Bastian Kehlmann zählt längst zu den Großen der Literaturszene. Die Kunst des Autors besteht in seinem Vermögen, sich in seine fiktiven Figuren einzufühlen und gleichzeitig die Position des Lesers einzunehmen. In den letzten Jahren machte er mit zwei Bestsellern von sich Reden: "Die Vermessung der Welt" (2005) verkaufte sich allein im deutschsprachigen Raum 1,5 Millionen, "Ruhm" (2009) 300.000 Mal. Letzterer verbindet neun tragisch-komische Geschichten, die sich beim Lesen zu einem erstaunlichen Gesamtbild vereinen.

Elektroingenieur Joachim Eberling (Justus von Dohnányi) gönnt sich sein erstes Handy und bekommt seltsame Anrufe, die einem anderen gelten. Nach kurzem Zögern lässt er sich auf ein Spiel mit der fremden Identität ein. Filmstar Ralf Tanner (Heino Ferch) wird von heute auf morgen nicht mehr angerufen, so als habe jemand Fremdes seinen Platz eingenommen. Er ergreift die Chance, seiner Prominenz zu entrinnen, indem er beginnt, als Imitator zu jobben.
Rosalie (Senta Berger), todkrank, sucht Erlösung bei einem Schweizer Sterbehilfeverein, mag sich aber nicht vom Leben trennen. Schriftsteller Leo Richter (Stefan Kurt) stellt während einer Lesereise durch Südamerika seinen Fans eine neue Geschichte vor. Er reist in Begleitung von Elisabeth (Julia Koschitz), deren größter Alptraum ist, in einer seiner Erzählungen aufzutauchen. IT-Nerd Mollwitt (Axel Ranisch) wünscht sich dagegen nichts sehnlicher als das, um dort die Romanfigur Lisa Gaspard kennenzulernen. Krimiautorin Maria Rubinstein (Gabriela Maria Schmeide) erlebt bei einer Schriftsteller-Rundreise durch den ehemaligen Ostblock eine schreckliche Odyssee. Ihr Gatte Klaus, der sie seit einiger Zeit betrügt, muss sich plötzlich um ihren Verbleib kümmern.

Die Kinoadaption von “Ruhm” liefert den Beweis, dass nicht jeder Stoff, der sich gut verkauft, gezwungenermaßen leinwandtauglich ist. Die Verschmelzung von Fiktion und Fiktionalität, eine Spezialität Kehlmanns, erschließt sich dem unkundigen Zuschauer nicht auf den ersten Blick. Erst gegen Ende des Films konfrontiert Regisseurin Isabel Kleefeld den Kinogänger mit dem erzählerischen Stilmittel, das der Autor verwendet.
Beim Betrachter hat sich zu dem Zeitpunkt schon längst heillose Verwirrung breit gemacht. Die Erzählstruktur des Films ist so komplex wie die des Romans. Dass Kleefeld getreu der Vorlage manche Handlungsstränge nicht konsequent zu Ende erzählt, bedient den Geschmack ihres Schöpfers. Wer aber die Geschichtensammlung nicht kennt, muss den Saal unweigerlich mit einem großen Fragezeichen im Gesicht verlassen. Daran wird die hervorragende Besetzung, allen voran Heino Ferch, Justus von Dohnányi und Gabriela Maria Schmeide, nichts ändern. Kino sollte nicht nur Fragen aufwerfen, sondern auch Antworten anbieten. Die bleibt “Ruhm” bei allen Schenkelklopfern schuldig.

Deutschland/Österreich/Schweiz 2011, R: Isabel Kleefeld, D: Senta Berger, Heino Ferch, ,Justus von Dohnányi uvm, 103 Min, FSK 12.

Filmstart 22. März, zu sehen im Regina Palast.

Die Seite zum Film:
www.ruhm-derfilm.de

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