist das Drehbuch, dass vieles verkürzt, anderes falsch darstellt. Dass etwa WikiLeaks-Server in einem schwedischen Kuhstall gelagert wurden, sorgt beim Zuschauer für Heiterkeit, entspricht laut Domscheit-Berg jedoch nicht den Tatsachen. Und mit den vielen Zahlenkolonnen, die über die Leinwand flackern, kann der Betrachter erst recht nichts anfangen.
Als Polit-Thriller überzeugt der Film dennoch. Bill Condon (58), zuletzt für “Twilight 4” verantwortlich, inszeniert die Story als Melodram über eine besondere Männerbeziehung, die letztlich an Assanges ausgeprägtem Narzissmus zerbricht. Der britische Regisseur ist fair, lässt den Australier in der Schlusssequenz kritische Äußerungen über den geplanten Film aus einem Interview wiedergeben.
Hauptdarsteller Cumberbatch zeichnet das Bild eines gerissenen Profilneurotikers mit ausgeprägtem Talent, andere Menschen für sich zu vereinnahmen. Die schauspielerische Leistung des 37-Jährigen, der sich für die Rolle eigens die Haare wasserstoffblond färbte, ist preisverdächtig. Ebenso Daniel Brühl (35), der den moralischen Konflikt Domscheit-Bergs während der Aufbereitung der “Cabledate”-Daten sauber herausarbeitet. Insgesamt liefern beide hohe Schauspielkunst ab.
Die spürbaren Schwächen der verkürzten Wiedergabe komplexer zeithistorischer Zusammenhänge vermag diese leider nur marginal zu überdecken. So bleibt “Inside WikiLeaks” die hohen Erwartungen des Publikums schuldig.
USA/Belgien 2013, R: Bill Condon, D: Benedict Cumberbatch, Daniel Brühl, David Thewlis, Laura Linney, Stanley Tucci, Carice van Houten, 128 Min, FSK 12.
Filmstart ist der 31. Oktober, zu sehen im Cineplex, CineStar und UCI Nova Eventis.
Die Seite zum Film:
www.constantin-film.de/kino/inside-wikileaks-die-fuenfte-gewalt
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