"Gewalt erzeugt Gegengewalt", wissen wir nicht erst seit "Die Ärzte" die simple Losung in einem ihrer Songs musikalisch vertonten. Der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn bereichert das eher Blockbuster-lastige Sommer-Kino mit einem Rachedrama par excellence. Das Publikum darf sich auf düstere Bilder, ein Samurai-Schwert und einen genialen Ryan Gosling freuen.

Die Brüder Julian (Gosling) und Billy (Tom Burke) leben in Bangkok vom Drogenhandel. Mittelpunkt ihrer kriminellen Geschäfte ist ihr Kickbox-Club. Kopf des Familienkartells ist ihre Mutter Crystal (Kristin Scott Thomas). Die toughe Dame ist kaltherzig, unnahbar, schonungslos. Als Billy einen Mann tötet, sorgt ein selbsternannter Rächer (Vithaya Pansringarm) für Gerechtigkeit. Crystal, in ihrer Trauer gefangen, schickt Julian los, um Vergeltung zu üben.

Der Däne Nicolas Winding Refn polarisiert. Für die einen sind seine Werke, die sich selten in die starren Schubladen der Hollywood-Branche stecken lassen, kongeniale Kunst. Für die anderen dick aufgetragener, ultrabrutaler Schund. Der Neo-noir-Thriller “Drive” überzeugte 2011 das Massenpublikum. Winding Refn bescherte der Streifen um den labilen Stuntfahrer, der nachts für die amerikanische Mafia jobbt und sich schließlich an seinen Widersachern rächt, eine “Goldene Palme” und den großen internationalen Durchbruch.
Mit “Only God forgives” inszenierte der Autorenfilmer abermals ein Rachedrama. Aber leiser. Subtiler. Bildgewaltiger. Eineinhalb Stunden berauscht die dänisch-französische Co-Produktion den Zuschauer mit rotdurchtränkten Bildern. Rot. Das ist die Farbe des Bluts, des Todes, der Rache. Die ist diesmal nicht zuckersüß, sondern kommt in Gestalt eines scharfkantigen Samurai-Schwerts daher. Dessen Träger, ein Ex-Cop im Rentenalter, führt mit Unterstützung von thailändischen Polizisten einen Privatkrieg gegen Bangkoks Halbwelt. Seine Botschaft: Tötest du, töte ich dich.

Die Story ist simpel gestrickt, ihr Verlauf nach einer guten halben Stunde vorhersehbar. Doch Winding Refns charakteristische Handschrift verführt den Betrachter dennoch zum Weiterschauen. Der 43-Jährige bedient sich künstlerisch im Repertoire des fernöstlichen Kinos. Eine starke Handschrift trifft auf drei rundum überzeugende Darsteller: Gosling, der Nachdenkliche. Scott Thomas, die Wütende. Pansringarm, der Erzürnte. Zusammen ergeben sie ein unheilvolles Gemisch, dass irgendwo zwischen Kickbox-Gym, Grand-Hotel und Karaoke-Bar Feuer fängt. Das Ergebnis: Ein mitreißendes Rauscherlebnis für Augen und Ohren. Unbedingt ansehen!

USA/F/DK 2013, R: Nicolas Winding Refn, D: Ryan Gosling, Kristin Scott Thomas, Vithaya Pansringarm, Tom Burke, 90 Min, FSK 16.

Filmstart ist der 18. Juli, zu sehen im CineStar und den Passage Kinos.

Die Seite zum Film:
www.tiberiusfilm.de/cinema/movie/only-god-forgives

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