LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 85, seit 20. November im HandelDas Pandemiejahr hat auch Leipziger Künstler/-innen voll im Griff. Ausstellungsplanungen verschoben sich. Einige Künstler/-innen entwickelten neue künstlerische Positionen, produzierten in der Abgeschiedenheit ihrer Ateliers neue Werke. So auch Lydia Wahrig, die in Leipzig bei Professor Heribert C. Ottersbach Malerei studierte und im Gewerbegebiet im Leipziger Stadtteil Leutzsch in einem Atelierhaus einen Raum mietet, in dem sie neue Arbeiten auf dem Boden ausgerollt und an die Wände geheftet hat.
Für Lydia Wahrig ergaben sich in diesem turbulenten Jahr Chancen. Sie erhielt ein Stipendium, tauschte sich mit Kollegen aus und plante gemeinsame Ausstellungen. „Die Pandemie hat mich in meiner Arbeit nicht so sehr beeinflusst“, sagt die Künstlerin. Sie sagt aber auch, dass vor allem junge Leute die vermeintlichen Einschränkungen stärker wahrnehmen, weil sie öfter zum Feiern ausgehen.
„Im kleinen Kreis Grillen und im Garten gemütlich mit Freunden zusammen sein, war weiterhin möglich. Von daher war ich von dem Fehlen von Freizeitangeboten wie Diskotheken und Partys nicht betroffen. Die Einschränkungen habe ich so nicht empfunden. Umso mehr von Menschen, die im Freizeit- und Kulturbereich arbeiten und es plötzlich nicht mehr konnten.
Das hat mich persönlich schon sehr berührt. Außerdem ist es bedauerlich, dass man sich bei Ausstellungseröffnungen wegen der Abstandswahrung nicht mehr so ungezwungen bewegen kann und wegen der ‚Soft Openings‘, bei denen die Eröffnungen über einen langen Zeitraum gestreckt werden, weniger Kollegen trifft. Auch Reisen habe ich weniger unternommen.“
Durch die Pandemie bedingt, verschoben sich geplante Ausstellungen der Künstlerin in die zweite Jahreshälfte. „Was in der ersten Jahreshälfte eingeplant war, wird erst jetzt umgesetzt. Dadurch ballt sich im Herbst bei mir einiges. Aber das gibt mir positive Energie. Im Sommer erhielt ich das Denkzeit-Stipendium der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen. So konnte ich neue Projekte gut umsetzen.
Den ganzen Juli und August habe ich an einer Serie von Linolschnitten gearbeitet, die von Pflanzen inspiriert sind. Im September realisierte ich eine Wandmalerei, die ich im Rahmen einer Ausstellung zum Lindenow, dem Festival der unabhängigen Kunsträume im Westen, zeigen konnte. Zu sehen sind meine Arbeiten gerade noch in Dresden in einer gemeinsamen Ausstellung mit Christina Baumann und Christoph Rossner im Kunstforum RadioLenck.“
Wahrig erzählt auch, dass für den November geplante Ausstellungen wegen des Lockdowns verschoben sind und jetzt im Dezember eröffnet werden sollen. „In einer Gruppenausstellung im Kunstraum Kommunalka werde ich meine neuen Linolschnitte zeigen, außerdem zwei großformatige Holzschnitte, die Anfang des Jahres entstanden sind. In der a&o Kunsthalle kann ich dann großformatige Malereien, sowie eine Serie von kleinen Arbeiten zeigen.“
Die Arbeiten der Künstlerin sind in den letzten Jahren zunehmend abstrakt geworden. Gleichzeitig nimmt das Eindringen in die Natur anhand von verschiedenen künstlerischen Techniken mehr Raum ein. Die Schrift, die sie vor einigen Jahren noch verstärkt verwendete ist weitestgehend zurückgetreten zugunsten von abstrakten Farbflächen und Darstellungen von Pflanzen und Blumen.
Auch ohne die Verwendung von Schrift, Wort und Text bleibt Lydia Wahrig poetisch und lässt ihre Farben in starken Kontrasten klingen. Ergänzend zu ihren Malereien auf Leinwand sind seit dem letzten Jahr Objekte, Druckgrafiken, Künstlerbücher und Collagen entstanden.
Lydia Wahrig studierte zunächst Kulturwirtschaft an der Universität Passau, bevor sie in Leipzig von 2007 bis 2012 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig Malerei in der Klasse von Heribert C. Ottersbach ihr Studium weiterführte.
Während eines Auslandssemesters 2005 in Kanada in Québec entschied sie sich für die Kunst. „Vielleicht waren es die Farben des Indian Summer in Kanada, die mich so sehr beeindruckt hatten“, blickt sie sich an diese Zeit erinnernd zurück. 2006 entschied sie sich für Leipzig als künftigen Studienort und bewarb sich für die Malereiklasse. Zuvor informierte sie sich an anderen Hochschulen, wurde in Leipzig bereits angenommen. „Für mich stand aber schon fest, wenn die Hochschule in Leipzig mich annimmt, dass ich die anderen Angebote nicht wahrnehmen werde.“
Mit ihrer Ankunft in Leipzig vor 14 Jahren hat sie eine lockere und entspannte Stadt erlebt, in der die Menschen, die sie kennenlernte, natürlich und herzlich auf sie zugekommen sind. Als sie 2007 endgültig nach Leipzig zog, beeindruckten die werdende Künstlerin die Gründerzeithäuser und das immer vorhandene Grün in dieser Stadt.
Zu ihren neuen Arbeiten sagt sie, dass der Aufenthalt in der Natur und das Beobachten von verschiedenen Lichtstimmungen schon seit jeher Inspiration für ihre künstlerische Arbeit ist. Kein Wunder, dass sie sich in der Stadt mit ihrer grünen Lunge so wohlfühlt. Auf der anderen Seite fühlt sie sich von Pop Art und Werbedesign angezogen.
„Das Joggen gehen im Auenwald ist für mich ebenso Inspiration wie die grafische Gestaltung, etwa eines Duschgels mit Naturmotiv.“ Ihre Bilder sollen bei der/dem Betrachter/-in ebenfalls ein Wohlbefinden auslösen. In ihrem Werk nimmt sie zunehmend ungegenständliche Positionen ein und ruft so mit Farbe und Licht in unseren Köpfen Stimmungen hervor.
Seit 2010 hat sie regelmäßig ihre Bilder ausgestellt, unter anderem in der Schweiz, in Belgien, Deutschland, Finnland und Ungarn. Insgesamt sind es mehr als 32 Ausstellungen auf die sie zurückblicken kann. Zehn Kataloge sind von ihrem Werk bereits erschienen. Fürs nächste Jahr sind unter anderem eine Ausstellung in der Galerie Hafemann in Wiesbaden und weitere Ausstellungsprojekte geplant. Mehr will die Künstlerin noch nicht verraten.
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Leipziger Zeitung Nr. 85: Leben unter Corona-Bedingungen und die sehr philosophische Frage der Freiheit
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