Berührungen hinterlassen Spuren. Sie markieren Nähe, Distanz und die Suche nach einem Moment der Verbindung. In ihren Malereien erkundet Anna M. Kempe eben diese Augenblicke – die flüchtigen, die offenen, die unbestimmten Begegnungen. Die Figuren auf ihren Bildern bewegen sich aufeinander zu, gehen in manchmal vorsichtigen, manchmal selbstverständlichen, immer veränderbaren Kontakt – zwischen Annäherung und Abwendung, Intimität und Unklarheit. Oft scheinen sie Teil einer Szene mit offenen Ausgängen, in der jede Bewegung potenziell fortgesetzt werden könnte.

Während einige Figuren wie aus der Erinnerung auftauchen und wieder verschwinden, sind andere klar gesetzt: Körper, die präsent sind, sich behaupten, einander halten oder voneinander lösen.

In ihren aktuellen Arbeiten rückt einerseits die Linie stärker in den Fokus: Körper und Bewegungen werden über zeichnerische Spuren definiert – Linien verdichten sich, brechen ab, überlagern einander oder bleiben fragmentarisch. Das Aquarell zeigt diese Bewegungen: Farben verlaufen, Konturen bleiben offen, Berührungen werden nur angedeutet, bevor sie sich wieder auflösen.

Die Suche nach der richtigen Form bleibt, analog zur Suche nach der sich richtig anfühlenden Berührung, auf dem Blatt sichtbar. Andererseits öffnen kräftige, farbige Räume der Natur die Szenerien, durchdrungen von Licht, und schaffen eine Atmosphäre von selbstverständlicher Leichtigkeit.

„soft spot contact“ ist eine Reflexion über Verbindung – darüber, wie sie entsteht, sich verändert oder sich in Berührungen manifestiert; eine Einladung, das Fragile und Wandelbare in unseren Begegnungen wahrzunehmen – und vielleicht einen eigenen Kontaktpunkt zu finden.

Die Entstehung der Ausstellung wurde von einem künstlerischen Dialog begleitet, den Kempe und die Choreografin Elsa Artmann über zehn Monate führten. Auszüge dieses Austauschs zwischen Freundschaft und Arbeitsbeziehung erscheinen als begleitende Publikation.

Die Ausstellung wird durch die Performance „Too Strong for Too Long“ von Elsa Artmann ergänzt – ein solistischer Auszug aus dem Ensemblestück Langes Wochenende, getanzt und gesprochen von Artmann und live vertont von Annie Bloch. Im Zentrum steht die Kunstfigur Freelance Lover, die in Umarmungen, Lovesongs und Rants kollegiale Zärtlichkeit als Beziehungsutopie erforscht.

Die Performance setzt sich mit der Romantisierung von Arbeit auseinander: mit der Durchmischung von beruflichen und privaten Beziehungen, mit der Überlappung von Intimität und Ökonomie. Angelehnt an Intimitätstechniken des Lap Dance untersucht sie professionalisierte Nahbarkeit und ihre Brüche.

Anna M. Kempe, geboren 1988 in Crivitz, lebt und arbeitet in Leipzig. Sie hat Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studiert und schloss dort 2015 in der Klasse von Professorin Annette Schröter ab. Seit 2017 ist sie Mitglied der Galerie b2_. Kempes Arbeiten wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland gezeigt.

Elsa Artmann lebt und arbeitet in Köln. Sie studierte Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) Leipzig sowie Tanz am Zentrum für Zeitgenössischen Tanz in Köln. Als Tänzerin, Choreografin und bildende Künstlerin entwickelt sie Arbeiten an der Schnittstelle von Bewegung, Sprache und Gesellschaft.

Anna M. Kempe „soft spot contact“, Eröffnung: Samstag, der 1. März, 14 bis 20 Uhr in der Galerie b2 (Spinnereistrasse 7, Gebäude 20).

Ausstellungsdauer: 1. März – 12. April.

Performance „Too Strong for Too Long“, Samstag, 5. April, 18 Uhr, Tanz & Text: Elsa Artmann, Live-Vertonung: Annie Bloch.

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