Rund 2.700 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Beirut und Leipzig – kulturell liegen für einen jungen Palästinenser ganze Welten zwischen dem Libanon und der DDR. 23 Jahre alt ist Mahmoud Dabdoub, als er dank eines Stipendiums 1981 nach Leipzig kommt. Er bleibt, studiert Fotografie und erlangt mit seinem Talent für künstlerisch verdichtete, sozial-dokumentarische Fotografie national wie international Anerkennung. 75 Aufnahmen von Mahmoud Dabdoub sind nun in der Galerie des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig zu sehen.
Sie geben einen Einblick in die Anfänge von Dabdoubs Vorliebe für Fotografie im Nahen Osten; im Mittelpunkt aber stehen seine Aufnahmen aus den 1980er Jahren in der DDR und aus Ostdeutschland bis Mitte der 1990er Jahre.
Aus dem von Kriegen und Krisen geschüttelten Libanon kommend, erscheint Mahmoud Dabdoub die DDR friedlich und wohlhabend. Das scheinbar Banale, der Alltag im „real existierenden Sozialismus“, ist für ihn das Besondere. Widersprüche zwischen dem stets propagierten Anspruch und der von Mangelwirtschaft geprägten Wirklichkeit finden sich kaum in seinen Fotomotiven – dafür aber situationsbedingt oft witzige Alltagsmomente.
Als teilnehmender Beobachter hält er den Mauerfall am 9. November 1989 mit seiner Kamera fest. Er erlebt den historischen Moment der Grenzöffnung als „Nacht der Freiheit“ und erinnert sich an das „Chaos der Freude“. Dabdoubs Fotos von den turbulenten Umbruchszeiten danach bezeugen sein feines Gespür für alltägliche und gleichsam besondere Situationen. Stets stehen die Menschen im Fokus: ihr Tun, ihr Auftreten, ihre Gefühle. Die hohe Kunst der Straßenfotografie ist Mahmoud Dabdoubs Metier.
Er ist neugierig auf das Unbekannte und will zugleich ein Bild vermitteln vom Leben „seiner Leute“ daheim. Dabdoub, der sich selbst als „Brückenbauer zwischen Orient und Okzident“ bezeichnet, erzählt in seinen Fotografien vom Alltag der Menschen im Nahen Osten, der DDR und dem wiedervereinigten Deutschland.
Seit 2014 werden im Archiv Bürgerbewegung Leipzig (ABL) kontinuierlich die Negativfilme Dabdoubs digitalisiert, erschlossen und für verschiedenste Projekte zur Verfügung gestellt. Mit der Erstellung einer Wanderausstellung und eines Bildbandes soll der interessierten Öffentlichkeit Einblick in diesen besonderen Fotobestand des Archivs gewährt werden.
Mehr als 60 Fotografien von Mahmoud Dabdoub aus den 1980er und 1990er Jahren werden nun in der gemeinsam vom Archiv Bürgerbewegung Leipzig und dem Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig kuratierten Ausstellung „Die Straße ist mein Atelier. Fotografien von Mahmoud Daboub“ präsentiert. Das Projekt wurde finanziert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Eröffnet wird die Ausstellung mit Fotografien von Mahmoud Dabdoub am Dienstag, dem 11. Februar, um 19 Uhr im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig (Grimmaische Straße 6)
Die Ausstellung kann besichtigt werden vom 12. Februar bis zum 22. Juni 2025 (Dienstag – Sonntag, Feiertage 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei, barrierefrei).
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