Lange ließ Jean-Jacques Annaud nichts von sich hören. Zuletzt inszenierte der 67-Jährige, dem das Kino Meisterstücke wie "Der Name der Rose" oder "Sieben Jahre in Tibet" verdankt, im Jahr 2004 das mäßige Tiger-Drama "Zwei Brüder". Sein Spätwerk "Black Gold" ist eine pathetische Zeitreise zurück an die Anfänge des Öl-Booms in der arabischen Welt.

Anfang der 1930er-Jahre schließen die verfeindeten Fürsten Nessib (Antonio Banderas) und Amar (Mark Strong) einen Waffenstillstand. Um den auf Dauer zu gewähren, nimmt Nessib Amars Söhne Saleeh und Auda (Tahar Rahim) in seine Obhut. Außerdem vereinbaren sie eine Art Pufferzone zwischen ihren Reichen, den sogenannten Gelben Gürtel. Als viele Jahre später ausgerechnet hier wertvolle Ölvorkommen gefunden werden und Nessib beginnt, das “Schwarze Gold” abbauen zu lassen, gerät der Frieden in Gefahr. Denn Amar will den Gürtel weiterhin unberührt lassen. Als obendrein Saleeh bei dem Versuch ums Leben kommt, Nessibs Käfig zu entrinnen, eskaliert die Lage. Nessib sieht sich gezwungen, seine geliebte Tochter Prinzessin Leyla (Freida Pinto) mit Auda zu verheiraten, um dem drohenden Angriff Amars zu entgehen. Der greift ihn trotzdem an.
Das Genre von “Black Gold” ist irgendwo zwischen Familiendrama, (Anti-)Kriegsfilm und Sozialdrama zu verorten. Ausgehend von Hans Rueschs Roman “Der schwarze Durst” erzählt Annaud mit einer gehörigen Portion Pathos, wie die Gier nach Reichtum Menschen Anstandsgefühl und Respekt vergessen lässt. In der Tradition epischer Wüstendramen wie “Lawrence von Arabien”, in den letzten Jahrzehnten Mangelware, beschreibt der Franzose, wie der Kapitalismus in die Wüste einzog.

Im Mittelpunkt des Plots steht die Auseinandersetzung zweier Patriarchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Nessib ist herzlos, profitgeil und orientiert sich an westlichen Normen. Antonio Banderas verleiht dem Fürsten die Charakterzüge eines machtbesessenen Diktators. Großartig.

Amar vertraut dagegen auf konservative Traditionen und den Koran. Mark Strong spielt ihn als weisen Idealisten, mal verbittert, dann wieder jähzornig. Das wirkt insgesamt eine Spur zu pathetisch. Freida Pinto als Prinzessin, die von ihrem Vater wie eine Schachfigur behandelt wird, bemüht sich immerhin zaghaft, hinter ihrer Figur zu verschwinden.
Der Film lässt sich in zwei Hälften teilen. Im ersten Teil führt Annaud im schleppenden Tempo die Figuren ein, legt die Konflikte an. Politik steht im Fokus. Die Verhandlungen zwischen Stammesfürsten und die familiären Reibungen wirken recht statisch. Bevor der Streifen endgültig in Langeweile ausartet, gelingt Annaud der Bogen zu einem wahren Wüstenabenteuer. Auda soll auf Geheiß seines Vaters das “Haus Allahs”, ein gigantisches Wüstenstück durchqueren, um Nessib abzulenken.

Die in spektakulären Bildern inszenierte Tour-de-Force entschädigt für den gemächlichen ersten Teil. Spätestens wenn Kamele auf Panzer treffen, ist rasante Action angesagt. Hauptdarsteller Tahar Rahim überzeugt als Prinzensohn Auda vor allem in dieser Hälfte des Films, in der er in die Rolle des verbitterten Idealisten schlüpft. Zuvor müht sich der Protagonist redlich mit seinen hölzernen Dialogen ab. Keine Frage, das Drehbuch hätte gern etwas fluffiger ausfallen können.

Trotz seiner eher mäßigen Besetzung ist “Black Gold” ein halbwegs gelungener Film, weil er Vorgänge skizziert, die sich Mitte des 20. Jahrhunderts so oder so ähnlich wirklich zugespielt haben könnten. Zugleich ist der opulent inszenierte Streifen eine nett anzuschauende Hommage an Wüstenepen wie “Lawrence von Arabien”. Mithalten mit dem großen Klassiker kann er leider nicht.

Frankreich/Katar 2011, R: Jean-Jacques Annaud, D: Tahar Rahim, Antonio Banderas, Mark Strong, 130 Min, FSK 12.

Filmstart ist der 9. Februar, zu sehen im CineStar, Cineplex und UCI Nova Eventis.

Die Seite zum Film:
http://movies.universal-pictures-international-germany.de/blackgold.html

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar