Vom 18. September bis 27. November zeigt die Galerie Schwind in Leipzig Gemälde und Zeichnungen des Hallenser Künstlers Willi Sitte (1921–2013) aus allen Schaffensjahren. Immerhin gehörte Sitte zu den bekanntesten Malern im Osten, besonders bekannt durch seine kraftvollen nackten Menschengestalten, die die auf ihre Weise auch immer eine Feier des Lebens waren. Eine Ausstellung zum Wieder-Entdecken.

Das Leben des Künstlers

Der in Kratzau geborene Künstler musste 1946 seine Heimat wegen der Vertreibung der
Deutschen aus der Tschechoslowakei verlassen und siedelte nach Halle (Saale) über. Dort
hatte er seit 1951 einen Lehrauftrag an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein und wurde 1959 ebendort zum Professor berufen.

Willi Sitte, Unmöglichkeit zu vergessen, 1977. Foto: Galerie Schwind
Willi Sitte, Unmöglichkeit zu vergessen, 1977. Foto: Galerie Schwind

Sitte, dessen an der Klassischen Moderne orientiertes Frühwerk in der DDR auf Widerspruch
und Ablehnung stieß, wurde zu einem der bekanntesten Künstler der DDR und prägte als Teil der sogenannten „Viererbande“ – bestehend aus Tübke, Heisig, Mattheuer und eben Willi Sitte – die Kunstszene der DDR maßgeblich.

Teilnahmen an wichtigen, auch über die DDR Grenzen hinaus bedeutenden Ausstellungen, wie der documenta 1977, und Ankäufe aller großen deutschen Museen, auch initiiert vom Großsammler Peter Ludwig, machten Sittes Malerei weithin bekannt. Seine Doppelrolle als Maler und Präsident des Verbands Bildender Künstler sorgte nach der Wiedervereinigung für Debatten im Rahmen des deutsch-deutschen Bilderstreits.

Die Ausstellung

Die Ausstellung in der Leipziger Galerie Schwind versammelt Gemälde aus allen Schaffensjahren, beginnend mit Bildern des Hochwasserzyklus‘ des Jahres 1952, die stilistisch das Leiden und den Schrecken dieser Katastrophe in ruhigen, statischen Kompositionen bändigen und damit sehr an frühe Bilder Picassos erinnern.

Mit den 60er Jahren beginnt die Hauptschaffenszeit im malerischen Werk Sittes, der Stil verändert sich, formt sich zu einem eigenen, unabhängigen und fortan unverwechselbaren, der seine Figuren im fleischlich-dynamischen Pinselstrich, in oft parallel stattfindenden Zeitebenen agieren lässt. Geschichtliche Themen bleiben weiter präsent, Studien zum
„Höllensturz in Vietnam“ zeigen das auch in der Ausstellung.

Die 70er Jahre sind dann das Jahrzehnt der großen, historisch komplexen Themen. In der
Ausstellung zeigen Vorarbeiten zu den Bildern „Neofaschismus“ und „Jeder Mensch hat das
Recht auf Leben und Freiheit“ beispielhaft seine Beschäftigung damit.

Willi Sitte, Tanzendes Paar, 1961. Foto: Galerie Schwind
Willi Sitte, Tanzendes Paar, 1961. Foto: Galerie Schwind

Mit den späten Bildern der 80er Jahre verändern sich die Inhalte in Sittes Ouevre nochmals. Die Liebespaare, Akte und Strandszenen sind es jetzt, die sein Werk dominieren und für die der Künstler nicht minder bekannt ist.

Auch wenn sich Sitte damit von den großen, politischen Motiven abwendet, thematisiert er doch in den Liebesspielen immer wieder die Beziehung der Geschlechter und die Gleichberechtigung der Frau. Einerseits wurde Sitte mit diesen Bildern als der „kühnste Erotiker der Gegenwart“ gefeiert, andererseits zog so viel malerische Freizügigkeit auch Kritik auf sich.

Parallel zeigt die Galerie Schwind in Frankfurt Arbeiten aus dem Frühwerk Willi Sittes. (3. September bis 27. November 2021) und die Galerie Schwind Berlin Arbeiten aus den 1960er und 1970er Jahren (11. September bis 8. Oktober 2021).

Willi Sitte. Zum 100. Geburtstag. Eröffnung am Samstag, 18. September, um 15 Uhr in der Galerie Schwind Leipzig (Springerstraße 5).

Ausstellungsdauer: 18. September bis 27. November 2021

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