Am heutigen Samstag, dem 22. Juli, um 11 Uhr wird im Bach-Museum Leipzig Akt 2 der Bach-Ausstellung „Bühne frei für Johann Sebastian Bach“ eröffnet: „Auf der Suche nach Vollkommenheit“. Es ist der zweite Aspekt im Jubiläumsjahr „Bach300 – 300 Jahre Bach in Leipzig“, den das Bach-Museum wichtig findet: Bachs akribische Suche nach der vollkommenen Musik. Die besonders in seinen Kompositionen für Tasteninstrumente hörbar wird.

Die Ausstellung „Bühne frei für Johann Sebastian Bach“ in diesem Jubiläumsjahr, mit dem Bachs Wahl zum Thomaskantor vor 300 Jahren gefeiert wird, ist in drei Teilen geplant.

Die Geheimnisse der Komposition

Als Johann Sebastian Bach vor 300 Jahren Thomaskantor wurde, begann ein neues Kapitel der Musikgeschichte. Zum Jubiläum „Bach300 – 300 Jahre Bach in Leipzig“ hat das Bach-Museum Leipzig ein besonderes Ausstellungsformat entwickelt: eine Ausstellungsserie, die in drei Akten Bachs musikalischen Kosmos und seine Bedeutung bis in die Gegenwart beleuchtet. Unter dem Titel „Bühne frei für Johann Sebastian Bach“ lädt die Ausstellungsserie dazu ein, tief in die Geheimnisse von Bachs Musik einzutauchen.

Der erste Akt „Kirchenmusik zu Ehren Gottes“ war vom 21. März bis zum 9. Juli im Bach-Museum zu sehen. Der heute eröffnete zweite Akt „Auf der Suche nach Vollkommenheit“ wird bis zum 5. November zu sehen – und zu hören – sein. Der dritte Akt „Bachs Musik wird zum Modell“ wird am 16. November eröffnet und bis zum 24. März 2024 gezeigt. Alles im kleinen Kabinett für Sonderausstellungen gleich im Erdgeschoss.

Henrike Rucker führt in den Beginn von Bachs Thomaskantorat von 1723 ein, Foto: Ralf Julke
Henrike Rucker führt in den Beginn von Bachs Thomaskantorat von 1723 ein. Foto: Ralf Julke

Dabei ist der Eintritt in die kleine Ausstellung in allen drei Akten gleich, denn er thematisiert die durchaus aufregende Suche des Leipziger Rats nach einem neuen Thomaskantor nach dem Tod von Thomaskantor Johann Kuhnau am 5. Juni 1722. Die nicht nur deshalb spannend war, weil der Rat sich zuerst auf Telemann und dann auf Graupner festlegte, bevor man sich dann doch für Bach entschied. Sondern auch, weil der Leipziger Rat da längst schon zwiegespalten war: Die einen wollten einen Kantor, der mit seiner Persönlichkeit auch über die Grenzen der Stadt hinausstrahlte. Und die anderen eher einen, der vor allem als Lehrer an der Thomasschule tätig war und den Chor irgendwie mitbetreute. Es ist der alte Zwist zwischen künstlerischem Glanz und biederer Nutzenorientiertheit, der auch unsere heutige Gesellschaft durchzieht und spaltet.

Doch ohne Bachs Berufung auf die Stelle hätte er sein gewaltiges Kantatenwerk nicht geschrieben, stellt Henrike Rucker fest, neben Museumsleiterin Kerstin Wiese Kuratorin dieser Ausstellung. Leipzig war für Bach Chance und Drama zugleich. Aber gerade dieser Akt 2 zu seinen Tastenkompositionen zeigt, dass er das Wesentliche in seinem kompositorischen Schaffen nie aus den Augen verlor: die Suche nach musikalischer Vollkommenheit, die er in den bis heute berühmten Sammlungen regelrecht durchexerzierte – in den Goldberg-Variationen, in der Kunst der Fuge, im musikalischen Opfer. Alles schon früh verlegt und damit den möglichen Schülern und Nachfolgern zugänglich gemacht, die auf Bachs Spuren wandeln wollten.

Auf der Suche nach Vollkommenheit

Bachs Suche nach Vollkommenheit zeigte sich schon für seine Zeitgenossen in seinen berühmten Kompositionen für Tasteninstrumente – von den Klavierübungen bis zu den Goldberg-Variationen. Ganz so, als wollte Bach seine Zeitgenossen auch Noten in die Hand geben, anhand derer sie studieren konnten, wie göttliche Harmonien ganz logisch aus wenigen Grundnoten entstehen.

Und deshalb sollte man sich richtig viel Zeit mitbringen, wenn man „Akt 2“ besucht. Denn all die berühmten Kompositionen sind mit vielen Klangbeispielen und 3D-Hörspielen abrufbar. Eine ideale Gelegenheit auch für alle, die Bach nur irgendwie ein bisschen faszinierend finden, dem „Geheimnis“ seiner Musik ein wenig auf den Grund zu gehen.

