Renommierte Verlage haben manchmal kleine Jubilรคen, die sich lohnen, gefeiert zu werden. So wie der Klaus Wagenbach Verlag, der in diesem Jahr 60. Verlagsgeburtstag feiern kann. Und das nahmen Leipziger Studierende zum Anlass, nun auch mal ganz auรŸerhalb der Buchmesse eine kleine Buwision aufzulegen. Sie wird zum Grรผndungstag des Wagenbach-Verlages am 25. August (1964) erรถffnet. Und zwar wieder quer durch die City. Da kann man wieder einen Bรผcher-Spaziergang einlegen.

Die Ausstellung geht von Geschรคften des Alten Rathaus (ab Bodo Zeidler, wo man hรผbsche Figuren passend zu den Bรผchern gefunden hat) รผber die Mรคdlerpassage bis zur Neumarkt-Passage am Stรคdtischen Kaufhaus, verrรคt Siegfried Lokatis, der die Buwision in seine Zeit als Leipziger Buchprofessor auf die Beine gestellt hat. Die Professur gibt es nicht mehr, aber die angehenden Germanisten und Kulturwissenschaftler kรถnnen sich im Seminar dennoch mit Buchwissenschaft beschรคftigen und solche รถffentlichen Projekte mitgestalten.

Denn das Bibliotop der Buchwissenschaft der Uni Leipzig gibt es ja noch. Und so konnten die Studierenden auch auf den Fundus zugreifen und die Ausstellung โ€ž60 Jahre Verlag Klaus Wagenbachโ€œ gestalten.

In allen Ladengeschรคften, die diesmal wieder mitmachen, wird gezeigt, wie thematisch vielfรคltig das Programm dieses Berliner Verlages ist, der sich vor allem mit seinen rot eingebundenen Bรผchern aus der Salto-Reihe in die Herzen der Leserinnen und Leser gebrannt hat. In der Kรผmmel-Apotheke zum Beispiel wurden lauter passende Bรผcher zum Thema โ€žVerlage und Alkoholโ€œ ausgestellt.

Kafka, Biermann und Wagenbachs Brille und rote Socken. Foto: Siegfried Lokatis
Kafka, Biermann und Wagenbachs Brille und rote Socken. Foto: Siegfried Lokatis

Als erste fertig wurde die Ausstellung in der Vitrine im Stรคdtischen Kaufhaus gegenรผber Max Enk. Hier sind speziell die Kafka-Bรผcher ausgestellt. Klaus Wagenbach bezeichnete sich ja als die โ€ždienstรคlteste lebende Witwe Kafkasโ€œ. Zu sehen sind hier aber auch die Bรผcher von Erich Fried und Wolf Biermanns in der DDR verbotene Titel โ€“ โ€žDra-Draโ€œ etwa und die โ€žDrahtharfeโ€œ.

Wobei die โ€žDrahtharfeโ€œ ja โ€žschuldโ€œ daran ist, dass das wohl ambitionierteste Ost-West-Verlagsprojekt scheiterte. Denn Klaus Wagenbach hatte seinen in Westberlin heimischen Verlag 1964 ganz bewusst als Ost-West-Verlag konzipiert, verรถffentlichte zum Beispiel auch den im Westen angefeindeten Stephan Hermlin. Und eben Wolf Biermann, der 1965 im Osten Auftrittsverbot bekam. Die Verรถffentlichung der โ€žDrahtharfeโ€œ nahmen die beleidigten Funktionรคre zum Anlass, sรคmtliche Verbindungen Wagenbachs in die DDR zu kappen und ihm selbst ein Einreise- und sogar ein Durchreiseverbot zu verpassen.

Ein Vorgang, der im Grunde alle Dummheiten der spรคteren Biermann-Affรคre vorwegnahm. Man dรผpiert lieber Verbรผndete, die bereit sind, Brรผcken zu bauen, als sich auf echten Gedankenaustausch auch รผber Grenzen hinweg einzulassen.

Genau auf das, was der Verlag Klaus Wagenbach von Anfang an in seinem Programm vertrat, das in den ersten Jahrzehnten noch deutlich politischer war als in spรคteren Jahren, als die Bรผcher dieses Verlages vor allem einluden, neue Autor/-innen und Literaturen zu entdecken โ€“ insbesondere die italienische.

Alles Vasari ... Foto: Siegfried Lokatis
Alles Vasari โ€ฆ Foto: Siegfried Lokatis

โ€žEinen Hinweis verdienen die Brille und die berรผhmten roten Socken von Klaus Wagenbach, mit denen er Feltrinelli und Ulrike Meinhof beerdigteโ€œ, lรคdt Siegfried Lokatis ein, auch auf die Details in den Schaufensteraustellungen zu achten. Und: โ€žDer Clou ist der grosse Laden in der Neumarkt-Passage, wo frรผher โ€šKleider fรผr Weiberโ€˜ drin war, den uns der Luxemburger Eigentรผmer zur Verfรผgung gestellt hat.

Passend zu den Themen โ€šItalienโ€˜ (aktuelles Messegastland) und โ€šRenaissanceโ€˜ hat uns die Archรคologische Sammlung der Uni 14 Statuen und Objekte zur Verfรผgung gestellt, darunter passend zum Buch von Hans von Trotha โ€šPollaks Armโ€˜ den fehlenden Arm der Laokoongruppe. Ein weiteres Highlight sind die 45 Vasari-Bรผcher.โ€œ

Mit den Vasari-Bรผchern sind seine inzwischen lรคngst legendenhaften Lebensbeschreibungen der berรผhmten italienischen Renaissance-Kรผnstler gemeint, seiner Kรผnstlerkollegen und Landsleute. Die meisten Verlage, die sich an dieses Werk trauen, bringen vorsichtshalber nur eine Auswahl mit den Berรผhmtesten der Berรผhmten. Aber Wagenbach brachte โ€žLe Viteโ€œ tatsรคchlich in 45 Bรคnden zwischen 2004 und 2015 heraus. Ein echtes Sammlerstรผck und eines, bei dem Lese- und Blรคttergenuss Hand in Hand gehen.

Wer wissen will, wo die Buwision ab dem 25. August รผberall zu besichtigen ist, findet alles wieder auf der Google-BuWision-Seite verlinkt.

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