Scientology ist in den Vereinigten Staaten eine Macht. Eine strukturstiftende Institution. Ob Politik, Wirtschaft oder Showbiz - die Sekte verfügt schier überall über Anhänger, die ihre Interessen vertreten. Vor dem Scientology-Lobbyismus ist auch Hollywood nicht gefeit. Umso bemerkenswerter das Ansinnen Paul Thomas Andersons, einen Film über Sektengründer Ron L. Hubbard zu produzieren. Doch "The Master" enttäuscht auf ganzer Linie.

Anderson verzichtet auf die Nennung von Klarnamen. Seine Hauptfigur ist lediglich an die Person Hubbards angelehnt. Frei nach den Regeln der Kunst. Ex-Soldat Freddie (Joaquin Phoenix) lernt nach dem Zweiten Weltkrieg den charismatischen Lancaster Dodd (Philip Seymour Hoffmann) kennen. Ertränkte der Veteran seinen inneren Kummer bisher mit Alkohol, findet er durch die wirren Lehren des selbsternannten Philosophen wieder Halt im Leben. Dodd hat eine rasch wachsende Glaubensgemeinschaft gegründet. Seine Anhänger nennen ihn ehrfurchtsvoll nur “The Master”. Freddie ist fasziniert von dem Guru. Rasch steigt er zu dessen rechter Hand auf. Scharf beobachtet von Dodds eiskalter Gattin Peggy (Amy Adams). Doch bald entstehen bei Freddie erste Zweifel an den totalitären Methoden seines “Herrn”.

Paul Thomas Anderson begeisterte das Publikum mit modernen Klassikern wie “There Will Be Blood” oder “Magnolia”. Sein Scientology-Drama erweist sich indes als eine glatte Bruchlandung. Das könnte dem massiven Einfluss der Sekte auf die amerikanische Filmindustrie geschuldet sein. Gerne erinnert sich der Zuschauer an den deutschen TV-Film “Bis nichts mehr bleibt” aus dem Jahr 2010. Eine rührende Kritik an der religiösen Bewegung, die auf verschiedenen Aussteigerberichten beruhte.
Davon ist Andersons Blockbuster leider weit entfernt. Statt messerscharf den staatsgefährdenden Totalitarismus der Sekte anzuprangern, inszeniert der Regisseur ein lässiges Biopic über das dekadente Leben Ron L. Hubbards. Die Parallelen zwischen der Hauptfigur Lancaster Dodd und dem Sektengründer sind unüberseh-, juristisch aber kaum angreifbar. “The Master” ist seichtes Massenkino, bei dem der gesellschaftskritische Zungenschlag viel zu kurz kommt. Die Inszenierung des pompösen Geschäftsmann, welcher durch seine Sekte ein Vermögen anhäufte, war Anderson wohl wichtiger als auf die Gefahren hinzuweisen, die er mit seinen Lehren herauf beschwor. Das starke Ensemble, allen voran Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffmann, können über diesen Makel leider nicht hinweg täuschen.

Vielleicht wäre dem Regisseur nahezulegen, sein nächstes Werk in Deutschland zu produzieren. Hierzulande muss wenigstens niemand aus Furcht vor obskuren Sekten ein Blatt vor den Mund nehmen.

USA 2012, R: Paul Thomas Anderson, D: Joaquin Phoenix, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams, 137 min, FSK 16.

Filmstart ist der 21. Februar, zu sehen in den Passage Kinos.

Der Trailer zum Film:
www.filmverleih.senator.de/filme_a_z/uebersicht/the_master

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