Fรผr den 28. Januar lud das Diakonissenkrankenhaus zur Vernissage fรผr die 109. Ausstellung ein. Diese Form der Kunstausstellung geht bis in die 1990er Jahre zurรผck und wurde vom damaligen รคrztlichen Direktor Prof. Dr. Sieghart Grafe ins Leben gerufen. Warum die Kunst im Krankenhaus zu sehen ist, dazu sagte Dr. Socha, der diese Ausstellungen bis zur 100. im Jahr 2021 organisierte, bei unserem letzten Besuch: โAuch das Krankenhaus ist ein Lebensraum โ ein Raum der Genesung fรผr die Patienten und ein Arbeitsraum fรผr die Mitarbeitenden. Die in dieser Ausstellung dargestellten lebensbejahenden und farbenfrohen Rรคume sollen Freude ausstrahlen und den Betrachter aktivieren.โ
Die diesjรคhrige Ausstellung mit dem Titel โMenschenbilder/Barcarolenโ wurde von Dr. med. Ria Hennebach erรถffnet, die auch gleich die beiden Kรผnstler vorstellte. Einer, Helmut Junker, der seine Malerei ausstellte, begleitete die Veranstaltung musikalisch. Der ehemalige hohe Kirchenbeamte, Organist und Chorleiter aus Stuttgart, spielte mehrere Stรผcke, unter anderem die โBarcaroleโ von Chopin, die wohl auch zur Namensgebung der Ausstellung beitrug.
Helmut Junker, der inzwischen in Leipzig lebt, stellt seine Gemรคlde aus verschiedenen Schaffensperioden aus. In der Zeitfolge beginnen diese mit gegenstรคndlicher Darstellung und gehen รผber zur abstrakten Malerei. Junker war so freundlich, uns auf einige Fragen zu antworten.
Herr Junker, es ist ja ein weiter Weg vom Kirchenbeamten und Organist zum Maler. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe in meiner Jugendzeit in einem musisch-kรผnstlerischen Gymnasium gelernt und hatte da einen Lehrer, der mich dazu animiert hat, die Grundbegriffe des Malens auf Papier zu bringen. Dann entwickelt man sich, interessiert sich fรผr andere Maler, hรถrt was von Perspektive und Surrealismus und dann versucht man, so etwas zu Papier zu bringen.
Die Bilder, vor denen wir stehen, die sind ja gegenstรคndlich, Sie machen aber auch andere Sachen?
Ja, ich bin dann von dem Gegenstรคndlichen weggegangen, weil mir es einfach zu langweilig war und ich nicht immer das perfekte Bild schaffen konnte, wie ich mir es vorstelle. Da fehlt mir einfach die Schaffenskraft und dann bin ich ins Abstrakte รผbergegangen und habe da eben meine Fantasien ausgelebt und da sind dann auch einige Bilder entstanden.
Ihre Herkunft aus Stuttgart hรถrt man Ihnen an, wie hat es Sie nach Leipzig verschlagen?
Das war meine Partnerin, die aus dem Osten stammt und sie wollte nach unserem Ruhestand wieder in den Osten ziehen. Dann habe ich mir รผberlegen kรถnnen, ziehst du mit oder nicht und so bin ich jetzt halt mitgegangen, habe in Leipzig Fuร gefasst und genieรe die kรผnstlerischen Ateliers, die dort zu Hause sind und habe auch da schon an einigen Workshops teilgenommen.
Sie arbeiten als freier Kรผnstler?
Ja, als reiner Hobbykรผnstler, also nicht professionell und will das auch nicht. Da gibt es andere, die dann Kunst studieren. Da nehme ich dann Anregungen mit, aber ansonsten ist es eine reine Privatangelegenheit, was ich hier mache.
Vielen Dank fรผr das Gesprรคch.
Menschenbilder
Der zweite Kรผnstler, Roland Steckel, ist vielleicht einigen Leipzigerinnen und Leipzigern mit seinem Deportations-Denkmal am Gleis 24 des Leipziger Hauptbahnhofs bekannt. Der in Markranstรคdt lebende Metallbildhauer ist in der Ausstellung mit Fotografien und Beispielarbeiten von Jugendlichen vertreten. Die schwarz-weiร-Fotografien zeigen โMenschenbilderโ, die in der DDR-Zeit entstanden sind. Es sind meist Bilder aus dem tรคglichen Leben der Menschen. Auch Herr Roland war gern bereit zu einem Gesprรคch.
Herr Steckel, die Fotografien zeigen Menschen im Alltagsleben der DDR, sind einige auch gestellt fรผr die Kamera?
Die meisten sind ganz spontan, ohne groรe Stellung und Vorbereitung entstanden. Ich meine, es gibt auch gestellte Bilder, die haben auch ihren Reiz, weil dadurch sich genau auf die Fotografie bewusst vorbereitet wird. Aber spontane Bilder gefallen mir natรผrlich besser, weil die einen hรถheren Lebendigkeitsgrad reprรคsentieren.
Sie haben mir vorhin gesagt, Sie arbeiten mit Kindern und Jugendlichen und bringen denen das Handwerk des Metallbildhauers nahe. Ja. Was machen Sie da genau?
Ich habe im Leben sehr viel mit einer ganz alten mittelalterlichen Technik gearbeitet, und zwar mit einer Ziselier-Treibtechnik, die die Zรผnfte damals, beim Bau der Kathedralen betrieben haben. Das ist vorwiegend eine Dรผnnblechverarbeitung, Kupfer, Messing, Zink, alle mรถglichen Blecharten. Die Bleche, die werden in Siegellack geklebt, man macht diesen Siegellack warm mit der Propanflamme, klebt das Blech ein und das erstarrt. Dadurch kann man das punktuell genau bearbeiten.
Das ist natรผrlich immer der Selbsteffekt, wenn mehrere Jugendliche oder Kinder zusammen sind, mit Hammer und Meiรel zu arbeiten, das regt alle an. Und das wollen dann alle. Ich verteile vorher ein paar Papierblรคtter, und da machen die eine Idee und meine Aufgabe besteht nur darin, das Ganze zu vergrรถรern, oder zu sagen: Das wirst du wahrscheinlich wegnehmen mรผssen. Das ist dann auch ein bisschen schwierig, weil die Technik gebietet, bestimmte Gestaltungsdinge, Feinheiten erst einmal wegzulassen.
Ja, und da geht es dann los. Dann machen wir eine Kopie von dem Entwurf, den kleben wir dann mit Bรผroleim auf das Blech, das Blech schmelzen wir ein in den Siegellack. Dann kรถnnen die das ganz gezielt bearbeiten, dann wird das rausgenommen, ausgeglรผht im Bedarfsfall, und dann gegenlรคufig gerichtet, sodass wie von selbst ein Relief entsteht. Die Kinder sind begeistert, die machen mit. Sie sind voller Eifer, also nicht zu bremsen.
Herr Steckel, ich bedanke mich fรผr das Gesprรคch.
Die 109. Kunstausstellung im Diakonissenkrankenhaus (Wartebereich des Klinischen Arztdienstes des Krankenhauses) ist bis April 2025 zu sehen.
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