Dazu kommen einige interaktive Stationen, wertvolle ausgestellte Notendrucke und Werke der bildenden Kunst, die in die Geheimnisse seiner Tastenmusik einführen. Ausgestellt sind kostbare Erstdrucke nahezu aller bedeutenden Werksammlungen für Tasteninstrumente, darunter Bachs persönliches Handexemplar der Clavier-Übung Teil 3.

Noten für eine vollkommene Musik

In Leipzig veröffentlichte Johann Sebastian Bach erstmals systematisch Kompositionen für Clavier, Orgel und andere Instrumente. Er schuf richtungsweisende Sammlungen in allen Gattungen und Stilen: die Clavier-Übung Teil 1 bis 4, das Wohltemperierte Klavier Teil 2, das Musikalische Opfer oder die Kunst der Fuge. Stets auf der Suche nach Vollkommenheit, arbeitete er musikalische Gedanken umfassend aus und erforschte ihr kompositorisches Potenzial. Dabei formte er sie zu größtmöglicher Vollstimmigkeit und führte sie durch die „verstecktesten Geheimnisse der Harmonie“, wie es sein Schüler Johann Friedrich Agricola ausdrückte. So schuf Bach unvergängliche Werke von bahnbrechender musikalischer Erfindungskraft und einzigartigem Gestaltungsreichtum.

Elisabeth Müller baut eins ihrer Kunstwerke in dre Ausstellung auf. Foto: Ralf Julke
Elisabeth Müller baut eines ihrer Kunstwerke in der Ausstellung auf. Foto: Ralf Julke

Im Zentrum des zweiten Teils der Jubiläumsausstellung stehen die Goldberg-Variationen. Eine facettenreiche interaktive Station erlaubt es, tief in Bachs kunstvollen Zyklus einzutauchen: seine Kompositionsweise in Klangbeispielen und Noten zu verfolgen, Interpretationen zu vergleichen sowie Anekdotisches zur Werkentstehung und Wissenswertes über die Verarbeitung in der Literatur zu erfahren.

Variationen – nicht nur in Noten, sondern auch in bildender Kunst

Die Goldberg-Variationen werden auch durch Werke der bildenden Kunst beleuchtet. Erstmals in Deutschland wird die 30-teilige Gemäldeserie Goldberg-Variationen (2011–2015) der niederländischen Künstlerin Elisabeth Müller (geb. 1946 in Meppel) zu sehen sein. In der Tradition des niederländischen Konstruktivismus stehend, zeichnen sich ihre Werke durch ein variantenreiches Spiel mit geometrischen Figuren aus.

Bachs Klavierwerke sind für die Künstlerin eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Zur Ausstellungseröffnung schenkt sie dem Bach-Archiv zwei weitere Arbeiten zu Bachs Goldberg-Variationen: „Sechs Papiermodelle auf sechzehn Ebenen“ (2014) und „Sechzehn Papiermodelle auf sechzehn Papiersockeln“ (2015). Beide Werke sind in der Ausstellung zu sehen und zeigen, wie Elisabeth Müller Bachs Kompositionstechnik auch auf das bildnerische Arbeiten anwendet und dabei frappierende Kunst entstehen lässt. Man kann Musik und Bild auf einer kleinen Hörbank gleichzeitig auf sich wirken lassen.

„Mein besonderer Dank gilt Elisabeth Müller für die großzügige Schenkung. Ihre Arbeiten zu Bachs Goldberg-Variationen sind eine wichtige Bereicherung für unsere Sammlung zur künstlerischen Rezeption der Werke Bachs“, sagt Kerstin Wiese, Leiterin des Bach-Museums Leipzig. „Ich danke zudem unseren Förderern: der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Leipzig und der Kulturstiftung der Länder. Ohne sie hätten wir die Jubiläumsausstellung nicht umsetzen können.“

Das Projekt ‚Bach300 – 300 Jahre Bach in Leipzig‘ wird zudem gefördert von der Stadt Leipzig und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Und die kleine Ausstellung zeigt auch, wie selbst Kinder ihre ersten beeindruckenden Erfahrungen mit Bachs Musik gemacht haben: An der Schnittstelle zwischen Musik und bildender Kunst haben sich Kinder einer Leipziger Grundschule in einem museumspädagogischen Projekt mit Johann Sebastian Bach beschäftigt. In der Ausstellung führen sie eine Postkarten-Umfrage durch: Was verbinden Sie mit Johann Sebastian Bach? Das möchten die Kinder von den Museumsgästen erfahren.

Zur Ausstellungseröffnung feiert das Bach-Museum ein Sommerfest für die ganze Familie. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

Das Sommerfest

10–18 Uhr: Farbenrausch – Marmorieren und mit Modeln drucken: Mitmach-Aktion für die ganze Familie
11 Uhr: Eröffnung der Ausstellung „Bühne frei für Johann Sebastian Bach Akt 2: Auf der Suche nach Vollkommenheit“ – mit Schenkungsübergabe

11 Uhr & 16.30 Uhr: Familienführung im Bach-Museum (empfohlen ab 5 Jahren)
15 Uhr: »Hühnerei und Entengrütze«, Puppenspiel des Puppentheaters Papperlapapp mit Meike Kreim (für Kinder ab 3 Jahren, bei schönem Wetter im barocken Innenhof, bei Regen im Museum)


www.bach300.de

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