1943 kehrte der von Deutschland entfesselte Krieg auch nach Leipzig zurück. Bis kurz vor Kriegsende 1945 erlebte Leipzig schwere Luftangriffe, denen mehr als 5.000 Menschen zum Opfer fielen. Ein großer Teil der Innenstadt wurde zerstört. Dimensionen und Schrecken dieses wie jedes Kriegsgeschehens sind kaum in Worte zu fassen – die neugestaltete Film-Ton-Installation unter dem Dachstuhl des Alten Rathauses verzichtet fast völlig darauf.
Hörbar, sichtbar und körperlich spürbar wird der Krieg an diesem historischen Ort. Er wird so zu einem Ort des Nachdenkens und der Mahnung.
In den Morgenstunden des 4. Dezember 1943 trafen Brandbomben der Royal Air Force vor allem die Innenstadt, darunter das Alte Rathaus. Es war der schwerste Luftangriff auf Leipzig. Sie zerstörten den Turm und von da aus den Dachstuhl und das zweite Obergeschoss, die völlig ausbrannten. Wegen Wassermangels konnten keine Löscharbeiten erfolgen. Eine Stahlbetondecke zwischen erstem und zweitem Obergeschoss verhinderte die vollständige Zerstörung des Gebäudes.
Jahrelang blieben die stählernen Dachstreben als gleichsam mahnendes Zeichen des Krieges offen. 1946 begann unter widrigsten Umständen die Wiederherstellung. Das Holz für die barocke Turmhaube stammte von der Radrennbahn am Cottaweg, das Kupfer aus Schrottspenden.
Das Grauen des Krieges
Daran erinnert die Medieninstallation aus einer Film-Ton-Collage von Bombenabwürfen und Fotos zerstörter Gebäude in der ständigen Ausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig im Alten Rathaus. Sie ist in die historische Dachkonstruktion der Nachkriegszeit eingepasst.
Beim Betreten dieses riesigen, dunklen Raums, der sich über die gesamte Fläche des Rathauses zieht, werden nicht nur der Dachstuhl, Leitungen und Rohre sichtbar. Auf eine große Leinwand projiziert ein Beamer Ausschnitte eines Dokumentarfilms der Royal Air Force über Lufteinsätze aus dem Zweiten Weltkrieg und privates Filmmaterial. Mal fern, mal nah erscheinen die Detonationen. Radiodurchsagen, Sirenen und Einschläge intonieren es, Erschütterungen lassen die Wucht spüren.
Museumsgäste, die sich vorher in der Dauerausstellung anhand von historischen Exponaten über den Verlauf des Krieges informieren konnten, erhalten hier einen tieferen Eindruck von diesem Grauen.
Hohe Anforderungen an die Technik
Die – gerade in der aktuellen europäischen Kriegssituation wieder besonders relevante – Medieninstallation konnte 2022 in der Corona-Pandemie technisch modernisiert und besser inszeniert werden und kann so auch ein jüngeres Publikum erreichen.
„Durch die Corona-Pandemie hat die Mediennutzung und Medienkompetenz einen besonderen Schub erhalten, der sich auch auf die Erwartungshaltung unseres Publikums in Bezug auf die mediale Aufbereitung von Inhalten und die dafür zur Verfügung stehende technische Ausstattung auswirkt. ‚Bomben auf Leipzig‘ wurde bisher unter Nutzung mehrerer analoger Röhrenfernseher gezeigt, die nicht mehr gewartet werden konnten. Nur mit der technischen, auch stromsparenden Modernisierung wird die nachgefragte Installation wieder erlebbar“, sagt Dr. Johanna Sänger, Kuratorin für Stadt- und Landesgeschichte ab 1800 am Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.
Die Medieninstallation ist wegen der großzügigen und gut durchlüfteten Räumlichkeit auf dem historischen Dachboden gerade unter pandemischen Bedingungen sehr gut für Besucherinnen und Besucher geeignet, da sie nicht künstlich belüftet werden muss. Allerdings stellt die „natürliche“ Raumsituation hohe Anforderungen an die Robustheit der Technik. Die Inhalte der Medieninstallation wurden für die höher auflösende Technik formal und dramaturgisch angepasst.
Die Investition erlaubte auch in der Pandemie die konstante Arbeit an der Neugestaltung der Dauerausstellung. Sie wurde mit 24.480 Euro von der Sächsischen Aufbaubank im Rahmen des Projekts „Kultur Erhalt“ 2022 gefördert.
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